Jerzy Kałążny
Deutsche und polnische Romantik im Vergleich
Mitte der 1990er Jahre stellte Maria Janion – die ausgewiesene Kennerin und Forscherin der polnischen Romantik – die These vom Ende des romantischen Paradigmas in der polnischen Kultur auf. In ihrem Essay mit dem bezeichnenden Titel Paradigmadämmerung konstatierte Janion, die „Normalität“, welche Polen infolge der Wende von 1989/90 erreicht hatte, habe die Wirkungskraft der Romantik als praktisches Normen- und Wertesystem zur Erreichung eines übergeordneten Zieles, und zwar der Wiedererlangung der Unabhängigkeit, geschwächt (Janion 1996, S. 14). Der einheitliche „romantisch-symbolische“ Kulturstil (Janion 2000, S. 22), bei dem geistige Werte wie Vaterland, Unabhängigkeit, Freiheit oder nationale Solidarität eine zentrale Rolle spielten, habe seine fast 200-jährige dominierende Stellung in der polnischen Nationalkultur im Zuge der Diversifizierung der demokratischen Gesellschaft eingebüßt. Nach Janions Ansicht trat eine Erosion der romantischen Mythen ein, und die „mythische Übermacht“ der Romantik, die der Gesellschaft bestimmte in moralischen Kategorien bewertete Verhaltensmuster aufgezwungen hatte, zerbrach. Das Theorem vom Ende des romantischen Paradigmas (zumindest in seiner bisherigen Form) wurde von vielen ForscherInnen geteilt, die sich darauf in ihren Analysen des Zustandes der polnischen Kultur zur Wendezeit beriefen.
Ist die Energie der Romantik als kulturelles Paradigma in Polen tatsächlich vollends versiegt? Was ist die Romantik im heutigen Deutschland? Ein Exportschlager, eine Touristenattraktion, eine nach wie vor für die kulturelle Identität der Deutschen wichtige Epoche? Diese Fragen geben dazu Anlass, in diesem Aufsatz jene Bereiche des öffentlichen Lebens in Polen und in Deutschland zu benennen, wo Bestandteile romantischen Denkens auch heute noch präsent sind und soziale Haltungen und Verhaltensweisen beeinflussen. Die Frage nach der Gegenwart und womöglich Zukunft der Romantik impliziert einen Blick in die Vergangenheit, als sich die Romantik als geistige und künstlerische Strömung herausbildete und spezifische Nationalformen annahm. Eine herausragende Rolle spielte dabei die Literatur, das Hauptmedium der Romantik und gleichzeitig ein Schlüsselelement des Nationenbildungsprozesses (Anderson 1991) im 19.Jh., aus dem die Nationen als „vorgestellte Gemeinschaften“ (imagined communities) hervorgingen. Gerade die Literatur wurde in der Romantik zu einem Versuchsfeld für verschiedene Nationenkonzepte, die – so wie in Polen – in die soziale Praxis vordrangen und sich, auch durch die Kraft des künstlerischen Ausdrucks, auf die Herausbildung der Nation als politisches Wesen auswirkten. Zwischen der romantischen Literatur und der Öffentlichkeit bestand eine Abhängigkeit, die sich als Rückkopplung beschreiben lässt:
Romantik ist vielfach eine neue Lebensform, eine eigene Weltanschauung, sie erfaßt alle Lebensbereiche und wissenschaftliche Disziplinen, überführt die Revolution aus der Politik in die Literatur und wirkt von dort zurück auf das Leben der Gesellschaft. Als Revolution der Denk-, Lebens- und Schreibart berührt sie auch die Bereiche der Philosophie, Psychologie und Theologie, der Musik- und Geisteswissenschaften (Hoffmeister 1990, S. 210).
Die Reflexion über die Romantik und ihren etwaigen Einfluss auf die Gegenwart muss – wie LiteraturwissenschaftlerInnen selbst zugeben – ständig über die literarische Sphäre hinausgehen und sich darauf konzentrieren, „romantische Mentalität“ sowohl weit jenseits der Literatur als auch jenseits der historischen Epochengrenzen bloßzulegen. Die Romantik als europäische Geistesbewegung (1795–1850) ist ein abgeschlossener Zeitraum; offen bleibt hingegen ihre Hinterlassenschaft, das, was man das „Romantische“ (Safranski 2007) nennen könnte: eine geistige Haltung, die über ihre Entstehungsepoche hinausreicht. Von vornherein ist hinzuzufügen, dass das „Romantische“ beziehungsweise die „romantische Haltung“ in Polen und Deutschland nicht genau dasselbe bedeuten. Die Gemeinsamkeiten und (entschieden größeren) Unterschiede zwischen beiden Ländern ergeben sich aus den Besonderheiten der romantischen Bewegung in beiden Nationalkulturen.
Merkmale der Romantik
Die Romantik hat zwei Haltungen ausgebildet, die man – mit Janions Terminologie – als die „orphische“ und die „tyrtäische“ (nach dem griechischen Elegiendichter Tyrtaios, bei dem Poesie und Leben eins bilden) bezeichnen könnte. Bei Ersterer geht es darum, die Tiefen der eigenen Seele auszuloten, getreu Novalis’ Richtlinie „nach Innen geht der geheimnisvolle Weg“, bei der Zweiten jedoch darum, in die Tiefe der Geschichte hinabzusteigen, um in ihr Impulse für zukunftsgerichtetes Handeln zu finden (Janion 1986, S. 330–333). Das „orphische“ und das „tyrtäische“ Element kommen sowohl in der polnischen als auch in der deutschen Romantik vor, allerdings in anderer Intensität, was eine grundlegende Verschiedenheit zur Folge hatte und – wie es scheint – bis heute die Rezeption romantischen Denkens in beiden Ländern beeinflusst.
An dieser Stelle ist zu bemerken, dass sowohl die polnischen als auch die deutschen LiteraturwissenschaftlerInnen in ihren Analysen des Phänomens der Romantik häufig binäre Konstruktionen mit bisweilen starken Auswirkungen auf die Untersuchungspraxis verwenden. Die grundlegende Unterscheidung zwischen der historischen und der typologischen Romantik, also „dem ideologischen Gehalt einer allgemeinen Geisteshaltung“ Theodore Ziolkowskis (Ziolkowski 1969, S. 23), die zum Paradigma der Erforschung der deutschen Romantik geworden ist, das erwähnte Begriffspaar „orphisch“– „tyrtäisch“ Maria Janions sowie die Unterscheidung zwischen der „hohen“ Romantik und der „dienstbaren“ Nachromantik des Ideengeschichtlers Marcin Król gestatten es, die Reflexion über das Erbe der Romantik in der zeitgenössischen polnischen und deutschen Kultur um einige spezifische Fragen zu bereichern: Geht es um das in kanonischen Werken und darüber hinaus in Texten einer Kultur niedergelegte Erbe der historischen Romantik, oder eher um den romantischen Denkstil? Ist die moderne Romantikrezeption die Rezeption der hohen Romantik oder eher einer nachrangigen, ja gar einer „dienstbaren“ Nachromantik? Auf diese Fragen wird der vorliegende Aufsatz mehrfach zurückkommen.
Zu den Gemeinplätzen der europäischen Romantik, die bewirken, dass wir es – trotz deutlicher nationaler Eigenheiten – mit ein und derselben geistigen und intellektuellen Formation zu tun haben, gehört besonders die in Novalis’ Postulat von der Romantisierung der Welt geäußerte Überzeugung, dass die empirische Wirklichkeit eine unvollständige, der Ergänzung und Sinngebung bedürftige Realität sei. Der Dichter sagt: „Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es“ (Novalis 1969, S. 384). Für den Romantiker passen die geistig-emotionale und die empirisch-materielle Sphäre nicht zusammen, mehr noch, sie fallen in seinem historischen, auf das Diagnostizieren und Kritisieren der gesellschaftspolitischen Wirklichkeit und das Formulieren von Zukunftsprognosen gerichteten Denken auseinander. Besonders sichtbar sind dieses Auseinanderfallen und daraus folgende Vertauschen in der polnischen Romantik, denn sie „war nicht der empirischen Realität besonders getreu, sondern der psychischen Wirklichkeit der Nation, die zwar ihre Unabhängigkeit verloren hatte, jedoch nie den Glauben an die Notwendigkeit verlor, sie wiederzuerlangen“ (Janion 2001, S. 643). Es ersetzte, mit anderen Worten, der Despotismus der Gefühle den Despotismus des Verstandes. Diesen Glauben schöpften die RomantikerInnen auch aus der Historie, die, indem sie der individuellen und kollektiven Erfahrung vieler Generationen von Polen ihren mitunter bitteren Stempel aufdrückte, wohl das wichtigste Bezugssystem des nationalen Daseins darstellte, das gerade aus ihr seine Grundwerte gewann. Die „Entdeckung“ und intellektuelle und ästhetische Faszination für die Geschichte hatten eine universale Dimension und waren Determinanten der neuen Strömung in der europäischen Literatur.
Bedeutete das Sichversenken der RomantikerInnen in eine idealisierte Vergangenheit a priori die Ablehnung der Gegenwart als unwirtlich, gar feindlich? Oder gilt vielmehr die Frage, die Tomasz Kizwalter stellt, wobei er den Gegensatz zwischen der Weltsicht der polnischen RomantikerInnen und den Modernisierungsprozessen, deren ZeugInnen sie wurden, im Sinn hat: „War die Ablehnung der Modernisierungsvorhaben, wie sie Ökonomen und Verfechter der ‚Realpolitik‘ ersannen, gleichbedeutend mit der Ablehnung jeglicher Modernisierungsvorstellungen?“ (Kizwalter 2007, S. 64f.). Zweifellos war die romantische Wende ein Ausdruck feindlicher Gesinnung gegenüber der modernen Zivilisation, weshalb es durchaus angebracht ist, die Gegenüberstellung Tradition–Moderne als Grundzug des romantischen Denkens zu sehen. Kizwalters Frage betrifft die furchtsame Reaktion der RomantikerInnen auf Modernisierungsprozesse und die vor ihren Augen entstehende Zivilisation. An niederste Instinkte appellierende Rivalität, Verwandlung des Menschen in eine seelenlose Maschine, Zerstörung der Gemeinschaft, Ressentiments und Missgunst hervorbringende wirtschaftliche und soziale Ungleichheit, Verwischung individueller Züge der nationalen oder ethnischen Kulturen, Förderung von Tand und Flitter im ästhetischen Bereich zulasten der kreativen Fantasie und Originalität sowie unwiederbringliche Landschaftsverschandelung, die Mensch und Natur aus ihrem harmonischen Gleichgewicht bringt – das sind vertraut und aktuell klingende Vorwürfe, die die romantische Anthropologie der „mechanischen Zivilisation“ machte.
Das Spezifische der polnischen Romantik
Schaut man auf die deutsche und polnische Geschichte in jenen Jahrzehnten, als die Romantik aufkam, so kann man von einer gewissen Schicksalsgemeinschaft der Polen und Deutschen in Form von Fremdherrschaft sprechen: in den deutschen Staaten der Franzosen, in Polen der Teilungsmächte, vor allem Russlands. Allerdings fand diese Erfahrung keinen Niederschlag in der deutschen Literatur der Romantik, der die Werke der sog. Dichtung der Befreiungskriege (u. a. Theodor Körner) nicht zuzurechnen sind. Auch später rief sie vonseiten der KünstlerInnen keinerlei Reaktion hervor, die Einfluss auf die sozialpolitische Realität in den deutschen Ländern gehabt hätte. Die deutschen RomantikerInnen nahmen die vom Wiener Kongress besiegelte politische Trennung der deutschen Staaten hin, indem sie „Deutschland“ als Idee in der Kultursphäre ansahen, nicht aber als politisches oder wirtschaftliches Gebilde, auf das sie realen Einfluss gehabt hätten. Das polnische und das deutsche Nationalbewusstsein bildete sich im 19.Jh. unter jeweils anderen Prämissen heraus, und der deswegen zwischen den beiden bestehende, grundlegende Unterschied lässt sich als Gegensatz zwischen „politischer Nation“ (Polen) und „Kulturnation“ (Deutschland) beschreiben. Als literarische Bewegung konzentrierte sich die Romantik auf das Wort, den Traum und die Fantasie. So war es in den deutschen Staaten und anfangs auch in Polen, wo jedoch der historische Druck (Novemberaufstand 1830/31) alsbald ein starkes politisches Engagement der Literatur erzwang. Die Verbindung von Wort und Tat, die enge Verflechtung der romantischen Ästhetik, die sich auf das Einsamkeitsgefühl des Individuums und den Hang zur Melancholie berief, mit politischen Motiven (Kampf gegen die BesatzerInnen), wurden zu einem ureigenen Merkmal der polnischen Literatur der Romantik. Den politisch engagierten polnischen RomantikerInnen standen die RebellInnen des Sturms und Drangs näher als den deutschen RomantikerInnen, die sich für Einflussnahme auf die Wirklichkeit und deren Veränderung überhaupt nicht interessierten.
Der Haupterkundungsgegenstand deutscher RomantikerInnen war das Individuum, das vermittels der Dichtung nach seiner eigenen Identität suchte, und aus diesem Grunde wurde in der frühen Romantik dem poetischen Diskurs so große Bedeutung zugemessen. Die strenggenommen politische Sphäre hingegen lieferte keine Impulse für daGeistesleben; mangelndes Interesse an der Politik nahm zuweilen die Form einer offen zur Schau getragenen Verachtung für diesen Lebensbereich an. In den Werken deutscher RomantikerInnen sind Bezugnahmen auf die aktuelle Situation und Einsatz für öffentliche Angelegenheiten nicht vorhanden. Dies resultierte aus der fehlenden Möglichkeit zu „sozialem Handeln“ (Max Weber), also zur Einflussnahme auf andere, um konkrete politische und gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Das politische Denken der deutschen Romantik beruhte auf traumatischen Revolutionserfahrungen, nicht auf der Beschreibung der gegebenen Wirklichkeit. Im Unterschied zu den polnischen RomantikerInnen haben die deutschen aus einem äußeren Feind nie ein literarisches Motiv gemacht.
Der schwer zu definierende Gegner der deutschen RomantikerInnen lag eher im eigenen Ich verborgen, für polnische RomantikerInnen war er dagegen der/die „Fremde“, der Nicht-Pole bzw. die Nicht-Polin. Das Desinteresse der deutschen RomantikerInnen an öffentlichen Angelegenheiten wurde in der Vergangenheit (Carl Schmitt) und wird nach wie vor negativ interpretiert als Fehlen einer mit der westlichen vergleichbaren Kultur politischer und praktischer Klugheit. Das „Orphische“ der deutschen Romantik, ihre Konzentration vor allem auf das Formulieren moralischer Bewertungen sowie die Beschränkung auf die künstlerische Sphäre wird gern damit begründet, dass eine ganze Generation des Bildungsbürgertums eines realen Einflusses auf die politische Sphäre entbehrte (Reinhart Koselleck). Genauso gut lässt sich sagen, dass es sich bei der romantischen Bewegung und dem Novemberaufstand in Polen weitgehend um das Werk der jungen Generation der Gebildeten handelte, die von fehlenden Lebensperspektiven in der Wirklichkeit der Teilungszeit frustriert war. Tatsache bleibt, dass die deutschen RomantikerInnen die Wirklichkeit idealisierten, während die polnischen sie veränderten oder dies zumindest versuchten, auch wenn ihre Vorstellung von dem übergeordneten Ziel dieser Veränderung, nämlich die Souveränität wiederzuerlangen, ziemlich verschwommen war.
In der polnischen Romantik – genauer: in der ersten Generation der RomantikerInnen, deren Werk der Novemberaufstand war – überwog entschieden die „tyrtäische“ Haltung; sie stillte die psychischen und historischen Bedürfnisse einer ganzen Generationsgruppe, für die das Denken und die Tat, die Literatur und das Leben eins wurden. Die romantische Wende brachte in Polen eine „Militarisierung“ sozialer Haltungen mit sich, die in der Suche nach schnellen und radikalen Lösungen mündete: „In die jungen und hitzigen Geister jedoch sickerte bereits Geringschätzung für jene Denk- und Arbeitsweisen ein, die nicht den brennenden Durst nach dem Ideal stillten, dabei aber leicht zur Rechtfertigung des politischen Opportunismus herhalten konnten“ (Jedlicki 1988, S. 66). Zur literarischen Grundfigur wurde Gustaws Verwandlung zu Konrad (Totenfeier von Adam Mickiewicz), in der populären Version der Abschied des Soldaten vom Vaterland und die Trennung von der Geliebten. Damals bildete sich der „romantische Ulanenwestern“ (Janion) heraus, ein tragendes, im allgemeinen Bewusstsein verankertes literarisches Schema, bei dem alles „Soldatische“, „Heldenhafte“ und „Beflügelte“ mehr zählt als das Zivile, Gewöhnliche, Angenehme. Im Bereich der sozialen Praxis lassen sich die Unterschiede in den romantisch inspirierten Verhaltensstilen innerhalb der europäischen Kulturen darstellen als Konfrontation des Kriegerparadigmas mit dem Kaufmannsparadigma. Der in Mittel- und Osteuropa (außer Böhmen) verbreitete und durch die aufständische Tradition bedingte Komplex der mit dem Ringen um den Erhalt der Nationalkultur verbundenen, eine Verständigung mit dem Feind kategorisch ausschließenden Normen und Verhaltensweisen stieß auf die für Westeuropa kennzeichnende Haltung, für die der Austausch und die Suche nach dem Kompromiss wesentlich sind.
Romantik und Mythos
Die Wirkmächtigkeit der polnischen Romantik beruhte darauf, dass sie einen Kanon moralischer Normen schuf, die sowohl für das Individuum als auch für die Gemeinschaft galten, und diese Normen den aufeinanderfolgenden Generationen bis in die jüngste Zeit aufzuerlegen vermochte. Eine große Rolle bei der Einführung des „Empfindsamkeitsterrors“ als Kriterium des Polnischen spielte die romantische Epigonenliteratur; sie wurde zu einer Art patriotischer Religion, die Andersfühlende und deswegen als NichtPolen Behandelte aus dem Kreise ihrer BekennerInnen ausschloss. Die polnische Romantik schrieb der Gesellschaft bestimmte Verhaltensmuster vor, bei denen Mythen eine zentrale Rolle spielten, u. a. der Opfermythos, der Mythos des Heldentums und der Mythos der Hingabe für das Vaterland. Die auf ihnen basierende „mythische Gewalt“ der Romantik (Janion 2000, S. 243–257) als Determinante individueller Einstellungen und individuellen Handelns hat sich bis in die jüngsten Tage als äußerst beständig erwiesen, was Versuche belegen, sie zu Zwecken des aktuellen politischen Kampfes wiederzubeleben.
Im Zentrum des romantischen Mythenerzeugungssystems stand der heldenhafte Personenmythos, verkörpert durch die Hauptfiguren in Adam Mickiewiczs Konrad Wallenrod und Dziady (dt. Ahnenfeier, Totenfeier) sowie Juliusz Słowackis Kordian. Vorbilder für symbolische Konstruktionen lieferten auch historische Gestalten, insbesondere Fürst Joseph Poniatowski, Tadeusz Kościuszko und Napoleon Bonaparte, mit denen in den deutschen Ländern Mütter ihren unartigen Kindern Angst machten. Der/die romantische HeldIn ist FürsprecherIn einer von vornherein verlorenen Sache, die dank seinem Opfer die Chance hat, im Gedächtnis der Generationen fortzuleben und einst unter günstigeren Umständen eine positive Lösung zu erfahren. Die polnische Romantik hat den Mythos des/der heroischen HeldIn hervorgebracht, der/die imstande ist, zum Wohle des Vaterlands Leiden und größte Opfer auf sich zu nehmen. Der/die heroische HeldIn denkt nur an Polen und kann sich unheroischer Kampfmethoden nicht bedienen. Von der Kraft des heroischen Mythos zeugt das von dem Soziologen Jacek Wasilewski angeführte Beispiel des Lodzer Textilarbeiterinnenstreiks 1971, der nicht in die Freiheitstradition der Solidaritätsbewegung Eingang fand, weil es keine Opfer gab, weil die Forderungen rein ökonomische Fragen betrafen und weil die Streikenden Frauen waren. Überdies machten sie sich, der Legende zufolge, einen gänzlich unheroischen Kniff zunutze und … zeigten dem damaligen Ministerpräsidenten Piotr Jaroszewicz ihre entblößten Gesäße. Dass die Breslauer „Orangefarbene Alternative“, die in den achtziger Jahren mit Erfolg die Staatsmacht lächerlich machte, kaum im kollektiven Gedächtnis vorkommt, ist ein Beleg für die Unvereinbarkeit des Happenings mit der traditionellen – wie der Historiker und Theaterwissenschaftler Dariusz Kosiński sagt – „Performance Polen“, das heißt den dramatischen und dramaturgischen Mitteln bei patriotischen Massenfeierlichkeiten, die in Wirklichkeit politisch-propagandistische Handlungen auf der symbolischen Ebene sind (Kosiński 2010, S. 239f.). Nebenbei gesagt, hatte der Heroismus als die Nation bildende und erlösende Kraft schon in der Epoche der Romantik seine erbitterten, wenngleich kaum erfolgreichen GegnerInnen, die – wie Bronisław Trentowski – die „Wahnsinnstaten“ scharf kritisierten und zur Arbeit an der Erziehung der Nation aufriefen, zur – wie es Cyprian Kamil Norwid tat – allgemeinen zivilisatorischen Arbeit. Norwids Assoziation der Nation mit der Tat, der Gesellschaft mit der Arbeit, die sich in der Zeit des Positivismus verfestigte, als die Gesellschaft zur Domäne der organischen Arbeit und die Nation zur Domäne der romantischen (Befreiungs-) Tat wurde, verleitete den Dichter zu der Reflexion, dass die Polen eine hervorragende Nation, aber eine mittelmäßige Gesellschaft seien.
Der/die heroische HeldIn verkörpert das Streben der Gemeinschaft; sein/ihr Schicksal ist an das seine/ihre geknüpft. Auf ihm/ihr, dem herausragenden Individuum, gründet die Macht der Gemeinschaft, die ihm/ihr wiederum, dank kollektiver Akzeptanz seiner/ ihrer Haltung und Taten, die Existenz sichert. Auf diese Weise gewinnt die Gesellschaft große Unabhängigkeit vom Staat und seinen Institutionen, und der/die heroische HeldIn wird zum/zur ExponentIn der „normativen Kultur“ (Masłowski 2007) und erleichtert so die Konsolidierung wenn nicht der ganzen Gesellschaft, so doch derjenigen ihrer Teile, denen die von ihm verkörperten Werte nahestehen (siehe die polnische Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg und die „alternative Gesellschaft“ der achtziger Jahre).
Romantische Schwärmerei – Messianismus
Der/die RomantikerIn ist – nach allgemeiner, sowohl bei Anhängern als auch Gegnern der Romantik verbreiteter Ansicht – ein/eine SchwärmerIn, der/die zugleich in der realen Welt und in der Welt der Fantasie, der Träumerei von vergangenen Zeiten und unerhörten Abenteuern (des Geistes) lebt. Schwärmerei als Wirklichkeitsflucht einer ganzen Generation junger, der Möglichkeiten zu praktischem Wirken in der politischen und gesellschaftlichen Sphäre beraubter Menschen wird stets als Grundzug der deutschen Romantik dargestellt. Die polnische (und französische) Romantik hingegen kennzeichnet sich durch das Streben nach Einfluss auf die eigene Gegenwart. Die Schwärmerei war das ganze 19.Jh. über ein Hauptteil gesellschaftlicher Haltungen in Polen. Sie bildet den Hauptteil des polnischen Messianismus – einer originären Variante der romantischen Ideologie, die den Nationenbegriff sowohl von der politischen Gemeinschaft als auch der real existierenden ethnisch-sprachlichen Gemeinschaft loslöste. Das Urteil über den polnischen Messianismus, der für gewöhnlich mit Andrzej Towiański in Verbindung gebracht wird, ist nicht einhellig. Von Zeit zu Zeit kehrt die Frage wieder, ob er schlicht eine Verirrung des polnischen Denkens über die Geschichte und die Sendung des „auserwählten Volkes“ war, oder doch – wie Andrzej Walicki nachweist – „eine sublimierte Kompensation der Niederlage, eine Methode, den Leiden der Nationen einen soteriologisch-eschatologischen Sinn zu geben, die tragische Geschichte Polens zur Achse der allgemeinen Geschichte zu machen und die Polen zu geistigen Anführern der Menschheit zu erheben“ (Walicki 2009, S. 374). Sowohl der religiöse Messianismus eines Mickiewicz oder Słowacki als auch weltliche Nationalideologien, die auf einem Gefühl der „Sendung“ des polnischen Volkes gegenüber anderen europäischen Völkern fußten, sollten auf überzeugende und unzweifelhafte Weise die Unabhängigkeitsbestrebungen der Polen rechtfertigen und ihnen einen höheren, universalistischen Sinn verleihen, wodurch die Polen in Europa zu einem „unverzichtbaren Volk“ (Walicki 2009) würden.
Die romantische Schwärmerei von Kampf und Hingabe nahm in Polen zur Zeit des Novemberaufstandes die konkrete Gestalt des Waffengangs an. Der verschiedenen Autoren (u. a. dem Dichter und politischen Aktivisten Ludwik Nabielak sowie dem Romancier Ignacy Chodźko) zugeschriebene Kommentar zum Ausbruch des Aufstandes: „Das Wort ward Leib, Wallenrod ward zum Belvedere“ ist zugleich ein Ausdruck der Anerkennung für die Wirkungsmacht des Phantasmas. Der romantische Held wurde Aufständischer, dann Emigrant und – vorübergehend – Held der kollektiven Vorstellung der Deutschen, von denen die durch die deutschen Länder nach Westen, hauptsächlich nach Frankreich, ziehenden Novemberflüchtlinge enthusiastisch als heroische KämpferInnen für die Sache auch ihrer eigenen Freiheit empfangen wurden.
Der ephemeren Polenschwärmerei (1831–1848) verdankt die deutsche Literatur das Phänomen der sogenannten Polenlieder, lyrischer Werke also, deren VerfasserInnen (u. a. Ludwig Uhland, Gustav Schwab, August von Platen, Julius Mosen, Heinrich Heine, Bettina von Arnim) das Schicksal des von Russland drangsalierten polnischen Volkes darstellten und den Mythos der romantischen RebellInnen belebten, die – wie vor ihnen die Griechen – zu den Waffen griffen und dabei „eure und unsere“ Freiheit einforderten, also auch die anderer europäischer Völker. Ihres Status als „unverzichtbares Volk“ erfreuten sich die Polen in Deutschland ungefähr bis zur Mitte des 19.Jhs.
Den spektakulären Endpunkt der Begeisterung für Polen markiert die berühmte Ansprache des ostpreußischen Abgeordneten zum Frankfurter Parlament Carl Friedrich Wilhelm Jordan am 24. Juli 1848, der zu den polnischen Teilungen sagte, diese seien das Ergebnis des natürlichen Rechts des/der Stärkeren zu Eroberungen sowie der zivilisatorischen Überlegenheit der Deutschen. Jordan, der seine Landsleute davor warnte, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und in törichte Sentimentalität gegenüber den Polen zu verfallen, sowie Zar Alexander II., der die ihn empfangenden Ständevertreter des Königreichs Polen 1856 in Warschau ermahnte: « Mais je vous le répète, messieurs, point de rêveries, point de rêveries ! » („Doch ich sage Ihnen noch einmal, meine Herren, keine Hirngespinste, keine Hirngespinste!“), riefen dazu auf, die romantische Schwärmerei fahren zu lassen, die dem rationalen Denken entgegengesetzt war, auf welchem die Modernisierungsprojekte gründeten. Ohne ein für alle Mal die Frage zu klären, ob die einfache Gegenüberstellung von Tradition und Moderne, von Treue zur Welt traditioneller Werte und mindestens Unbehagen gegenüber der modernen Zivilisation ausreicht, um den Grundzug der europäischen Romantik als Reaktion auf die „Entzauberung der Welt“ (Max Weber) zu erfassen, bleibt doch festzuhalten, dass dieses Unbehagen, gar Feindseligkeit, verschiedene Formen annahm. In der polnischen Romantik verstärkte es sich durch unmittelbare Kontakte zu den westlichen Nachbarn und wurde zum Quell der Frustration der „armen Verwandten“, die es dadurch zu heilen suchten, dass sie den Wert der Errungenschaften der westlichen Zivilisation in Zweifel zogen und ihnen die vermeintliche eigene moralische Überlegenheit gegenüberstellten. Über diese Haltung spottete Czesław Miłosz pointiert: „Ihr habt großartige Architektur, Kunst, Technik, Reichtum, wohl wahr – aber wir, was haben wir an Leichen!“ (Zit. nach Janion 2000, S. 20f.: „Wy macie wspaniałą architekturę, sztukę, technikę, bogactwo – tak, ale ile my mamy trupów!“).
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Furcht vor der Moderne
In der Romantik endete die „liberale Allianz“ zwischen den Pragmatikern und Ingenieuren, die die sichtbare Welt verändern wollten, und den Suchern des moralischen Absoluten, denen der Geist wichtiger war als die Materie. „Und in der Tat“, setzt Jerzy Jedlicki hinzu, „sie sollten es immer schwerer haben, eine gemeinsame Sprache mit denen zu finden, die ihr Wissen und ihre Zeit lieber der Kohleförderung, Agrarreformen oder der Seuchenbekämpfung widmen wollten. Die polnische Kultur hatte, wie die Kulturen vieler Länder, fortan zwei einander kaum durchdringende Sprachen: die expressive der Poesie und die sachliche der Prosa“ ( Jedlicki 1988, S. 68). Das aus dem Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne resultierende kritische Verhältnis zu den Modernisierungsprozessen verbindet die RomantikerInnen trotz des anderen Entwicklungsweges der deutschen Romantik, der eine Wende vom liberalen Kosmopolitismus zum reaktionären Nationalismus vollzog, während die Romantik in anderen europäischen Ländern im Prinzip liberal und reformerisch blieb. Dass die deutsche Romantik im Grunde eine bürgerliche, in der politischen Sphäre vollkommen machtlose Bewegung war, die polnische Romantik aber das Werk junger patriotischer Gebildeter landadliger Herkunft, die nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit strebten, beeinflusste diese Kritik grundlegend. Das verschiedene Formen annehmende Misstrauen, gar Feindseligkeit gegenüber der Moderne ist ein dauerhaftes Erbe der Romantik in beiden Ländern, das sich auch heute bemerkbar macht. Die Konzepte der deutschen RomantikerInnen richteten sich hauptsächlich gegen die Industrialisierung im Sinne der preußischen Reformer Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein und Karl August von Hardenberg. Die romantische Kritik an Industrialisierung und Modernisierung – ganz allgemein der Fortschrittsidee – hatte in Deutschland Kontinuität; auch in der zweiten Hälfte des 19.Jhs., angesichts der raschen wirtschaftlichen und militärischen Entwicklung des Landes, war die antimodernistische Reaktion unverändert stark. Der Antimodernismus der polnischen RomantikerInnen wiederum, insbesondere der aus dem gebildeten Landadel stammenden EmigrantInnen, die nach dem Zusammenbruch des Novemberaufstandes in den Westen gegangen waren, entsprang der in der Adelskultur kodierten Verachtung für Handel, Gewerbe und Bürgertum. Die Schwierigkeit, sich an die neuen Lebensumstände anzupassen, führte zur Ablehnung des Neuen, auch moralisch Verdächtigen: „Es stimmt, wir sind arm an Geld, aber reich an Tugend“, lesen wir im Pamiętnik Emigracji (Zit. nach Jedlicki 2008, S. 31), Emigrantenjournal. Literarisch festgehalten ist die kritische Einstellung der polnischen RomantikerInnen zur westlichen Zivilisation in den 1832 im Exil veröffentlichten Księgi narodu polskiego i pielgrzymstwa polskiego (Die Bücher des polnischen Volkes und der polnischen Pilgerschaft) von Mickiewicz, in denen Zivilisation, Kultur und Politik des Westens als im Grunde wertlos hingestellt werden. Die Bücher enthalten auch Empfehlungen für die EmigrantInnen: „Wahrlich, ich sage euch: Nicht ihr sollt Zivilisation von den Ausländern lernen, sondern ihr sollt sie die wahre christliche Zivilisation lehren“ (Mickiewicz 1982, S. 230: „Zaprawdę powiadam Wam: Nie Wy macie uczyć się cywilizacji od cudzoziemców, ale macie uczyć ich prawdziwej cywilizacji chrześcijańskiej“). Die Konfrontation mit dem urbanen und industriellen Fortschritt in den westlichen Ländern weckte einerseits in den polnischen EmigrantInnen die Neigung, ein idyllisches Bild ihres angeblich von scharfen Standesgegensätzen freien Heimatlandes zu zeichnen, andererseits nährte sie die der romantischen Bewegung überhaupt eigene Abneigung gegen Modernisierungsprozesse, die die Form eines „schwarzen Stereotyps des Westens“ (Jedlicki 2000, S. 63–82) annahm.
Kampf dem „Fremdländischen“
Zu betonen ist dabei, dass die polnische Intelligenz in der Emigration die zivilsatorische Kluft zwischen den polnischen Landen und dem Westen durchaus wahrnahm, ihre Hauptsorge indes nicht dem Aufholen dieser Rückständigkeit durch systematische Arbeit in den Bereichen Bildung und Wirtschaft galt, sondern dem Aufrechterhalten, dem moralischen Zusammenhalt der Nation in den Teilungsgebieten. Die französische oder auch englische Großstadtzivilisation war eine völlig fremde Welt, deren Kommerzialisierung und „Verderbtheit“ nichts als Verachtung gebührte, wie sie häufig im Kampf gegen das „Fremdländische“ zutage trat. Gleichzeitig wurden jedoch in den polnischen Teilungsgebieten zivilisatorische Aufgaben übernommen (besonders intensiv im preußischen Teilungsgebiet), was zu einem inneren Konflikt der Ziele und Bestrebungen der polnischen Intelligenz führte. Da dem Kampf um die Unabhängigkeit Vorrang eingeräumt wurde, geriet das legale Handeln im Bildungs- und Wirtschaftsbereich in den Hintergrund, das Setzen auf Fortschritt und organische Arbeit wiederum war der patriotischen, nach bewaffnetem Umsturz trachtenden Konspiration nicht förderlich. Auf diesem unauflösbaren Dilemma beruhte das Drama der polnischen Intelligenz, in weiterem Sinne vielleicht sogar das Drama der autoritär regierten Gesellschaften in Ost- und Südeuropa. In Polen erreichte der Konflikt zwischen der freiheitlichen Gesinnung und der Zivilsation 1863 seinen Höhepunkt.
Das stereotype Bild des Westens nahm, auch wenn nicht die Romantik es geschaffen hatte, in jenen Tagen die Gestalt eines Stereotyps zur Abwehr der Modernisierung an und erreichte seinen stärksten Ausdruck in der Hoch- und Spätromantik. In der polnischen Kultur entstand das negative Bild des Westens nicht als Reaktion auf die Berührung mit der fremden Kultur, sondern es fungierte – zusammen mit dem positiven Stereotyp des polnischen Nationalcharakters – als didaktisches Stereotyp zur Kräftigung des Selbstwertgefühls der ihrer Staatlichkeit beraubten Nation und bestätigte zugleich den Wert der einheimischen Tradition, so dass in Presse und Literatur die Verachtung für den Westen desto stärker herausgestellt wurde, je attraktiver westliche Ideen, Lebensstil und Technologien wurden (Jedlicki 2000, S. 79). Jener Westen, der in Polen in den ersten drei Jahrzehnten des 19.Jhs. zum Inbegriff wurde, das waren vor allem zwei mit der neuen Zivilisation assoziierte Länder, nämlich Frankreich und England (mitunter auch Holland und einige deutsche Staaten, ausgenommen Preußen und Österreich). Neben Entwicklungsanstößen kamen aus dem Westen, Frankreich zumal, von dessen Kultur die polnische Kultur weitaus stärker beeinflusst wurde als von der deutschen oder russischen, auch Einflüsse, die als bedrohlich für die nationale und kulturelle Identität sowie die Reinhaltung der Sprache interpretiert wurden. Die polnische Kritik am Westen, genauer an der städtischen und bourgeois-industriellen Zivilisation des Westens, leitete sich von Vorbehalten her, wie sie u. a. bereits die englischen RomantikerInnen formuliert hatten (u. a. Samuel Taylor Coleridge und Thomas Carlyle), die die Frage nach dem Verfall des Geistes, der Natur und der Kunst unter dem Diktat der Ökonomie aufwarfen. Neu war indes die geografische Dimension der polnischen Kritik: Maschine, Stadt, Materialismus, Kapitalismus, Sozialismus usf. sind Produkte des Westens; sich gegen sie zu wehren, ist gleichbedeutend mit der Verteidigung der auf dem Gebiet der früheren Adelsrepublik Polen wohnenden Nation vor dem Fremdländischen und Kosmopolitischen. In dem ambivalenten Verhältnis der RomantikerInnen und ihrer ErbInnen zum Westen hallte die alte Auseinandersetzung zwischen TraditionalistInnen und AnhängerInnen der Aufklärung nach: Erstere beriefen sich auf den Sarmatismus, jene genuin polnisch-litauische Sittlichkeit und Mentalität, und sahen Polen als Bollwerk und Nährmutter Europas; letztere machten den Westen zum Vorbild für die rückständige und reformbedürftige Rzeczpospolita.
Der schon in der Aufklärung erbittert geführte Kampf gegen das „Fremdländische“ (vor allem Französische) war ein unverzichtbarer Bestandteil des polnischen Traditionalismus und beruhte auf der unerschütterlichen Überzeugung, jegliche von außen kommende Innovationen im Bereich der Wissenschaft, Philosophie und Gesellschaftsordnung stellten eine tödliche Bedrohung für die Nationalidentität und deren Grundfeste, die katholische Kirche, dar. Nach allgemeiner Ansicht ging nicht von „Verrussung“ oder „Verdeutschung“, sondern Französierung und Materialisierung die größte Gefahr aus, welcher durch unverbrüchliche Treue zur einheimischen Tradition zu begegnen war.
Die Überzeugung, dass diese Tradition anders und besser sei, ist älter als die Romantik, denn sie war wesentlicher Bestandteil der landadligen Kultur und verstärkte sich immer in Krisen: nach den Teilungen sowie nach dem Scheitern des November- und des Januaraufstandes 1863. Die Bekämpfung des Fremden und das Hochhalten des Eigenen hatte auch einen psychischen Subtext, der gekränkten Nationalstolz und enttäuschte Liebe zum Westen enthielt:
Aus dieser psychischen Abhängigkeit wusste die polnische Kultur sich nicht zu befreien, und in der bestehenden politischen Lage konnte sie es auch kaum: Stets betrachtete sie sich im Spiegel der europäischen Meinung, war sich selbst nicht Autorität genug. Das einzige Antidotum für dieses Leiden war eine magische Umkehr der Dinge, das heißt, sich darauf zu versteifen, dass alles, was aus dem Westen zu uns kommt, von letzter Güte sei (Jedlicki 1988, S. 62-63).
Der Leidensmythos
Der Novemberaufstand hatte eine Umwertung dieses Komplexes zur Folge. Indem das kämpfende und leidende Polen hohe Anerkennung und Bewunderung in Europa fand, wurde es selbst zu einem unerreichten Vorbild der Hingabe und – in den eigenen Augen – zu einem „moralischen Gläubiger“. Das Scheitern des Aufstandes verstärkte dieses Gefühl nur. In der Zeit nach dem Novemberaufstand verquickte sich der Patriotismus in Polen unauflöslich mit der Martyrologie und schuf so ein Denkmuster, das die militärische Niederlage ummünzte in einen moralischen Sieg – der umso größer war, je niederschmetternder die Niederlage auf dem Schlachtfeld ausfiel. Nationale Katastrophen zu zelebrieren, darunter die missglückten Erhebungen des November-, Januarund Warschauer Aufstandes, wurde zu einer polnischen Spezialität, die – nach einer von Maria Janion im List do uczestników Kongresu Kultury (Brief an die Teilnehmer des Kulturkongresses; 2016) geäußerten Ansicht – an sadomasochistische Perversion grenzt:
Eine Nation, die nicht ohne Leid existieren kann, muss es sich selbst zufügen. Daher die schockierenden sadistischen Fantasien, Frauen zur Geburt halbtoter Kinder zu zwingen, daher das Scharren in den Gräbern der Opfer der Flugkatastrophe, der Angriff auf Naturdenkmäler, ja sogar – bitte nicht verwundert sein – das hartnäckige Kultivieren der Kohleenergie, die die Städte in Rauch hüllt und einen Zivilisationskollaps heraufbeschwört (Janion 2016).
Es ist bezeichnend, dass der einzige siegreiche Aufstand, nämlich der Posener Aufstand (1918–1919), kaum im kollektiven Gedächtnis Polens vorkommt; daran wird sich auch dadurch nichts ändern, dass der Jahrestag seines Ausbruchs (der 27.12.2021) zum staatlichen Feiertag ausgerufen wurde. Ebenso wenig wurde die friedliche Revolution der „Solidarität“, die nach 1989 einen fundamentalen Systemwechsel herbeiführte, zu einem Gründungsmythos der Dritten Republik.
Das Leben nach dem Leben der Romantik
Die Romantik als Denkstil, als gewisses Bündel von Vorstellungen über die Welt, die Historie, das Individuum, die Nation und den Platz der Nation in der Geschichte, hat in der polnischen und in der deutschen Kultur – wenngleich in unterschiedlicher Intensität und auf verschiedene Weise – weit über die historischen Epochengrenzen hinweg eine bedeutende Rolle gespielt; seine Einflüsse reichen bis in die jüngste Vergangenheit. Um sie zu beschreiben, dürfte es hilfreich sein, die kritische Reflexion Intellektueller über die hohe Romantik von den kollektiven Einstellungen zu unterscheiden, die mehr oder weniger dem Schema der „dienstbaren“ Nachromantik angehören. Die hohe Romantik gelangte nie ins allgemeine Bewusstsein, da ihre Botschaft allzu schwerverständlich war, und lastete gleichzeitig auf dem polnischen Kunst- und Geistesleben sowohl im ganzen 19. (Cyprian Kamil Norwid und Stanisław Wyspiański) als auch 20.Jh. (als Gegenstand kritischer Betrachtung auf dem Theater und der sog. „polnischen“ Filmschule in der zweiten Jahrhunderthälfte), während die dienstbare Nachromantik in etwa seit dem Januaraufstand 1863 – mit wechselnder Intensität – das polnische kollektive Bewusstsein prägt. Laut Janion erlebte die Romantik in der polnischen Hoch- und Populärkultur drei Höhepunkte im 20.Jh. Der erste fiel in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und die Kriegsjahre. Um den 50. Jahrestag des Januaraufstandes herum erwachten die Unabhängigkeitsbestrebungen deutlich; die literarische Faszination Józef Piłsudskis und sein Słowackikult gewannen Einfluss auf die politische Praxis. In der Zeit zwischen den Weltkriegen entstand auf breiter gesellschaftlicher Basis eine staatenbildende Version des romantischen Paradigmas, die gelegentlich einen entschieden nationalistischen Charakter und – mithilfe fortgeschrittener patriotischer Praktiken – eine kitschige Form annahm, die den Widerspruch mancher KünstlerInnen und künstlerisch-intellektueller Milieus (u. a. Czesław Miłoszs) hervorrief. Der zweite Kulminationspunkt der Romantik war der Zweite Weltkrieg, der das Muster des auf Heroismus und Opferbereitschaft beruhenden Patriotismus verfestigte. Der dritte Gipfelpunkt war die Zeit der sog. ersten „Solidarität“ (1980/1981), die die emotionale Kultur der Romantik übernahm und weiterentwickelte. Gleichzeitig war in der polnischen Hochkultur stets eine der Romantik gegenüber sehr kritische, gar antiromantische Haltung präsent, vertreten etwa von Stanisław Brzozowski, Stanisław Wyspiański, Karol Irzykowski, Tadeusz Boy-Żeleński, Witold Gombrowicz, den Mitgliedern der Literaturgruppe Skamander oder den Futuristen, die, um die Jahrhundertwende und zwischen den Weltkriegen an der Bataille um die Moderne beteiligt, das romantische Paradigma als anachronistisch und kulturschädlich bekämpften. Diese antiromantischen Stimmungen gibt das Gedicht Antyromantyzm (Antiromantik) des Skamandermitglieds Stanisław Baliński sehr gut wieder, das sich als programmatisches Manifest nicht nur seines dichterischen Milieus lesen lässt: „Kein Traum für uns, kein Lieben, kein Im-Lauf-Vergehen,/Uns rührt kein Stern, kein Kummer greift das Herz uns an,/Wir lassen nicht vom Leben wie der Kahn vom Ufer,/Das Leben ist kein Ufer und der Traum kein Kahn […]“, [Baliński 1982, S. 167: Nie kochać nam, nie marzyć, nie usychać w biegu,/Nie roztkliwiać się gwiazdą, nie poddawać smutkom, Nie odpływać od życia, jak łódka od brzegu,/Bo ani życie brzegiem, ani sen jest łódką [...]”).
In der Zwischenkriegszeit kam es auch zum Bruch innerhalb der im weitesten Sinne tyrtäischen Spielart der Romantik, das heißt, die Verbindung zwischen der „nationalen Sache“ und der „sozialen Sache“ (Stefan Żeromskis Vorfrühling, 1924, dt. 1975) zerriss, und der romantische Mythos der Einheit der Nation (Leon Kruczkowskis Rebell und Bauer, 1932, dt. 1952) ging unter. Im unabhängigen Polen kam naturgemäß auch die Frage auf, was die nationale Bühne zu sein habe und was von ihr zu erwarten sei. Eine beliebte Antwort im Theatermilieu war die Anerkennung des romantischen Erbes (und Wyspiańskis) als „Testament“, das noch nicht auf die Bühne gebracht worden sei. Jetzt sei daher die Zeit gekommen, sich dessen anzunehmen, indem das Theater einen originellen, auf die romantische Tradition sich berufenden Stil schaffe, allerdings mithilfe von Ausdrucksmitteln, wie sie der modernen Kunst eigen sind. Den Weg der Verknüpfung von Romantik und Avantgarde beschritt in den 1920er Jahren Leon Schiller. Seine Inszenierungen, insbesondere der Ungöttlichen Komödie von Zygmunt Krasiński (11.6.1926), verbanden künstlerische Innovation mit szenischer Wucht und deutlichen Verweisen auf die aktuelle gesellschaftliche Lage, wodurch das kritische Potenzial und die Aktualität des romantischen Dramas unter Beweis gestellt wurden. Das Monumentaltheater à la Schiller wurde in der Zeit zwischen den Weltkriegen zum Modell des Nationaltheaters, zu dessen Errungenschaften u. a. Ahnenfeier-/Totenfeier-Inszenierungen in Lemberg, Wilna, Warschau und Sofia gehören, die in die polnische Theatergeschichte eingegangen sind. Der monumentale Stil wurde in den dreißiger Jahren als mustergültiger Nationalstil angesehen und von Regierungskreisen befürwortet. Der Staat vereinnahmte ihn als Stil, mit dem auch die eigene Größe zelebriert werden konnte: „Auf diese Weise wurde das Monumentaltheater zum verbindlichen Stil der staatlichen Schauspielhäuser, zu einem repräsentativen Stil“ (Kosiński 2010, S. 355).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das romantische Paradigma in Polen nicht nur von der kommunistischen Ideologie bekämpft. Eine antiromantische Haltung vertraten auch KünstlerInnen und DenkerInnen, die von dem Trauma des Krieges und der Nachkriegsordnung von Jalta gezeichnet waren (u. a. Jacek Bocheński, Tadeusz Konwicki, Andrzej Wajda, Leszek Kołakowski, Sławomir Mrożek und, etwas älter als jene, Tadeusz Różewicz), das – nach Ansicht der Soziologin Hanna Świda-Zięba – der Entdeckung entsprang, dass das im Namen der Freiheit erbrachte Opfer des Lebens umsonst gewesen war und die Geschichte keinerlei teleologische Dimension besaß, sondern nichts war als ein Feld des freien Spiels der Kräfte. Diese Überzeugung führte zu der in verschiedenen künstlerischen Formen zum Ausdruck gebrachten Infragestellung des für das romantische Paradigma zentralen martyrologischen Mythos, wonach ein Sterben für die Freiheit sinnvoll war.
Felder der Reflexion über die deutsche Romantik
Ein wichtiges und weitläufiges Feld der Reflexion über die Romantik war im 19.Jh. in Deutschland die Literaturgeschichte; in den großen literarhistorischen Synthesen (von Georg Gottfried Gervinus, Hermann Hettner, Rudolf Gottschall, Rudolf Haym u. a.) wurde die Romantik der Weimarer Klassik gegenübergestellt, der wichtigsten Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die in den Konstruktionen der deutschen Tradition und im Identitätsdiskurs einen zentralen Platz einnimmt. Es war die Weimarer Klassik, nicht die Romantik, die zum Gründungsmythos des Deutschen Reiches wurde. Bildlich gesprochen, zieht sich eine Entwicklungslinie von Weimar nach Versailles, wovon der Goethekult und die nach 1871 unternommenen Versuche, aus Goethe den „Kronzeugen“ der Geburt der Nationalidentität der Deutschen zu machen (Dieter Borchmeyer), zeugen. Die Aufwertung der Romantik und ihre „Gleichberechtigung“ mit anderen literarhistorischen Epochen erfolgte erst im ausgehenden 19.Jh. (eine Wende vollzog etwas früher Wilhelm Dilthey, indem er die Romantik, auf Augenhöhe mit der Aufklärung und der Klassik, der deutschen Geistesgeschichte hinzurechnete). Im 20.Jh. wurde die Politik zum Hauptfeld der Reflexion, gelegentlich auch zum Feld der Spekulation, über die deutsche Romantik. Deren Verwicklung in die Politik, insbesondere ihre vermeintlichen Verbindungen zum Nationalsozialismus, wurden in der frühen Nachkriegszeit von WissenschaftlerInnen und Intellektuellen scharf kritisiert. Motive, die anscheinend unausgesetzt in der deutschen Hochkultur präsent sind, sind die Kritik der Romantik im Zusammenhang der Zivilisationskritik (Spannung zwischen Kultur und Natur sowie Natur und Zivilisation), die Kritik der Romantik als einer bürgerlichen Kulturformation in ihrer trivialisierten, kleinbürgerlichen Spielart und die Reflexion über ästhetische Fragen.
Felder der Reflexion über die polnische Romantik
Wenn man sich die gesellschaftliche Aufnahme der Romantik in Polen anschaut, wird man kaum der These widersprechen können, dass nicht ihre Botschaft, sondern vielmehr ihre Interpretation wichtig war, „dass, mit anderen Worten, die Geschichte Polens seit den 1820er Jahren ganz überwiegend die Fortsetzung, Neuinterpretation, Banalisierung, aber auch die Anbetung und Verdammung der Romantik darstellt“ (Król 1998a, S. 4).
Mickiewiczs beliebtestes Werk blieben in polnischen Landen bis zum Ersten Weltkrieg die Bücher des polnischen Volkes und der polnischen Pilgerschaft, die Ansätze zu einer Idealisierung der Nation und ihrer Vergangenheit enthielten und die Niederlagen in den Zusammenhang messianistischer Sendung stellten. Die selektive Rezeption Mickiewiczs ist ein Beispiel dafür, wie die Romantik vereinfacht und in den letzten Jahrzehnten des 19.Jhs. auf eine expressive und dekorative Rolle bei allerlei patriotischen Feierlichkeiten, Jahrestagen, öffentlichen Feiertagen usf. reduziert wurde. Die Beisetzung der aus dem Ausland überführten Gebeine Mickiewiczs (1890) und Słowackis (1927, nach einem nicht geglückten ersten Versuch 1909) in der Krypta der Nationalen Dichter in der Krakauer Wawelkathedrale war jeweils eine wirkmächtige patriotische Manifestation und ein Spektakel dessen, was man ohne Zögern als nationale Liturgie bezeichnen darf.
Trotz der Versuche aus verschiedenen Milieus – der Dichter Jan Lechoń schrieb 1920: „Auf dass im Lenz den Lenz ich und nicht Polen sehe“ – gab es vor der Romantik, ob man sie kritisch (Roman Dmowski) oder positiv wahrnahm (Józef Piłsudski), kein Entrinnen. Die Nachromantik dominierte mit ihrer Symbolik in der Zwischenkriegszeit die politische Sphäre und den kollektiven Vorstellungsraum der Polen, auch weil sie schlicht keine Konkurrenz hatte; sie war jedoch die Fortsetzung der traditionellen politischen Denkweise, die sich noch vor der Wiedererlangung der Unabhängigkeit herausgebildet hatte, und bot Werte an, die von der überragenden, in nachromantischer Tradition erzogenen und gebildeten Mehrheit der Polen akzeptiert wurden. Den entscheidenden Anstoß zum Warschauer Aufstand (1944) gab der romantische Imperativ, wonach Erhebung, Tat und Opfer, selbst wenn sie von vornherein zum Scheitern verurteilt wären, unabdingbar für die künftigen Generationen sind. In der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg wurde die komplexe ästhetische, künstlerische und moralische Botschaft der hohen Romantik auf ein Niveau heruntergebrochen, das ihr breite Rezeption und Aufnahme verschaffte. Dies musste „zu der Kuriosität des polnischen Romantikdiskurses“ (Król 1998b, S. 25) führen.
Wandervögel
Der romantische Denkstil prägte die deutsche Geistestätigkeit um 1900. Es wiederholte sich damals der Protest gegen Rationalismus und Materialismus, den die Stürmer und Dränger und die RomantikerInnen erhoben hatten. An die Stelle der einstigen Schlagwörter wie „Natur“ und „Geist“ trat „Leben“ und wurde zum Kampfbegriff des Jugendstils und der Neuromantik, der Jugendbewegung und der Wandervögel sowie anderer Bewegungen, die neue Lebensformen propagierten (u. a. der sog. Gartenstadtbewegung). Starke Wirkung entfalteten die Wandervögel mit ihrem Protest gegen die moderne Zivilisation. Sie bekämpften Klassenschranken und propagierten die Idee der „Volksgemeinschaft“. Die Bewegung entstand im Großstadtmilieu, doch ihr Wirken richtete sich gegen die urbanisierte und industrialisierte Gesellschaft. Die Hauptaktivität der Wandervögel waren Ausflüge ins Grüne, in den „Schoß der Natur“ und zu Orten der nationalen Kultur und Mythenerzählung. Mithin knüpfte die Bewegung an ein wesentliches Element der deutschen Kultur der Romantik an, nämlich das Wandern zu Fuß auf der Suche nach dem eigenen Ich und der reinen, unberührten volkstümlichen Zivilisation. Die RomantikerInnen waren allein gewandert, doch in den 1880er Jahren wurde das Wandern zu einem Massenphänomen. Gruppenwanderungen der Jugend durch das Vaterland zur Stärkung von Leib und Geist waren stark im deutschen Bildungssystem verankert, in dem auf das Erlebnis der Kulturlandschaft großes Gewicht gelegt wurde. Heutzutage sind Wanderungen als Ausdruck des Strebens nach Erhalt des Kultur- und Naturerbes, das die Grundlage der eigenen Identität bildet, bei der deutschen Jugend nicht beliebt. Dafür sind Spuren dieser Tradition bei zeitgenössischen Initiativen und Bewegungen des Umweltschutzes und ökologischer Thematik zu beobachten.
Romantik und Nationalsozialismus
Um die Jahrhundertwende vollzog sich auch eine Wendung zur Interpretation der Romantik in nationalistischem Geiste. Ihren Höhepunkt erreichte sie durch die Wiederentdeckung des Malers Caspar David Friedrich (Jahrhundertausstellung deutscher Kunst 1906), der als Werkzeug zur Zivilisationskritik und Diskreditierung der Moderne benutzt wurde. Zu einem Gegenstand der Manipulation wurde Friedrich auch späterhin, im Dritten Reich, als man ihn zum Inbegriff der deutschen Innerlichkeit, Geistestiefe und des Heroismus machte. Die suggerierte Gleichsetzung des Romantischen mit dem Deutschen fiel Jahre später unvermutet auf deutsche KunsthistorikerInnen zurück, die die Ausstellung The Romantic Spirit in German Art. 1790–1900 ausrichteten (London und Edinburg 1994–1995). Den Versuch, die kontinuierliche Entwicklung der deutschen Romantik zu zeigen, deutete die englische Presse als Aufzeigen des Weges von Friedrich zu Adolf Hitler und warnte bei dieser Gelegenheit vor deutschem Mystizismus als immer noch drohender Gefahr. Auch Richard Wagner war für die nationalsozialistische Ideologie und Propaganda eine sehr nützliche Figur. Josef Goebbels stellte ihn als Sinnbild deutscher Größe dar, dessen Werke vom Geist romantischen Deutschtums durchdrungen seien:
Sie [Die Meistersinger von Nürnberg – JK] sind die Inkarnation unseres Volkstums schlechthin. In ihnen ist alles enthalten, was die deutsche Kulturseele bedingt und erfüllt. Sie sind eine geniale Zusammenfassung von deutscher Schwermut und Romantik, von deutschem Stolz und deutschem Fleiß, von jenem deutschen Humor, von dem man sagt, daß er mit einem Auge lächle und mit dem andern weine (Zit. nach Münkler 2001, S. 551–552).
Wagner, der fast einhundert Jahre lang vor allem als romantischer Erneuerer des deutschen Mittelalters (mit seinen symbolischen Zentren in Nürnberg und auf der Wartburg) und der germanischen Mythologie galt, blieb in der ersten Hälfte des 20.Jhs. ein Bezugspunkt für die lebhaften Diskussionen über die politische und kulturelle Identität der Deutschen.
Abrechnung mit der Romantik nach dem Krieg
Nach dem Krieg war die Romantik zensiert als – nach Ansicht vieler ForscherInnen – geistige Ausgangsbasis des Nationalsozialismus. Viktor Klemperer, der aufmerksame Beobachter des Alltagslebens im NS-Staat, sah eine enge Verbindung zwischen dem Nationalsozialismus und der deutschen Romantik, in der – seiner Meinung nach – bereits all das angelegt gewesen war, was den Nazismus ausmacht: die Entthronung der Vernunft, das Wecken tierischer Instinkte im Menschen und die Verherrlichung der Gewalt. Kritiker der Romantik wie Isaiah Berlin, Eric Voegelin, Georg Lukács und Helmuth Plessner wiesen weniger auf die historische Vereinnahmung der Romantik durch den Nationalsozialismus als vielmehr die romantische Geisteshaltung und die Bestandteile der Romantik hin, die sich so fatal auf das deutsche Geistesleben ausgewirkt hatten, also die Ablehnung des Erbes der Aufklärung und dessen Ersetzung durch völlig ungezügelte Fantasie sowie die Lebensferne und Maßlosigkeit, die letztlich die traditionelle moralische Ordnung untergruben. Die „skeptische Generation“ der Deutschen (Helmut Schelsky), die im Dritten Reich Kind gewesen war und in den fünfziger Jahren erwachsen wurde, war für romantische Inspirationen nicht mehr empfänglich. Ihre nüchternen, pragmatischen und prinzipiell unpolitischen VertreterInnen blickten skeptisch auf die „RomantikerInnen“, die die moderne Technik kritisierten (u. a. Friedrich Georg Jünger, Martin Heidegger und Günther Anders), und rieten ihnen dazu, statt sie zu dämonisieren, lieber nach der Zweckmäßigkeit und den Folgen solchen Tuns zu fragen, das an eine Hexenjagd erinnere, nur dass die Methoden subtiler seien als im Mittelalter.
Zur Zeit der Studentenrevolte 1968 erwachten wieder die alten, bereits in der Jugendbewegung um die Jahrhundertwende deutlich bemerkbaren Spannungen und Widersprüche zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft, geistiger und materieller Lebenseinstellung, Spontaneität und Konventionen, Natürlichkeit und Künstlichkeit, schließlich Selbstverwirklichung und Karrierestreben. Nicht ohne Grund verleiteten diese Spannungen und das führende Schlagwort „Die Fantasie an die Macht!“ zur Interpretation der Bewegung als „Rückfall in die Romantik“ der Achtundsechzigergeneration, in der erneut Ansätze des romantischen Widerstandes gegen die Industriegesellschaft zutage traten (Richard Löwenthal).
Um 1980 kam es in der deutschsprachigen Literatur zu einem Paradigmenwechsel. Dass „neue Romantiker“ und ein „neuer Irrationalismus“ in der westdeutschen Literatur der späten siebziger Jahre auftraten, erkennbar an ihrer „Sehnsucht nach vormodernen Bewusstseinsformen, nach der verlorenen Natur, dem Wunderbaren“, resultierte nach Ansicht der diese Diagnose stellenden Literaturwissenschaftlerin Hannelore Schlaffer aus der vergleichbaren Lage der Intellektuellen in der Romantik und nach 1968, das heißt der Euphorie nach dem Zerfall der alten Ordnung und der Enttäuschung durch das Fehlen grundlegender politischer und gesellschaftlicher Reformen. Da sich die engagierte Literatur (Gruppe 47) als Formel erschöpft hatte, musste eine neue Sprache gefunden werden, um die Wirklichkeit, die sich der einfachen und eindeutigen Beschreibung entzog, darzustellen. Fertige Lösungen in Gestalt adaptierbarer Gattungsformen und Erzählschemata lieferten die RomantikerInnen. Auf das romantische Kunstmärchen, vertreten u. a. durch Ludwig Tieck, Achim von Arnim, Novalis, Joseph Eichendorff, E.T.A. Hoffmann und Adalbert Chamisso, griffen in den 1980er Jahren AutorInnen wie Peter Handke, Irmtraud Morgner, Wolfgang Hilbig und Botho Strauß zurück. Der Roman Der junge Mann des Letztgenannten enthält deutliche Bezugnahmen auf das Modell des Bildungsromans – der Romantik (Novalis) und Klassik, also Goethes Wilhelm Meister – als Gegengewicht zu einem Romanmodell, in dem eine geschlossene Geschichte des Helden linear und stringent erzählt wird: „Allegorien. Initiationsgeschichten. RomantischerReflexionsRoman. Ein wenig hervorgebracht, ein wenig fortgetragen“ (Strauß 1984, S. 15). Unter den Anleihen der achtziger und neunziger Jahre bei der romantischen Literatur lassen sich drei Themenkreise unterscheiden: die Figur E.T.A. Hoffmanns, der romantische Kreativitäts- und Kunstbegriff sowie das Motiv des Wunderbaren.
Kreativitäts- und Kunstbegriff sowie das Motiv des Wunderbaren. Starken Einfluss auf das deutsche Nachdenken über die Romantik besaß im 20.Jh. die Literaturwissenschaft, die mehr oder weniger in die Politik verwickelt war: in der BRD bis in die späten siebziger Jahre, in der DDR bis zu deren Ende.
In der DDR behandelte die vom sozialistischen Realismus inspirierte Literaturwissenschaft die Romantik als Irrweg der deutschen Literatur in den Nationalsozialismus (Georg Lukács). Die Mitte der siebziger Jahre initiierte Erbediskussion führte zur Revision dieses Standpunktes. Fortan galt die Romantik als gleichberechtigte Epoche neben der Klassik. Eine Reflexion über die Romantik, inspiriert durch Karl Marx’ Gedanken, dass die Geschichte sich als Farce wiederhole, erscheint in den siebziger und achtziger Jahren im Schaffen von DDR-SchriftstellerInnen wie u. a. Christa Wolf, Günter de Bruyn, Franz Fühmann und Peter Hacks.
Die Entdeckung der Frühromantik als Modell für die Moderne um 1900, ihre Konzeptualisierung als Antithese zur Aufklärung (nach Wilhelm Dilthey) und Behandlung als letzte Etappe einer urdeutschen Bewegung (Hermann August Korff) sind nur einige der Denkansätze, auf die sich westdeutsche GermanistInnen in den fünfziger und sechziger Jahren beriefen. Nach der Studentenrevolte rückte die Verwicklung der Germanistik und Romantikforschung in den Nationalsozialismus ins Zentrum der Untersuchungen (soziologisch orientierte Ideologiekritik, Rezeptionsästhetik, Diskursanalyse, Komparatistik). Auch die Rezeption der deutschen romantischen Literatur im Dritten Reich wurde eingehend literaturwissenschaftlich untersucht (Klausnitzer 1999).
In der zeitgenössischen Forschung wird die Forderung nach Interdisziplinarität und nach Behandlung des Romantikbegriffs als Sammelbegriff für viele nationale Strömungen der Romantik stark hervorgehoben. Die romantischen Bewegungen in den europäischen Ländern sind unter Berücksichtigung ihrer Interdependenz und späterer Wandlungen zu untersuchen, ohne eine Hierarchie nach dem Schema Original–Nachahmung aufzustellen. Die Romantik als Beginn der Moderne (Stiftung für Romantikforschung) sowie als Epoche, Stil oder Geisteshaltung ist Gegenstand der Forschung vieler Disziplinen (U. a. Hühn/Schiedermair 2015). Lebendigkeit und Innovation der zeitgenössischen Romantikforschung belegt das programmatische Manifest des Forschungsnetzwerks Neue Romantikforschung mit Sitz an der Universität Frankfurt am Main:
Ob als Epoche oder Diskursformation, als spezifische Ästhetik mit ihren Denkfiguren und Stilen, als kulturelles oder künstlerisches Experiment: Die Aktualität der Romantik und des Romantischen ist ungebrochen. Innovative Impulse, die neue Grundlagen für die Romantikforschung entwickeln, gehen dabei insbesondere von kulturwissenschaftlichen, wissenschaftsgeschichtlichen, ästhetiktheoretischen und computergestützten Zugriffen aus (https://www.springer.com/series/16623, 18.12.2021).
Das Echo der Romantik in der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur
Als sich zu Beginn der neunziger Jahre die alten Muster engagierter Literatur aus den siebziger und achtziger Jahren erschöpft hatten und die Zeit großer Utopien und Erzählweisen zu Ende war, kam es wieder zu Rückgriffen auf Friedrich Schlegels Projekt der „progressiven Universalpoesie“. Der vielgelesene, zuweilen als „Romantiker“ oder „NeuRomantiker“ bezeichnete Popliterat Rainald Goetz beschrieb die „popliterarischen Jahre“ der späten neunziger Jahre so: „Wir waren Frühromantiker, eine Bewegung, jung, eine Wahrheit, und ganz schnell vorbei“ (Goetz 2015). Mit diesem überraschenden Vergleich wies der Schriftsteller auf die – seiner Meinung nach – gemeinsamen Merkmale der Frühromantik um 1800 und der Popliteratur des späten 20.Jhs. hin: Provokation, Flüchtigkeit, Gegenwartsbezug und eine besondere Verbindung von Leben und Schreiben. In der deutschen Literatur der zweitausender Jahre kommen sowohl bewusste Anknüpfungen an die romantische Tradition vor als auch – häufig unbewusste – Versuche, eine besondere Schreibart und Kommunikationsweise mit der Leserschaft zu übernehmen ( Kerschbaumer 2018). Repräsentativ für die literarische Suche nach Lösungen der Probleme, die sowohl den heutigen Menschen als auch seine romantischen Vorfahren umtreiben, wie z.B. die Erschütterung des Wirklichkeitsgefühls und die Spaltung der Persönlichkeit, ist Felicitas Hoppes Roman Paradiese. Übersee (2003).
Auseinandersetzungen um die Romantik im Nachkriegspolen
Die Beständigkeit des romantischen Erbes in Polen zeigt sich u. a. daran, dass eine der ersten Veröffentlichungen der Pariser Kultura eine Neuausgabe der Bücher des polnischen Volkes und der polnischen Pilgerschaft (1946) mit einem Vorwort von Gustaw Herling Grudziński war, obgleich doch sowohl er als auch der Chefredakteur der Kultura Jerzy Giedroyc der romantischen Tradition reserviert gegenüberstanden. Das „Tauwetter“ der Jahre 1956/1957, als das Korsett des Sozrealismus abgeschüttelt wurde und die Kultur sich nach Westen öffnete, zog eine veränderte Einstellung zur Tradition nach sich, besonders zu Mickiewicz und dem romantischen Erbe. Die MachthaberInnen Volkspolens nutzten und benötigten Mickiewicz als Volksdichter und nationalen Seher, der den Despotismus verachtet und dem russischen Brudervolk gegenüber freundschaftliche Gefühle gehegt hatte. Die entgegengesetzte Anschauung vertraten hingegen Emigranten: Witold Gombrowicz, der Mickiewicz zum Vorwurf machte, dass er als Nationaldichter nicht von außen auf diese Nation zu schauen vermochte, sowie Herling-Grudziński, der als politischer Realist nicht die Rolle des Exildichters aus dem romantischen Imaginarium spielen wollte. Im Inland kam der Widerstand gegen politische Manipulation und Instrumentalisierung romantischer Denkmuster im Spotten über den patriotischen Romantikmythos, den die MachthaberInnen zu einem Dogma in Partei und Politik erhoben, zum Ausdruck (Tadeusz Konwicki, Sławomir Mrożek). Romantische Topoi zu parodieren, war zu jener Zeit Teil der Gesellschaftskritik. In der Literatur machte sich eine „posttraumatische“ Antiromantik bemerkbar, zum Ausdruck gebracht durch die Ablehnung des Opfermythos und die Entheroisierung des Krieges (vor allem im Schaffen von Tadeusz Różewicz und Miron Białoszewski). Die Reaktionen auf das Aufführungsverbot von Mickiewiczs Ahnenfeier/Totenfeier (1968) zeigten, wie stark sich ins kulturelle Gedächtnis der Polen die Erinnerung an die Verfolgung der Unabhängigkeitsbestrebungen durch die russische Teilungsmacht eingegraben hatte. Das Streichen der Aufführung vom Spielplan empfanden selbst diejenigen als Verletzung des Nationalstolzes, die das Drama nicht kannten; für die Gebildeten war es ein Angriff auf die polnische Kultur. An dieser Stelle ist zu bemerken, dass Janions These von der vorherrschenden Rolle des romantischen Paradigmas in der polnischen Kultur bis 1989 in Bezug auf das Theater höchst diskussionsbedürftig erscheint. Große Regisseure wie Jerzy Jarocki, Krystian Lupa, Konrad Swinarski oder Jerzy Grzegorzewski vermieden es entweder, polnische Dramen der Romantik zu inszenieren, oder führten eine scharfe Auseinandersetzung mit der Romantik. In den siebziger Jahren wurde die Romantik intellektuell „privatisiert“, wie die Forschung der hier mehrfach erwähnten Maria Janion und ihrer SchülerInnen belegt, in der die Suche nach Masken, Transgressionen und verborgenen Bedeutungen im Vordergrund steht. Gleichzeitig kommt in diesem Kreis die Frage nach der Fortdauer der romantischen Tradition im öffentlichen Raum auf. Zur Zeit der „Solidarität“ und des Kriegszustandes äußerte sich die romantische Tradition im Bereich symbolischer Handlungen, die – nach Ansicht ihrer OpponentInnen – über die realen überwogen; in der Politik fehlte es vermeintlich an pragmatischem und realistischem (also nichtromantischem) Denken. Während des Kriegszustandes erlebte die patriotisch-martyrologische Version der Romantik eine Renaissance; sie verhinderte ein ganzes Jahrzehnt lang eine tiefere Reflexion und verlegte den romantischen Diskurs auf die symbolisch-angewandte Ebene (siehe z.B. Aufstandsschmuck, ikonografische Inspiration durch Artur Grottger, vaterländische Messen usf.). Selbst Miłosz, der eine Banalisierung der Romantik und ihre allzu leichtfertige Inanspruchnahme bei existenziellen Bedrohungen der Nationalgemeinschaft von außen befürchtete, erlag dem Zeitgeist und erlaubte, dass ein Vers aus seinem Gedicht („Du hast Unrecht getan, dem einfachen Mann,/Brachst in Gelächter aus über sein Leid…“), (Miłosz 2013, S. 38) am Denkmal für die gefallenen Werftarbeiter in Danzig angebracht wurde. Dass Miłosz sich von der tyrtäisch-martyrologisch-massianistischen Version der Roantik verabschiedete, rief im inzwischen freien Polen den Zorn rechter und nationalistischer Milieus hervor, die ihm u. a. mangelnden Patriotismus vorwarfen. Der Skandal um die Beisetzung des Dichters in der Krypta der Verdienten in der Krakauer Kirche auf dem Felsen (2004) sowie die Kontroverse um das Miłoszjahr (2011) zu seinem hundertsten Geburtstag sind spektakuläre Beispiele der Auseinandersetzung zwischen zwei Sichtweisen des kollektiven Lebens, der romantischen und der liberalen; über letztere schrieb Marcin Król aus dem Blickwinkel des zu Ende gehenden Jahrhunderts: „Es wird sich bald erweisen, dass diese Auseinandersetzung ein Merkmal der gesamten westlichen Kultur ist, wobei sie dort Kultur und Zivilisation betrifft, nicht wie in Polen die Politik“ (Król 1998a, S. 7).
Die in den neunziger Jahren geführten Diskussionen der SoziologInnen, HistorikerInnen, PublizistInnen und LiteraturwissenschaftlerInnen über die politischen Implikationen der Mickiewiczrezeption um die Wendezeit (Jan Walc, Jarosław Marek Rymkiewicz, Krzysztof Rutkowski, Zdzisław Krasnodębski u. a.) scheinen Króls These zu bestätigen.
Auseinandersetzungen der Intellektuellen um das nationale Selbstverständnis der Polen und Polens Platz in einer von Liberalismus und Pragmatismus beherrschten Welt und einer globalen Konsumgesellschaft, in der kein Raum für eine in nationaler Tradition wurzelnde Identität ist, lassen sich als ein Prozess der Aktualisierung der polnischen Romantik betrachten, bei dem – wie in Maria Janions und Maria Żmigrodzkas Studie Romantyzm i egzystencja (Romantik und Existenz, 2004) – das Nachdenken über die Romantik mit einer Reflexion über die Rolle des Subjekts in der Spätmoderne verknüpft wird. In den neunziger Jahren hatte sich die Wirkmächtigkeit der romantischen Tradition im Sinne einer Unterordnung des Individuums unter die nationale Gemeinschaft erschöpft. Es kam zu einer Rückkehr ins Private. Privatisierung und Aktualisierung der Romantik sind gut an der damaligen Theaterpraxis ablesbar. Während z.B. in Jerzy Grzegorzewskis Ahnenfeier/Totenfeier-Inszenierung 1987 (Dziady – improwizacje [Ahnenfeier/Totenfeier – Improvisationen], Studio-Theater Warschau) der Kontext der politischen Bedrängnis der späten achtziger Jahre deutlich sichtbar war, stellte derselbe Regisseur 1995 in Dziady – dwanaście improwizacji (Ahnenfeier/Totenfeier – zwölf Improvisationen) die Aktualität des Dramas in der neuen Zeit auf die Probe. In dieser Inszenierung ist Konrad ein Melancholiker der Moderne, der keinerlei Verpflichtungen mehr gegenüber der Gemeinschaft hat. Die Ahnenfeier/Totenfeier – und dasselbe lässt sich wohl vom romantischen Drama insgesamt behaupten – „ist als Tradition nicht mehr lebendig, formt keine Gemeinschaft“ (Plata 2017, S. 26).
Auf Texte u. a. von Mickiewicz und Słowacki griff in den neunziger Jahren Olga Lipińska zurück, die Autorin eines bekannten Fernsehkabaretts zu aktuellen politischen Dingen, das Themen der Gesellschaft und Kultur aufgriff und polnische Schwächen, Komplexe und Vorurteile verspottete. Jahrelang endete die Kabarettsendung mit dem Aufruf: „Geht durch das Kornfeld, im Dorf steht der Russe“, der auf den Aufständischenmythos anspielte und gemeinhin (und irrtümlich) bald Mickiewicz, bald Żeromski zugeschrieben wurde. Außer der beißenden, mitunter große Kontroversen auslösenden Satire auf die Gesellschaftsverhältnisse der Umbruchzeit bot die an die/den gebildete/n ZuschauerIn gerichtete Sendung auch hintersinniges Vergnügen mit Klassikerzitaten der polnischen Literatur, vor allem Wyspiańskis.
Romantik heute
Unabhängig von der intellektuellen Reflexion ist die Romantik in ihrer „dienstbaren“ Version als gut verkäufliches Tourismusprodukt fest in der Massenkultur verankert, zumindest in Deutschland, wo Heidelberg und die Kulturlandschaft des Rheins mit ihren historischen und nationalen Denkmälern zum Pflichtprogramm für TouristInnen mit höherem kulturellem Anspruch gehören. Als das Obere Mittelrheintal im Jahr 2002 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde, feierte man zugleich zweihundert Jahre Rheinromantik, wodurch der romantische Rhein erneut in Mode kam. Die Lorelei, jene mythische Gestalt aus Heinrich Heines Gedicht und unzähligen Werken seiner NachfolgerInnen, wurde – gerade durch Fremdenverkehr und Massenkultur – zu einem bis heute lebendigen Sinnbild der deutschen Romantik. Die Versuche des 19.Jhs., sie politisch zu instrumentalisieren und zum Nationalsymbol zu machen, misslangen (die Lorelei geriet gegenüber der Germania ins Hintertreffen). Heute arbeitet die Lorelei in der Tourismusbranche als etwas kitschiges Symbol der romantischen Schwärmerei und Innerlichkeit und bestätigt so die These, dass sich das Fortleben der Romantik in populärer Fassung dem Kitsch und der Trivialität verdankt. Die romantische Mythologie spielte auch eine gewisse Rolle bei der erbitterten Debatte um die anstehende Verlegung der bundesdeutschen Hauptstadt von Bonn nach Berlin. GegnerInnen der Lösung erinnerten daran, dass das Rheinland das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Deutschlands sei, und schreckten nicht vor mythisch-nationalen Argumenten zurück. Die Romantik wird auch als Exportschlager aus dem oberen Segment angesehen. „Die deutsche Romantik ist ein Exportschlager“, schrieb das Feuilleton 2012 über die Idee, in Frankfurt am Main ein Romantikmuseum einzurichten. Dieses sollte die Epoche gesellschaftlich bekannt und anerkannt machen:
Wolfenbüttel ist mit der Herzog-August-Bibliothek ein Zentrum des Barock, Weimar ist die Heimat der Klassik, und die Moderne ist im Deutschen LiteraturArchiv Marbach zuhause. Frankfurt wäre ein guter Ort für die Romantik ( Sandra Kegel, Glänzende Lieder, klingender Lauf, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.9.2012).
Ein Argument für die Schaffung eines Romantikmuseums war nach Ansicht der Publizistin auch die ausländische Wahrnehmung: „Dabei wird gerade im Ausland die Epoche der Empfindsamen, Träumerischen und Visionären so sehr mit Deutschland in Verbindung gebracht, wie sonst nur Wagner und der Schwarzwald“ (Sandra Kegel, Glänzende Lieder, klingender Lauf, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.9.2012). Der Appell eines anderen Publizisten, „Holt die Romantiker aus dem Keller!“ (und Goethe gleich dazu, als „globale Mark“), (Hannes Hintermeier, Holt die Romantiker aus dem Keller!, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.1.2011) wurde nach zehnjährigem Ringen mit Hindernissen finanzieller und bürokratischer Natur verwirklicht. Am 14. September 2021 öffnete das Deutsche Romantikmuseum seine Pforten für die BesucherInnen. Auf seiner Hausseite preist sich das Museum folgendermaßen an: „Das weltweit erste Museum, das sich der Epoche als Ganzes widmet. Präsentiert werden einzigartige Originale mit innovativen Ausstellungsformen, die die Zeit der Romantik als Schlüsselepoche erfahrbar machen“ (Deutsches Romantikmuseum 2021).
In Polen hingegen ist die Romantik – entsprechend Marcin Króls Diagnose bezüglich der Auseinandersetzung zwischen der romantischen und liberalen Sicht auf das Leben der Gemeinschaft – weiterhin (zumindest in ihrer dienstbaren Version) eine politische Angelegenheit. Ihr Potenzial als (womöglich einziger) Bezugspunkt und Quell für Sichtweisen des Polentums offenbarte sich mit aller Macht nach dem Flugzeugabsturz bei Smolensk am 10. April 2010. Dieser zog nicht nur einen grundlegenden Wandel der politischen Lage und der gesellschaftlichen Stimmungen in Polen nach sich, sondern belebte auch alte und scheinbar veraltete kulturelle Muster wieder. Die Protestkundgebungen am Präsidentenpalais in Warschau im Frühjahr und Sommer 2010, die voll von romantischen Phrasen waren und sich auf romantische Vorstellungen (Opfermythos) beriefen, machten deutlich sichtbar, dass „das Gespenst der Romantik aus dem Grab gestiegen“ (Plata 2017, S. 33) war, und kündigten eine Rückkehr romantisch-messianischen Vorstellungen an, die in den Milieus rechter PublizistInnen und katholischer IntegralistInnen (u. a. in der Zeitschrift Fronda [Fronde]) weidlich genutzt werden (Plata 2017, S. 34–38). In der Verknüpfung der Smolensker Trauer mit Mickiewiczs Totenfeier/Ahnenfeier, wie sie Intellektuelle im Milieu der Teologia Polityczna (Politische Theologie) – eines Verlags und zugleich einer konservativen gesellschaftspolitischen Denkfabrik – vornehmen (Marek A. Cichocki, Dariusz Karłowicz), lässt sich ein gewisser Automatismus bemerken:
Wieder einmal erweist sich die Romantik für die Rechte als vorgefertigte, mechanisch gewählte Sprache. Der Tod eines Politikers wird fast sofort als politischer Tod bezeichnet, als Opfer für den Staat, das nach den Prinzipien des fixierten national-romantischen Rituals zelebriert werden müsse (Plata 2017, S. 40).
Vor der destruktiven und für die nationale Gemeinschaft verheerenden Zelebrierung einer „verkommenen“ und „epigonalen“ Romantik warnte Maria Janion in ihrem Brief an die Teilnehmer des Kulturkongresses (7.1.2016) und schrieb von Smolensk als neuem messianistischem Mythos und schädlichem martyorologischem Muster: „Ich sage es unverblümt: Der Messianismus, und erst recht seine staatlich-klerikale Variante, ist ein Fluch, Polens Verhängnis. Unseren Messianismus verabscheue ich zutiefst“ (Janion 2016).
Spektakulären Ausdruck fand die Politisierung der Smolensker Trauer in den sog. Smolensker Monatstagen, das heißt den Kundgebungen rechter und nationaler Kreise an jedem zehnten eines Monats, bei denen die RednerInnen (allen voran der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit Jarosław Kaczyński) den beim Absturz „Gefallenen“ (mit dem Präsidenten Lech Kaczyński an der Spitze) die Ehre erwiesen und den Mythos eines „Smolensker Attentats“ etablierten, nicht ohne ihren AnhängerInnen konsequente „Ermittlung der Wahrheit“ zuzusichern, die zur Bestrafung der mit den Russen und Putin verschworenen einheimischen AttentäterInnen führen würde, nämlich der damals regierenden politischen GegnerInnen (mit dem damaligen Ministerpräsidenten Donald Tusk an der ersten Stelle). Diese Kundgebungen finden bis heute statt, wenn auch in unvergleichlich kleinerem Umfang, erregen weder größere Aufmerksamkeit, noch schüren sie Emotionen, was davon zeugt, dass die mythogene Energie des Luftfahrtunfalls bei Smolensk sich erschöpft hat.
Dennoch deutet nichts darauf hin, dass sich die Ende der neunziger Jahre von Marcin Król formulierte Forderung erfüllen könnte, den von der dienstbaren Nachromantik aufgestellten „Kollektivplan“ aufzugeben, der destruktiv für die nationale Gemeinschaft und deren Identitätsgefühl sei:
Solange es dazu nicht kommt, werden Angriffe auf das derart verstandene Polentum als eine anachronistische, antimodernistische und antiliberale Haltung durchaus begründet bleiben. Gerechtfertigt wird auch die derzeit starke Trennung sein, die beide Streitparteien in extreme Positionen drängt: die Liberalen in neoliberale, die Anhänger der dienstbaren Romantik in nationalistische (Król 1998a, S. 174).
Fortsetzung der „Performance Polen“
Die von Dariusz Kosiński beschriebene „Performance Polen“ elebt eine Fortsetzung, die die These bestätigt, dass die polnische Kultur und Identität ein eminent „dramatisch-darstellendes“ Gepräge haben ( Kosiński 2010, S. 14). Die Kehrseite des durch einen eigenen Parlamentsbeschluss ausgerufenen Jahres der Polnischen Romantik (2022) ist die kontroverse Inszenierung der Totenfeier/Ahnenfeier durch Maja Kleczewska im Krakauer Juliusz-- Słowacki-Theater. In diesen beiden Ereignissen treffen verschiedene Auffassungen des romantischen Erbes aufeinander. In dem Beschluss, den das Parlament im zweihundertsten Jahr der Erstausgabe von Mickiewiczs Balladen und Romanzen (dt. 1874) – des literarischen Manifests der polnischen RomantikerInnen – fasste, und zwar auf Betreiben bedeutender Romantikfachleute sowie der Akademischen Bürgervereine „Präsident Lech Kaczyński“, der nationalkatholisch ausgerichteten intellektuellen Basis der Regierungspartei, ist u. a. zu lesen:
Literatur und Kultur der polnischen Romantik haben Geistesdimension und -profil der Polen geformt. Es wurden die wichtigsten Eigenschaften gebildet und gefestigt, die uns in die Lage versetzen, selbst die dramatischsten Versuche zu überstehen, unsere Nation zu vernichten. Ehre, Tapferkeit Patriotismus, Traditionsbindung, Mitleid mit dem Schicksal anderer, Opferbereitschaft, Offenheit für andere Kulturen und Freiheitsliebe: Diesen Wertekanon der nationalen Gemeinschaft hat die Romantik aus der alten Adelsrepublik herübergeholt und neu definiert. [… ] Das Gedächtnis der polnischen Romantik ist daher das Gedenken an die wichtigsten Zeichen der nationalen Identität […], (Sejmbeschluss 2021).
Die Sichtweise der Romantik als etablierter und unantastbarer Wertekanon der polnischen Nationalgemeinschaft trifft also auf die Behandlung ihres emblematischen Werkes als aktuellen Text, den man auf den Zustand der Nation zu Beginn des dritten Jahrzehnts des 21.Jhs. hin befragen kann und muss. Die Nutzbarmachung des kritischen Potenzials der Ahnenfeier/Totenfeier stößt in liberalen und der Moderne zugewandten Kreisen auf Anerkennung. In einer Besprechung heißt es: „Wie es einem Text dieses Ranges gebührt, ist er aktuell, ganz unabhängig von der Zeit und dem Ort, an dem sich unser Vaterland gerade befindet. Und erstaunlicherweise quält er, wie sich herausstellt, auch nach über 150 Jahren unverändert diejenigen, die derzeit die Macht ausüben (https://e-teatr.pl/wez-mnie-na-dziady-mamo-19274, 17.12.2021).“ Und weckt, so wollen wir hinzufügen, fast automatisch Assoziationen mit dem Jahr 1968 und der Resonanz von Dejmeks Inszenierung. Gleichzeitig fügt sich Kleczewskas Aufführung, die eine tief gespaltene, demoralisiserte und von zynischen PolitikerInnen regierte Gesellschaft zeigt, nicht in die derzeit in Polen umgesetzte Kultur- und Bildungspolitik. Daher die äußerst empörten Stimmen ihrer ArchitektInnen und Ausführenden von der angeblichen Entstellung des Schönen und der Schändung der Kunst (Bildungs- und Hochschulminister Przemysław Czarnek) und voller Unbehagen angesichts von Tätigkeiten, „die in der Kunst kontrovers sind und die Grenzen der akzeptablen Kontroverse überschreiten“ (Kultur- und Nationalerbeminister Piotr Gliński) sowie Versuche, Druck auf Schulen auszuüben, damit sie von klassenweisen Theaterbesuchen absehen, denn die Aufführung „enthält Interpretationen, die für Kinder und Schüler ungeeignet und schädlich und nicht mit den Zielen des Bildungssystem vereinbar sind“ (Schulrätin der Woiwodschaft Kleinpolen Barbara Nowak). Diese besondere „Reklame“ machte das Bühnenereignis zum Gegenstand weitreichender Aufmerksamkeit und einer Diskussion über den Zustand der polnischen Nationalgemeinschaft. „Möglicherweise erfüllt sich, ganz unerwartet, Konrads Traum, und es beginnt der wahre Kampf um die ‚Regierung der Seelen‘“, beschließt der Rezensent seine Besprechung (https://e-teatr.pl/wez-mnie-na-dziady-mamo-19274, 17.12.2021).
Die komplizierte und konfliktreiche Rezeptionsgeschichte des Nationaldramas von Mickiewicz wurde symbolisch durch den Tod am 15. Mai 2022 von zwei hervorragenden Schauspielern pointiert. Ignacy Gogolewski und Jerzy Trela waren u. a. Hauptdarsteller in den Inszenierungen von Die Ahnenfeier/Totenfeier (1955 Gogolewski und 1973 Trela), die eine bahnbrechende Bedeutung nicht nur für die Theatergeschichte in Polen hatten.
Statt eines Schlusses
Sowohl die zeitgenössische Rezeption der Romantik als auch die Forschung entsprechen vorzüglich ihrer Natur und lassen sich bündig als Work in progress resümieren. Dies betrifft sowohl die hohe Romantik als auch ihre „dienstbare“ Variante. Ihr Erbe wird in Polen und Deutschland auf vielfältige Weise genutzt und ist Quell verschiedenster Inspiration. Gleichzeitig ist die romantische Tradition Gegenstand unablässiger intellektueller und wissenschaftlicher Reflexion und bildet ein Reservoir, aus dem sich die Populärkultur gern bedient.
Aus dem Polnischen von Hans Gregor Njemz
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Kałążny, Jerzy, Prof. Dr. habil, verfasste verfasste die Beiträge „Spektakuläre historische Ereignisse im deutschen und polnischen kollektiven Gedächtnis“ und „Deutsche und polnische Romantik im Vergleich“. Er ist Professor an der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznań und arbeitet in den Bereichen Deutsche Literatur- und Kulturwissenschaft, Erinnerungskulturen und Erzählforschung.