Monika Lipska, Barbara Kowalski, Renata Makarska

Zeitgenössische deutschsprachige Literatur auf dem polnischen Buchmarkt nach 1989

Zeitgenössische deutschsprachige Literatur auf dem polnischen Buchmarkt nach 1989


Der polnische Buchmarkt nach 1989

Die politische Wende des Jahres 1989 stellte in Polen eine radikale Zäsur auch für den Buchmarkt und dabei für die Rezeption von übersetzter Literatur dar: Einerseits wurden harte Gesetze der Marktwirtschaft eingeführt, andererseits öffnete man sich gegenüber der bisher aus politischen Gründen zensierten oder gar verbotenen Literatur. Vor allem entstanden nach 1989 viele neue Verlage, wobei sich nicht alle dauerhaft auf dem Markt behaupten konnten. Ähnlich vergrößerte sich die Zahl der publizierten Bücher, was jedoch ein europaweiter Trend der letzten Jahrzehnte ist: In den Jahren 2007–2017 wuchs sie um 44 Prozent und betrug somit 2019 ca. 36 Tausend Titel. Damit platziert sich Polen europaweit auf der 6. Stelle – nach Russland, Frankreich, Spanien, Deutschland und Italien. Was jedoch die Anzahl jährlich publizierter Bücher im Verhältnis zur Einwohnerzahl eines Landes anbelangt, so schließt Polen fast die Liste, allerdings zusammen mit Deutschland: 2019 war es in Polen ein Titel pro 1051 Personen, in Deutschland – pro 1035. Auch wächst die Zahl der Übersetzungen – von 11 Prozent im Jahr 1990 zu 19 Prozent in vergangenen Jahren. Dies ist um einiges mehr als in Deutschland (derzeit 13,9 Prozent), das trotzdem zu den sog. Übersetzungsländern gezählt wird, vergleichbar jedoch mit solchen Ländern wie Frankreich (20 Prozent).

Während in Polen immer mehr Bücher (und mehr Übersetzungen) veröffentlicht werden, verändert sich das Leseverhalten in die entgegengesetzte Richtung. Die von der Polnischen Nationalbibliothek (Biblioteka Narodowa) in Auftrag gegebenen Untersuchungen zeigten einen langfristigen negativen Trend beim Bücherlesen: 1994 gaben 56 Prozent der Befragten an, mindestens ein Buch pro Jahr gelesen zu haben, 2019 bestätigten es nur noch 39 Prozent der Polen. Das Leseverhalten ändert sich parallel zum generellen Wandel der polnischen Gesellschaft. Seit der Wende ist auch die Kultur den marktwirtschaftlichen Regelungen untergeordnet, nach einem anfänglichen Boom der neuen Literaturzeitschriften und Literaturzeitungsbeilagen sinkt derzeit ihre Zahl. Die Gruppe der Lesenden schrumpft trotz vieler Maßnahmen, die dem entgegenwirken sollen: trotz der Gründung neuer oder der Bezuschussung bestehender Bibliotheken. Auch hatte das Polnische Buchinstitut (Instytut Książki) mit seiner Initiative, seit 2007 nach dem britischen Vorbild Buchclubs ins Leben zu rufen, keinen wirklichen Einfluss auf das Leseverhalten der polnischen Gesellschaft.

Die Lesezahlen sinken auch unabhängig von vielen erfreulichen Phänomenen auf dem Buch- und Literaturmarkt: Nach der Wende sind zahlreiche Literatur- und Übersetzerpreise entstanden. In den letzten zehn Jahren etablierten sich immer neuere Literaturfestivals, die das Publikum nicht nur in solchen Kulturzentren wie Warszawa, Gdańsk oder Kraków anziehen, sondern auch an Polens „Rändern“, in Szczebrzeszyn, Nowa Ruda oder Miedzianka.

Die Statistiken werden durch die steigenden Verkaufszahlen der Populärliteratur gerettet, ihre polnischen Autoren – Remigiusz Mróz, Katarzyna Bonda, Katarzyna Grochola u. a. – befinden sich seit Jahren auf den Bestseller-Listen. Zu den erfolgreichsten Autorinnen und Autoren des Landes gesellte sich im Jahr 2019 auch die Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk.

Übersetzungen deutschsprachiger Literatur auf dem polnischen Markt nach 1989: Tendenzen, Zahlen, Institutionen

 Direkt nach der politischen Wende wurde zuerst noch planlos auf die lizenzfreien Titel der älteren deutschen Literatur zurückgegriffen, so z. B. auf die Abenteuergeschichten von Karl May oder die Liebesromane von Hedwig Courths-Mahler (Verlage Krak-Buch, Morex). Zur großen Popularität kamen solche Autoren wie Hans Hellmut Kirst, der auch nach 2000 Neuauflagen erlebte (Verlag Świat Książki), oder Jürgen Thorwald, der bis heute vom Verlagshaus Znak angeboten wird. Einer großen Popularität erfreute sich auch Literatur, die thematisch mit der Zeit des Nationalsozialismus abrechnete; das Verlagshaus Czytelnik brachte u. a. den Roman Uwe Timms Am Beispiel meines Bruders heraus (2005). Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde in Polen als literarisches Thema erst nach 2000 präsent, und zwar mit der Übersetzung der Bücher von Thomas Brussig (Am kürzeren Ende der Sonnenallee/Aleja Słoneczna, 2002), Julia Frank (Die Mittagsfrau/Południca, 2010) und Ingo Schulze ( 33 Augenblicke des Glücks/33 mgnienia szczęścia, 2003; Handy/Komórka, 2009).

Mit der Popularisierung der deutschen Literatur in Polen und der Kulturvermittlung zwischen den beiden Ländern war in den Jahren 1993–2009 das Deutsche Buchinforma - tionszentrum (BIZ) mit dem Sitz in Warszawa betraut, dessen Aktivitäten sich sowohl an verschiedene Lesendengruppen als auch an AkteurInnen des literarischen Feldes – VerlegerInnen, ÜbersetzerInnen und JournalistInnen – richteten. Nach 2009 übernahm seine Aufgaben das Goethe-Institut Polen, das mit seinen Lesesälen in zahlreichen Städten vertreten ist (in Poznań, Olsztyn, Szczecin, Wrocław und Katowice); auch führt das Goethe-Institut bereits seit 2007 eine Evidenz der Übersetzungen der deutschsprachigen Belletristik, in der man sowohl die übersetzten Titel, AutorInnen sowie ÜbersetzerInnen als auch involvierte Verlage nachschlagen kann (https://www.goethe.de/ins/pl/de/kul/ser/uak.cfm, 19.11.2021).  Ähnlich agiert das Österreichische Kulturforum, das in Zusammenarbeit mit den Österreich-Bibliotheken in Kraków, Opole, Poznań, Warszawa, Wrocław und Rzeszów sowie den Österreich-Instituten in Kraków, Warszawa und Wrocław eine ganze Reihe von Kulturveranstaltungen und -projekten ins Leben ruft. In der tagtäglichen Förderung der deutschsprachigen Literatur in Polen spielen darüber hinaus solche Institutionen wie die Stiftung Pro Helvetia, das Nürnberger Haus in Kraków und die Villa Decius eine wichtige Rolle.

Erst nach 2000 wurden langfristige Maßnahmen wahrnehmbar, die die Förderung der deutschsprachigen Literatur in Polen zum Ziel hatten. 2005 (und erneut 2017) war Deutschland Gastland der Internationalen Buchmesse in Warszawa. 2005 begann auf Initiative der S. Fischer Stiftung ebenfalls das Übersetzungsprogramm „Kroki/ Schritte“, das bis 2015 insgesamt 53 Titel der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach Polen transferierte (Buras 2016, S. 21); an diesem Projekt beteiligten sich insgesamt 22 polnische Verlage.

Die Popularisierung der deutschsprachigen Literatur auf dem polnischen Markt unterstützten nicht zuletzt Filmproduktionen: 2006 hatte Das ParfumDie Geschichte eines Mörders von Tom Tykwer (nach dem gleichnamigen Roman von Patrick Süskind) seine Premiere und war bald darauf auch in polnischen Kinos zu sehen, 2009 kam Der Vorleser von Stephen Daldry (nach Bernhard Schlink), dessen Teile in Polen gedreht wurden (Gedenkstätte Majdanek).

Eine besondere Rolle für die Popularisierung deutschsprachiger Literatur in Polen spielen Literaturzeitschriften, allen voran Literatura na Świecie (Literatur auf der Welt), eine 1971 gegründete Monatszeitschrift, die seit einem halben Jahrhundert den Markt der deutschsprachigen Literatur genauestens beobachtet: Sie präsentiert die interessantesten dichterischen Erscheinungen, bereitet thematische Hefte u. a. zu Walter Benjamin (05– 06/2011), Hans Magnus Enzensberger (11–12/2015) oder Else Lasker-Schüler (1–2/2019) vor. Eine andere Zeitschrift – Dialog – ist bemüht um Übersetzungen und Abdrucke deutschsprachiger Theaterstücke.

Viele polnische Verlage publizieren Übersetzungen deutschsprachiger Literatur ausschließlich dank der Scouts-Tätigkeit von ÜbersetzerInnen. So konnten dank der Vermittlung von Katarzyna Leszczyńska u. a. die Schweizer Autorinnen Aglaja Veteranyi und Mariella Mehr erscheinen. Elżbieta Kalinowska setzte sich wiederum für eine ganze Reihe von jüngeren deutschsprachigen AutorInnen (vor allem MigrationsautorInnen) ein: Melinda Nadj Abonji, Zsuzsa Bánk, Sherko Fatah, Olga Grjasnowa, Necla Kelek, Terezia Móra oder Feridun Zaimoglu.

Dank der Vielzahl an Förderprogrammen gehörte Polen in den Jahren unmittelbar nach der EU-Erweiterung (2005–2009) zu den Ländern, die die meisten Buchlizenzen aus Deutschland kauften (Kowalski 2015, S. 110).  Noch bis 2018 befand sich Polen in Deutschland unter den zehn wichtigsten Ländern für die Lizenzvergabe ins Ausland, wobei es sich immer weiter hinten platzierte (Buch und Buchhandel in Zahlen 2019, S. 104).  2018 und 2020 war Polen bereits außerhalb der Gruppe. Die Zahl der Übersetzungen wächst in Polen kontinuierlich. Übersetzungen aus dem Deutschen platzieren sich derzeit gleich an der zweiten Stelle, nach den Übertragungen aus dem Englischen: 2019 wurden 544 Übersetzungen aus dem Deutschen veröffentlicht (Ruch wydawniczy w liczbach 2019, S. 77), wobei die Belletristik gewöhnlich nur einen geringen Anteil ausmacht. Die Mehrheit der Titel umfasst Sachbücher sowie (populär)wissenschaftliche Werke und Ratgeberliteratur.

Die deutschsprachige Literatur auf dem polnischen Markt – Verlagsübersicht

 Von den Verlagen, die bereits vor der Wende auf dem Markt tätig waren, setzten Wydawnictwo Literackie (Kraków), Państwowy Instytut Wydawniczy (PIW, Warszawa) und Czytelnik (Warszawa) ihr Engagement für die deutschsprachige Literatur nach 1989 fort­. Während PIW für die Sichtbarkeit Hermann Hesses auf dem Markt sorgte und sonst solche Autoren wie Wilhelm Genazino, Christoph Ransmayr und Gerhard Roth publizierte, waren im Czytelnik-Verlagsprogramm u. a. Titel von Thomas Bernhard und Rüdiger Safranski zu finden.

Zu den neuen und aktiven Verlagshäusern auf dem Gebiet der Popularisierung der deutschsprachigen Literatur gehört ATUT aus Wrocław (gegr. 1993), das in den ersten Jahren der Verlagstätigkeit u. a. Bertolt Brecht, Hugo von Hofmannsthal, Peter Handke oder Rose Ausländer herausgab – zuletzt auch einzelne Titel von Wolfgang Hilbig, Wilhelm Genazino oder Doron Rabinovici. Beachtenswert sind seine Reihen Österreichische Bibliothek und Neue Bücher aus Deutschland. ATUT verschrieb sich auch AutorInnen aus dem deutschsprachigen Schlesien (Poetae Silesiae). Regional orientiert ist ebenso der Verlag Borussia aus Olsztyn (gegr. 1990), der sich für die Popularisierung der mit dem Raum des ehemaligen Ostpreußens verbundenen AutorInnen einsetzt, so z. B. Siegfried Lenz oder Ernst Wiechert (Borussia-Bibliothek). Darüber hinaus hat der Verlag die Reihe Re-Migrationen initiiert, wo Übersetzungen der deutschsprachigen transkulturellen Literatur mit polnischen Wurzeln erscheinen: Bisher wurden hierin einzelne Titel von Artur Becker und Dariusz Muszer publiziert.

Übersetzungen deutschsprachiger AutorInnen erscheinen regelmäßig in den Verlagen W.A.B. (gegr. 1991, Warszawa) – hier u. a. Juli Zeh und W. G. Sebald – und Czarne (gegr. 1996, Wołowiec) – allen voran die Nobelpreisträgerin Herta Müller. Da sich der Czarne-Verlag – geleitet von dem Schriftstellerpaar Andrzej Stasiuk und Monika Sznajderman – auch auf Reportage- und Reiseliteratur spezialisiert, brachte er solche Titel heraus wie Berlin – Moskau. Eine Reise zu Fuß (2004), Deutschland. Eine Reise (2007) und Hartland (2013) von Wolfgang Büscher, Günter Wallraffs Aus der schönen neuen Welt (2012) sowie Über das Meer. Mit Syrern auf der Flucht nach Europa (2016) von Wolfgang Bauer. Ebenso publiziert Czarne autobiografische Titel von Martin Pollack, der auf dem deutschen Buchmarkt auch als Übersetzer aus dem Polnischen, Ukrainischen und Belarussischen etabliert ist. In seiner Herausgeberschaft wurde 2005 die Anthologie Sarmatische Landschaften. Nachrichten aus Litauen, Belarus, der Ukraine, Polen und Deutschland zugleich in zwei Verlagen und Ländern veröffentlicht: bei Czarne und bei Suhrkamp.

Bemerkenswert ist das Angebot des Verlags ADiT (Agencja Dramatu i Teatru, gegr. 1995) aus Warszawa, der für das Theater arbeitet und u. a. eine vierbändige Anthologie des neuen österreichischen und deutschen Drama herausgegeben hat (u. a. Marius von Mayenburg, Wolfgang Sréter, Roland Schimmelpfennig, Kerstin Specht, Falk Richter, Jutta Schubert, Anne Habermehl, Nis-Momme Stockmann und Lukas Holliger), aber auch einzelne Bände mit Theaterstücken von Wolfgang Bauer, Sibylle Berg, Max Frisch, Rolf Hochhuth, George Tabori oder Volker Schmidt.

Eine Besonderheit auf dem polnischen Buchmarkt bilden Verlage, die von AutorInnen und ÜbersetzerInnen gegründet sind: So gehört der Posener Verlag A5 (gegr. 1989) dem Dichter Ryszard Krynicki und seiner Frau Krystyna Krynicka (hier vor allem Dichtung, auch in zweisprachigen Ausgaben: Paul Celan, Nelly Sachs, Joachim Sartorius, außerdem u. a. Malina von Ingeborg Bachmann, Korrespondenz Bachmann–Celan) und der Verlag OD DO (gegr. 2011) der Übersetzerin Sława Lisiecka (hier: Thomas Bernhard, Barbara Frischmuth, Uwe Timm, Klaus Merz, Esther Kinsky, Peter Härtling, Ilma Rakusa).

Einzelne deutschsprachige Titel publizieren auch Twój Styl (gegr. 1990; Martin Mosebach), Bellona (gegr. 1990; Uwe Tellkamp), Pogranicze (gegr. 1993; Hannah Arendt, Emine Sevgi Özdamar), FA-art (gegr. 1993; Christian Kracht, Katja Lange-Müller), Verlag Sic! (gegr. 1993; Birgit Vanderbeke), Biuro Literackie (gegr. 1996; Christoph Ransmayr), WUJ (Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego; gegr. 1996; Lutz Seiler), Austeria (gegr. 1999; Robert Schindel) und Verlag Ha!art (gegr. 1999; Lukas Bärfuss). Zuletzt publizierte auch der verdiente Verlag Ossolineum (gegr. 1827) einzelne Übersetzungen deutschsprachiger Literatur (Christine Lavant, W. G. Sebald). Es sollte nicht unbeachtet bleiben, dass in Polen auch das Interesse an dem deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuch steigt: Regelmäßig erscheinen Titel von Michael Ende, Cornelia Funke, Wolfgang Herrndorf oder Paul Maar.

ÜbersetzerInnen der deutschsprachigen Literatur in Polen

 Neben einer institutionellen Förderung der Übersetzungen deutschsprachiger Literatur ins Polnische spielen auch ÜbersetzerInnen selber eine sehr wichtige Rolle im literarischen Feld. Sie sind aktiv – neben Literaturagenturen – als Scouts in der Akquise von wichtigen Namen und Titeln, sie begleiten Lesereisen ihrer AutorInnen, sorgen für die Sichtbarkeit ihrer BerufsvertreterInnen in der Öffentlichkeit und beteiligen sich daran, NachwuchsübersetzerInnen auszubilden. Bis vor kurzem waren sie weitestgehend unsichtbar, in den letzten Jahrzehnten werden sie aber u. a. dank der immer größeren Zahl und Bedeutung von Übersetzerpreisen, dank der Aktivitäten der Übersetzerverbände und dank (populär)wissenschaftlicher Publikationen, die sich auf Biografien und Tätigkeiten der TranslatorInnen konzentrieren, deutlicher wahrnehmbar.

Bereits seit 1929 wird der Preis des Polnischen PEN-Clubs für Übersetzungen ins Polnische verliehen. Seit 1972 werden ebenso Übersetzerpreise (in unterschiedlichen Kategorien) der verdienten Monatszeitschrift Literatura na Świecie vergeben. Nach 2000 sind weitere Preise für ÜbersetzerInnen entstanden: der Übersetzerpreis Gdynia (seit 2014; 2018 ging er an Sława Lisiecka für ihre Übersetzung von Gehen. Amras von Thomas Bernhard), der Angelus-Preis für Mitteleuropäische Literatur (als Doppelpreis verliehen; 2007 ging er an Martin Pollack und seinen Übersetzer Andrzej Kopacki für die polnische Ausgabe von Der Tote im Bunker) sowie der seit 2015 verliehene Tadeusz Boy-Żeleński Preis für translatorisches Schaffen (Nagroda Prezydenta Miasta Gdańska za Twórczość Translatorską im. Tadeusza Boya-Żeleńskiego), der 2019 an Małgorzata Łukasiewicz ging, eine Übersetzerin aus dem Deutschen. Im Bereich der deutsch-polnischen Kulturbeziehungen hat der Karl-Dedecius-Preis eine zentrale Rolle gespielt, der im Zeitraum 2003–2019 jedes zweite Jahr an ÜbersetzerInnen aus dem Polnischen ins Deutsche und aus dem Deutschen ins Polnische verliehen wurde. Den Preis haben Krzysztof Jachimczak (2003), Maria Przybyłowska (2005), Tadeusz Zatorski (2007), Ryszard Wojnakowski (2009), Ryszard Turczyn (2011), Jakub Ekier (2013), Katarzyna Leszczyńska (2015), Eliza Borg (2017) und Monika Muskała (2019) erhalten.

Die Robert-Bosch-Stiftung, die den Karl-Dedecius-Preis bisher finanziell ausgestattet hat, war auf diesem Gebiet bereits 1981 tätig und stiftete zuerst Preise (sowie Förderpreise) für Übersetzer deutscher Literatur ins Polnische (u. a. Sławomir Błaut, Jerzy Prokopiuk, Andrzej Kopacki). Bei der Auslobung der beiden Preise war als Partner der Stiftung das von Karl Dedecius gegründete Deutsche Polen-Institut in Darmstadt aktiv. Als Anerkennung ihrer Arbeit erhielten polnische ÜbersetzerInnen auch weitere internationale Preise: So gingen der österreichische Staatspreis für literarische Übersetzung (Translatio) 2004 an Jacek St. Buras und 2006 an Sława Lisiecka, der Calwer HermannHesse-Preis 2008 an Małgorzata Łukasiewicz und der Übersetzerpreis der Kunststiftung Nordrhein-Westfalen 2012 an Sława Lisiecka.

Für eine bessere Sichtbarkeit der ÜbersetzerInnen aus dem Deutschen sorgt seit vielen Jahren das Goethe-Institut Polen mit kurzen Übersetzerporträts und Interviews, die auf seiner Homepage publiziert werden. In den letzten zehn Jahren tragen zur Sichtbarkeit der ÜbersetzerInnen und der übersetzten Literatur Publikationen der ÜbersetzerInnen selber bei, die einen translationsreflexiven Charakter aufweisen (Łukasiewicz 2017), und immer populärere Interviews mit ÜbersetzerInnen in Polen: In ihrem 2021 publizierten Band sprechen Piotr de Bończa Bukowski und Paweł Zarychta mit insgesamt acht ÜbersetzerInnen aus dem Deutschen.

Seit kurzem können sich polnische ÜbersetzerInnen deutschsprachiger Literatur zusammen mit ÜbersetzerInnen polnischer Literatur ins Deutsche in Übersetzerwerkstätten ViceVersa des Deutschen Übersetzerfonds weiterbilden und untereinander vernetzen, was wesentlich zur Stärkung ihres kulturellen Kapitals beiträgt.

Übersetzungsreihen und -programme.

Förderung des deutschsprachigen Buches in Polen

 Die meisten polnischen Verlage bringen nach 1989 Übersetzungen von einzelnen deutschsprachigen Titeln heraus, d. h. selten werden AutorInnen von nur einem Verlagshaus betreut: W. G. Sebald, Elfriede Jelinek und Juli Zeh werden vor allem im Verlag W.A.B veröffentlicht, aber auch jeweils in Ossolineum, Czarne und Znak. Dass AutorInnen vollständig in einem einzigen Verlag publiziert werden, stellt eine Ausnahme dar, so ist es z. B. bei Herta Müller (Czarne).

Bemerkenswert auf dem Übersetzungsmarkt sind Reihen, die sich deutschsprachiger Literatur verschreiben. Sie können entweder von einem Verlag herausgegeben werden oder verlagsübergreifend konzipiert sein. In den Jahren 1997–2005 hat der Verlag Wydawnictwo Literackie aus Kraków unter der Schirmherrschaft von Karl Dedecius die Reihe Schriftsteller der deutschen Sprache (Pisarze Języka Niemieckiego) initiiert, in der insgesamt 18 Titel erschienen sind. Hierin waren – neben Johann Wolfgang von Goethe und Heinrich von Kleist – Hans Magnus Enzensberger, Elias Canetti, Theodor Adorno, Walter Benjamin, Alfred Döblin, Paul Celan, Ingeborg Bachmann, Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt, aber auch W. G. Sebald, Thomas Bernhard, Sten Nadolny oder Florian Illies enthalten. Neben dieser namhaften Reihe gibt es auch kleinere, die z. B. von ÜbersetzerInnen ins Leben gerufen werden. So realisiert Ryszard Wojnakowski seit 2000 in Zusammenarbeit mit insgesamt vier Verlagen eine Reihe mit Übersetzungen österreichischer Dichtung (u. a. Ernst Jandl, Friederike Mayröcker, Christine Lavant, Ilse Aichinger), (Zarychta 2020).

Eine wichtige Hilfe bei dem Transfer der deutschsprachigen Literatur nach Polen war das Projekt Kroki/Schritte, das von der S. Fischer Stiftung im Rahmen des Deutsch-Polnischen Jahres 2005/2006 initiiert wurde. Kroki/Schritte war während der zehn Jahre seiner Tätigkeit ausdrücklich der Übersetzung von zeitgenössischen Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gewidmet. Gefördert wurde die Reihe von dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Schweizer Kulturstiftung „Pro Helvetia“ und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Inhaltliche Betreuung leisteten der polnische Übersetzer und Übersetzungskritiker Jacek St. Buras sowie der Schweizer Publizist Carl Holenstein. Neben der Herausgabe von Übersetzungen wichtiger deutschsprachiger Titel beinhaltete das Programm eine nicht zu unterschätzende Medienkampagne und zahlreiche Lesereisen. Auf diese Weise trafen sich mit dem polnischen Publikum Edgar Hilsenrath, Julia Franck, Tim Staffel, Wolfgang Hilbig, Christoph Simon, Wilhelm Genazino, Arnold Stadler, Robert Schindel, Erich Hackl, Gerhard Roth, Emine Sevgi Özdamar, Jürg Schubiger oder Thomas Glavinic.

Bei den Übersetzungen aus dem Deutschen macht in Polen die Belletristik nur einen kleinen Anteil aus, die Mehrheit stellen (populär)wissenschaftliche Titel und Ratgeberliteratur dar. Auf dem Feld der Popularisierung der deutschsprachigen Geistes- und Sozialwissenschaft hat sich in Polen die 1996 initiierte Reihe Posener Deutsche Bibliothek (Poznańska Biblioteka Niemiecka; Wydawnictwo Poznańskie, seit 2013 Wydawnictwo Nauka i Innowacje) besondere Verdienste erworben, die von den Wissenschaftlern Hubert Orłowski und Christoph Kleßmann betreut wird. Hier erschienen u. a. Werke von Norbert Elias, Walter Benjamin, Reinhart Koselleck oder Karl Schlögel.

Die bekanntesten deutschsprachigen Autorinnen und Autoren in Polen

 Selten sind Markt- und Publikumserfolge der deutschsprachigen SchriftstellerInnen direkt nach Polen transferierbar. Dies zeigt u. a. die Analyse der polnischen Herausgabe und Rezeption der Preisträger des Deutschen Buchpreises (Wolting 2013).  Generell leiden manche AutorInnen und Titel unter einer nicht ausreichenden Medienkampagne, bei anderen zeigt eine mehrgleisige Rezeption ihre Wirkung, bei noch weiteren korrespondiert der „Charakter“ der Literatur mit Geschmäckern und Erwartungen der polnischen Lesenden.

Zu der ersten Gruppe gehört Juli Zeh, die auf dem polnischen Buchmarkt einen dynamischen Anfang hatte. 2004 wurde das Debüt Adler und Engel im W.A.B. Verlag veröffentlicht und von der Kritik gefeiert, im gleichen Jahr kam Stille ist ein Geräusch. Eine Fahrt durch Bosnien bei Znak heraus. 2007 wurde Spieltrieb (W.A.B.) publiziert und gleich für den Mitteleuropäischen Literaturpreis Angelus nominiert. Dieser Preis geht an AutorInnen, die aus Mitteleuropa stammen und in ihren Werken wichtige zeitgenössische Probleme thematisieren sowie Wissen über andere Kulturen vermitteln. Juli Zeh gastierte in der Zeit in Polen und konnte ihre Titel selber präsentieren. Aus den Presseartikeln ergab sich das Bild einer Gesellschaftskritikerin, einer sensiblen und engagierten Autorin. Ihre Übersetzerin Sława Lisiecka betonte in Interviews, die Autorin entwickle ein universelles Modell schriftstellerischen Schaffens, das immer neue Gebiete der Wirklichkeit exploriere (Kowalski 2015, S. 162).  Man prophezeite Juli Zeh sogar, sie würde die Stelle (und Popularität) von Günter Grass annehmen (Kowalski 2015, S. 320).  Leider hat sich die Prognose nicht bestätigt. 2009 erschien noch Schilf, 2011 Corpus Delicti; nach der ersten Begeisterung der Kritik kam eine deutliche Flaute. Erst neun Jahre später versuchte die Zeitschrift Literatura na Świecie (5–6/2020) Juli Zeh wieder auf dem Markt einzuführen und druckte einen Ausschnitt aus ihrem Roman Nullzeit ab.

Eine mehrgleisige Rezeption erfuhr Thomas Bernhard in Polen. Dreißig Jahre nach dem Tod des Autors sind die meisten seiner Romane und Theaterstücke ins Polnische übersetzt worden. Bereits seit den 1970er Jahren sind einzelne Titel in Übersetzung zugänglich gewesen. Ein Durchbruch in seiner Rezeption war dank der Inszenierungen von Krystian Lupa möglich gewesen. 1992 adaptierte der Regisseur den Roman Kalkwerk für das Stary-Theater in Kraków, 1996 wurden in Wrocław Immanuel Kant und Ritter, Dene, Voss in Kraków gespielt. 2001 hat Lupa für das Dramatyczny-Theater in Warszawa Auslöschung adaptiert, 2006 am gleichen Ort Über allen Gipfeln ist Ruh, 2014 war am Polski-Theater in Wrocław Holzfällen zu sehen (encyklopediateatru.pl).  Parallel zu dieser sehr intensiven Rezeption erfolgte die Übersetzung der Romane, Erzählungen und Theaterstücke des österreichischen Autors: An diesem Prozess haben sich mehrere ÜbersetzerInnen beteiligt, u. a. Sławomir Błaut, Ernest Dyczek, Marek Feliks Nowak, Marek Kędzierski, Sława Lisiecka und Monika Muskała.

Vielbeachtet auf dem polnischen Markt bleibt W. G. Sebald. Die erste Übersetzung von Schwindel. Gefühle erschien bereits 1998 in der Reihe des Wydawnictwo Literackie Schriftsteller der deutschen Sprache und war ein verlegerisches wie literarisches Ereignis. Die Übersetzung von Małgorzata Łukasiewicz wurde von einem Nachwort des bekannten polnischen Lyrikers Adam Zagajewski begleitet. Der Dichter wies darauf hin, dass man dank der Verflechtung der Vergangenheit mit der Gegenwart sowie der detailreichen Beschreibungen den Eindruck gewinnen kann, Sebald würde fast detektivartig an der Belebung der Erinnerung arbeiten. „Erinnerung, Gedächtnis, Vergessenheit und Vergangenheit wurden zum Interpretationsschlüssel der Werke W. G. Sebalds in Polen“ (Kowalski 2015, S. 173).  Schon nach der Herausgabe des ersten Titels wurde der wohlwollende Ton der Kritik bemerkbar, der zweite Roman – Die Ausgewanderten – wurde mit Enthusiasmus empfangen, gelobt wurden nicht nur die „Gedächtnisarbeit“, sondern auch die Genrevermischung. Die Kritikerin Justyna Sobolewska verglich den Beitrag W. G. Sebalds zur Dokumentation von Erinnerung der Geretteten und Überlebenden mit dem Werk des polnischen Schriftstellers Henryk Grynberg. Eine andere Kritikerin, Zofia Zaleska, verortete Sebald in der posttraumatischen Kultur. Die Position des Autors innerhalb des polnischen literarischen Feldes festigte sich 2007 nachhaltig mit dem Roman Austerlitz. 2009 sind noch Die Ringe des Saturn und 2014 die Essays Campo Santo publiziert worden. Seit 2020 werden seine Übersetzungen – alle von Małgorzata Łukasiewicz – im Verlag Ossolineum neu aufgelegt.

Die übersetzte deutschsprachige Literatur passt sich generellen Tendenzen auf dem Buchmarkt an: Es erscheinen immer mehr Titel der Populärliteratur, jedoch auf Kosten der „besseren Literatur“, deren Auflagen drastisch sinken (1500–3000 Exemplare). Viel gelesen auf dem polnischen Buchmarkt sind derzeit deutschsprachige Krimis sowie Science Fiction-Romane. Die Mode für die deutschsprachige Kriminalliteratur kam in Polen gegen 2010 auf. Die Titel waren in verschiedenen Verlagen zugänglich, u. a. W.A.B. (Ferdinand von Schirach), Czarne (Friedrich Ani), Akcent (Jan Costin Wagner), Sonia Draga (Charlotte Link) oder Noir sur Blanc (Veit Heinichen) und Czarna Owca (Georg Oswald). Sogar Verlage, die sog. anspruchsvolle Literatur publizierten, griffen zu dieser Gattung, so z. B. der Czarne-Verlag, der in seiner Serie Mit Angst („Ze strachem“) verschiedene Triller publiziert (u. a. Jana Segehrs). Der Popularisierung der deutschsprachigen Kriminalliteratur in Polen hat sich in der letzten Zeit die in Berlin lebende polnische Autorin Magdalena Parys angenommen (Gazeta Wyborcza vom 17. April 2021).  Sie behauptet, deutschsprachige Romane (solcher Autoren wie u. a. Ferdinand von Schirach, Volker Kutscher und Nele Neuhaus) erreichen Polen nur, wenn auf ihrer Grundlage Serienfilme gedreht werden und wenn sie schon in ganz Europa gelesen werden. Auch betont sie, dass es nicht gelingen kann, konkrete AutorInnen ohne gezielte Werbung in Polen zu vermarkten.

Deutschsprachige Gegenwartscomics in Polen

 Seit der Jahrtausendwende sind in Polen unter den Titeln deutschsprachiger Literatur allmählich auch Comics vertreten. Insbesondere Independent-Comicverlage bemühen sich um die Einführung von Übersetzungen deutschsprachiger Titel: Kultura Gniewu, Timof Comics bzw. Centrala. Bei dem ersten der Verlage sind polnische Übersetzungen der Arbeiten von Arne Bellstorf Acht, neun, zehn (2008) und Baby’s in black (2012) sowie Mawils Band (2006), Wir können Freunde bleiben (2008), Strand Safari (2010) und Kinderland (2018) untergebracht. Die Übersetzungsaufträge teilen sich hier meistens Grzegorz Janusz und Marcin Chuta. Auch Sascha Hommer ist mittlerweile in Polen kein Unbekannter mehr – ebenso in Kultura Gniewu erschienen Insekt (2007) und Vier Augen (2010). Arbeiten dieser AutorInnen wurden sehr positiv aufgenommen, was darauf zurückzuführen ist, dass ähnliche (auto)biografische Arbeiten über Kindheit und Jugend damals in Polen selten waren und die Übersetzungen neue Lektüreerfahrungen versprachen (Kupczyńska 2021).  Bei Kultura Gniewu sind ebenso die Schweizer Comicschaffenden Anna Sommer und Thomas Ott vertreten; den international bekannten österreichischen Comiczeichner Nicolas Mahler teilen sich dafür mehrere Verlage: Kultura Gniewu, Prószyński i S-ka, Wydawnictwo Komiksowe und Ladida Books. Bisher sind Désir (2007), Lone Racer (2010) und Alte Meister (2016) erschienen. Ausnahmslos gelobt wurde Mahler in Polen als „Meister der Reduktion“ für seine Bernhard-Adaption.

Sehr gut aufgenommen wurden die bei Timof publizierten Comics von Flix (Mädchen 2010; Da war mal was… 2009, Held 2014, Sag was 2014; übers. von Marek Kraska). Der mittlerweile in London ansässige Verlag Centrala entschied sich für einzelne bemerkenswerte Publikationen: den vielfach in den Medien besprochenen Comic Liebe schaut weg von Line Hoven (2012), Anke Feuchtenbergers Somnambule (2012), Leopold Maurers Miller & Pynchon (2014) oder Jan Soeken Friends (2015). Übersetzungen deutschsprachiger Comics erscheinen seit kurzem auch im Verlag Marginesy: Katja Klengels Girlsplaining (2020) und Der nasse Fisch von Arne Jysch und Volker Kutscher, ein im Berlin der Weimarer Republik angesiedelter Krimi. „Die positive oder gar enthusiastische Rezeption solcher Comics in Polen täuscht nicht darüber hinweg, dass es sich nach wie vor um einzelne Titel handelt“ (Kupczyńska 2021, S. 256) – konstatiert die Comicwissenschaftlerin Kalina Kupczyńska.

Nicht gelesene Bestseller

 Andrzej Kopacki, Dichter, Übersetzer deutschsprachiger Literatur und Redakteur der Zeitschrift Literatura na Świecie, bezeichnete die Zeit nach 1989 in der Rezeption der deutschsprachigen Literatur auf dem polnischen Buchmarkt als „ein ganz gutes Vierteljahrhundert“ (Kopacki 2016, S. 13).  Für ein literarisches Phänomen, das in der polnischen Kultur ein Klassiker bleibt, hielt er W. G. Sebald, der nicht nur thematisch, sondern auch durch seine narrativen Techniken, seine intertextuellen Bezüge und durch die Kombination von Faktizität und Fiktionalität überzeugt. Seiner Meinung nach sind für die in Polen rezipierte deutschsprachige Literatur zwei Themen zentral: die (historische oder virtuelle) Katastrophe sowie die Selbsterkenntnis des Künstlers bezüglich der Aufgaben der modernen und postmodernen Kunst.

Seine optimistische Einschätzung der Rezeption der deutschsprachigen Literatur beruht nicht auf der Vollständigkeit der Wahrnehmung der literarischen Produktion in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sondern auf der Möglichkeit, sich als polnische/r LeserIn ein Bild von den wichtigsten Themen dieses Schaffens zu machen. Auf den Aspekt der ausbleibenden Rezeption der deutschsprachigen Bestseller geht er gar nicht ein. Es passiert nämlich selten, dass die in den deutschsprachigen Ländern prämierten AutorInnen einen vergleichbaren Erfolg in Polen erleben. Dies lässt sich am Beispiel etlicher mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten AutorInnen (Arno Geiger, Katharina Hacker, Julia Frank, Uwe Tellkamp, Katrin Schmidt, Melinda Nadj Abonji u. a.) beobachten (Wolting 2013), aber auch die in Deutschland gefeierten SchriftstellerInnen wie Daniel Kehlmann, Jenny Erpenbeck oder Judith Hermann. Als „nicht gelesene Bestseller“ lassen sich nicht nur polnische Übersetzung von Daniel Kehlmanns Vermessung der Welt (trotz der kongenialen Übertragung von Jakub Ekier, 2007, Rachuba świata) oder Jenny Erpenbecks Gehen, ging, gegangen (Iść, szedł, poszedł, 2020, übersetzt von Elisa Borg) bezeichnen, sondern auch die letztlich verhalten angenommenen Romane von Juli Zeh oder Judith Hermanns fast gänzlich ausbleibende Rezeption (bis auf Sommerhaus, später, 2004). Vielleicht wären jedoch eine gezielte Werbung der polnischen Verlage und ein Angebot an Lesereisen und Treffen mit dem Publikum in Polen ein Weg, um die Lektüre der gefeierten Bestseller im Nachbarland zu fördern.

 

Literatur:

Bukowski, Piotr de Bończa; Zarychta, Paweł: Między literaturami. Rozmowy z tłumaczami o pisarzach języka niemieckiego, Kraków 2021.

Buras, Jacek St.: Bibliographie deutscher Literatur in polnischer Übersetzung. Vom 16. Jahrhundert bis 1994, Wiesbaden 1994.

Buras, Jacek St.: Seria KROKI/ SCHRITTE. Ambitna literatura autorów niemieckojęzycznych w Polsce, in: Zrozumieć obcość. Recepcja literatury niemieckojęzycznej w Polsce po 1989 roku, hg. von Monika Wolting und Stephan Wolting, Kraków 2016, S. 19–30.

Joachimsthaler, Jürgen: Współczesna literatura niemiecka, in: Słownik współczesnych pisarzy niemieckojęzycznych. Pokolenie powojenne, hg. von Jürgen Joachimsthaler und Marek Zybura, Warszawa 2007, S. XXXIX–LXIV.

Kopacki, Andrzej: Bilans dwudziestu pięciu lat: „Całkiem niezłe ćwierćwiecze“, in: Zrozumieć obcość. Recepcja literatury niemieckojęzycznej w Polsce po 1989 roku, hg. von Monika Wolting und Stephan Wolting, Kraków 2016, S. 13–18.

Kowalski, Barbara: Nur Grass und Schlink oder mehr? Deutsche zeitgenössische Belletristik im literarischen Feld Polens in den Jahren 1989 bis 2009, Dresden 2015.

Kupczyńska, Kalina: Deutsch-polnische Comicbeziehungen: Zwischen Präsenz und Absenz, in: Handbuch. Polnische Comickulturen nach 1989, hg. von Kalina Kupczyńska und Renata Makarska, Berlin 2021, S. 254–258.

Łukasiewicz, Małgorzata: Pięć razy o przekładzie, Kraków – Gdańsk 2017.

Połczyńska, Edyta; Załubska, Cecylia: Recepcja literatury niemieckojęzycznej w Polsce w latach 1991–2000, in: Bibliografia przekładów z literatury niemieckiej na język polski 1800–2000, Bd. 4: 1991–2000, hg. von Edyta Połczyńska und Cecylia Załubska, Poznań 2005.

Surynt, Izabela: Deutsche Literatur in Polen seit 1989 – Ein Überblick, in: Länderbericht Polen, hg. von Dieter Bingen und Krzysztof Ruchniewicz, Bonn 2009, S. 531–538.

Wolting, Monika: Polska recepcja dzieł najnowszej literatury niemieckojęzycznej, wyróżnionych Deutscher Buchpreis, in: Teatr – literatura – media. O polsko-niemieckich odziaływaniach w sferze kultury po 1989 roku, hg. von Małgorzata Leyko und Artur Pełka, Łódź 2013, S. 197–207.

Wolting, Monika; Wolting, Stephan (Hg.): Zrozumieć obcość. Recepcja literatury niemieckojęzycznej w Polsce po 1989 roku, Kraków 2016.

Zarychta, Paweł: Widzialność tłumacza jako kapitał. O działalności Ryszarda Wojnakowskiego na przykładzie serii „Śpiewać to być. Współcześni poeci austriaccy znani i nieznani“, in: Wyjść tłumaczowi naprzeciw. Miejsce tłumacza w najnowszych badaniach translatologicznych, hg. von Jadwiga Kita-Huber und Renata Makarska, Kraków 2020, S. 311–325.

Zybura, Marek: Recepcja współczesnej literatury krajów niemieckojęzycznych w Polsce, in: Słownik współczesnych pisarzy niemieckojęzycznych. Pokolenia powojenne, hg. von Jürgen Joachimsthaler und Marek Zybura, Warszawa 2007, S. XI–XVII.

 

Kowalski, Barbara, Dr., verfasste zusammen mit Renata Makarska und Monika Lipska den Beitrag „Zeitgenössische deutschsprachige Literatur auf dem polnischen Buchmarkt nach 1989“. Sie ist Polnischlektorin am Mainzer Polonicum und arbeitet in der Sprachvermittlung. In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit den deutsch-polnischen Beziehungen nach 1989.

Lipska, Monika †, verfasste zusammen mit Barbara Kowalski und Renata Makarska den Beitrag „Zeitgenössische deutschsprachige Literatur auf dem polnischen Buchmarkt nach 1989“. Sie ist am 6.1.2022 im Alter von 44 Jahren verstorben.

Makarska, Renata, Prof. Dr., verfasste den Beitrag „Polnische Presse (Medien) in Deutschland” und zusammen mit Barbara Kowalski und Monika Lipska den Beitrag „Zeitgenössische deutschsprachige Literatur auf dem polnischen Büchermarkt nach 1989“. Sie ist Leiterin des Arbeitsbereichs Polnisch am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der JGU Mainz und arbeitet zu westslawischen Kulturen des 20. und 21. Jahrhunderts (u.a. Migration, Mehrsprachigkeit, Regionalismus), Comic-Kulturen und zu Translationswissenschaft (insb.. Translator Studies).

 

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