Mirosława Zielińska

Das neue Theater in Polen nach 1989, der Theater-Mikrokosmos Berlins
und das Theater des deutschsprachigen Kulturraums

Das neue Theater in Polen nach 1989, der Theater-Mikrokosmos Berlins  <br>  und das Theater des deutschsprachigen Kulturraums


Einleitung: Kulturtransfer und kulturelles Gedächtnis als Phänomen der langen Dauer

Die Nutzung der Brücke ist mitunter eingeschränkt – durch Brückenzoll oder technische Erfordernisse –, und ähnlich verhält es sich mit der Zugehörigkeit zur internationalen Literaturszene, die das Ergebnis eines Selektionsprozesses ist, der meist nicht allein auf literarischen Faktoren gründet (Skibińska 2014, S. 168).

Werfen wir einen Blick in die zahlreichen Anthologien der Weltliteratur, müssen wir feststellen, dass in ihnen erst seit Ende des 20. Jahrhunderts auch nichteuropäische und nichtamerikanische Werke vertreten sind. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Frage […]: Wenn die Weltliteratur also nicht mit der Vielzahl der weltweit existierenden Literaturen identisch ist, wie kommt es dann zu einer solchen Reduktion? (Czapliński 2014, S. 14).

Worauf es für mich persönlich ankommt, ist, dass die polnischen Stücke jetzt nicht in erster Linie als eine Art Blitztransfer in die Mentalität und Geschichte verstanden, sondern als Kunst wahrgenommen werden. […] Die Festschreibung aufgrund der Herkunft ist ja in der Dramatik sowieso ein Problem. Wir haben den deutschen Dramatiker Oliver Bukowski gewonnen, dazu einen Vortrag zu halten, in dem er die „nahezu unlösbaren Probleme der Nachdichtung in ande­ren Sprachen“ beschreibt. Bukowski beschreibt, wie er als jemand, der aus der DDR kommt, eigentlich nur einmal drei Monate lang ohne Vorbehalte betrach­tet wurde. Als irgendwo fälschlich geschrieben wurde, dass er aus Niederbayern stamme! Er sagt, dass dies die glücklichste Zeit seines Lebens war, als er nicht die Stimme der DDR war – „das denkt also das ostdeutsche Volk“ – sondern dass er einfach als Dramatiker und Künstler wahrgenommen wurde (Kohse 2011 (o. S.).

Transferprozesse im Theaterbereich sind greifbarer als auf anderen gesellschaftlichen Feldern. Der gemeinsame Punkt ist die gesammelte Theatertradition, angefangen vom an­tiken Drama/Theater, und anschließend seine Weiterentwicklung und Veränderungen, deren Rhythmus von den Reformen des Theaters vorgegeben wird, sowie die unablässi­ge Suche nach neuen Inspirationen (auch in den Theatertraditionen außereuropäischer Kulturen), um die Theaterkonventionen zu erneuern und Kommunikation mit dem Pu­blikum herzustellen. Das Theaterfeld (im Sinne von Bourdieu) ist per definitionem eine Sphäre des mehrdimensionalen Kontakts – und daher auch ein transkulturelles Feld sui generis, das die Zirkulation von Texten und ihre Anverwandlung auf den Bühnen einzelner Länder begünstigt (Fischer, Steltner 2011, S. 224ff.). Sowohl bei der Analyse des Transferprozesses als auch der Rezeption seiner Ergebnisse haben wir es mit einem Spannungsverhältnis zwischen dem transkulturellen Medium Theater (das sich immer schwieriger auf eine(n) einzelne(n) Dramatikerin/Dramatiker oder Regisseurin/Regisseur reduzieren, geschweige denn in eine monokulturell verstandene Theatertradition einschreiben lässt) und der Konzeptualisierung des Subfeldes des Theaters (zusammen mit anderen Kultursubfeldern im Sin­ne von Bourdieu) als einer Entität der Nationalkultur zu tun (Turk, Schultze, Simanowski 1998; Surynt, Zybura 2006; Ther 2012; Zielińska 2012, S. 239ff.; Csáky 2013).

Die Mitte der 1980er Jahre von den deutsch-französischen Kulturtransfer-Forschern – Michael Espagne und Michael Werner – aufgestellten Postulate entwickelten sich mit dem Paradigmenwechsel in den Cultural Studies weiter. Mit entangled history und his­toire croisée wurden neue methodologische Vorschläge und Perspektiven ausgearbeitet (Muhs, Paulmann, Steinmetz 1998; Wertheimer 1998; Bal 2002; Csáky 2010, 2013; Schmale 2012; Werner 2015; Kopij-Weiß, Zielińska 2016; Middell 2016; Lüsebrink 2019). Die Transferforschung ist dem Bedürfnis geschuldet, eine neue, kritische Perspektive bei der Erforschung transkultureller Phänomene – Wanderung/Zirkulation der Ideen, (Kultur-)Kontakt, Interaktion, Austausch, Import, Inspiration, Entlehnung, Übernah­me und/oder Anverwandlung, „heimliches Beobachten“, „feindliche Übernahme“ oder produktive Aneignung und radikale ideologische Umdeutung – einzunehmen, ohne ein eindeutiges „Zentrum“ festzulegen, um den semantischen Rahmen der binären Opposition „Zentrum/Peripherie“ zu verlassen. Der Begriff des „Einflusses“ aktiviert das Nach­forschen nach einem vorprogrammierten:

„Kulturgefälle“ zwischen scheinbar besonders fruchtbaren Ursprungskulturen einerseits und den Zielkulturen eines solchen Einflusses andererseits. Solchen diffusionistischen Ansätzen sind sehr häufig teleologische Annahmen zur Über­legenheit einer bestimmten Kultur, Gesellschafts- oder Regimeform eingeschrie­ben, wie sie viele Modernisierungstheorien oder auch Vorstellungen von der weitgehend homogenisierten Nationalkultur als Ziel der historischen Entwick­lung implizieren (Middell 2016).

Die Vorstellung von der kulturellen „Dominanz der Zentren“ sowie der kulturellen „Un­terlegenheit der Peripherie“, die im 19. Jh. geprägt wurde, äußert sich bis heute in Form einer ähnlichen Opposition: Innovation („das Zentrum“) versus Imitation („die Peri­pherie“). Im 20. und 21. Jh. blieben viele von diesen Denk- und Wahrnehmungsmusters nach wie vor in Kraft und haben für die Analyse heutiger Transferprozesse konkrete Implikationen. Die erste ist die aus dem 19. Jh ererbte mentale Karte des Gebiets zwi­schen Berlin, Wien und St. Petersburg: eine kognitive Landkarte voller „unsichtbarer“ oder marginalisierter Randgebiete – ein semantisches Vakuum (Schenk 2002; Csáky 2010). Da sich wiederum die polnische Identität im plurikulturellen Umfeld Ostmitteleuropas, wie auch in inten­siven, vielseitigen Interaktionen mit drei Imperien des Langen 19. Jhs. herausgebildet hat, stellt sie ein Geflecht von dominierenden hegemonialen Diskursen und den von der polnischen Kultur produzierten Gegen-Diskursen der letzten zwei Jahrhunderte dar (Surynt 2004, 2006; Surynt, Zybura 2006; Gosk 2010, S. 7ff.; Gosk, Kraskowska 2013).

Die zweite Implikation sind die Asymmetrien der kulturellen und kollektiven Gedächtnisse und die aus divergent ausgeprägten Diskursen abgeleiteten Grundbegriffe. Wäh­rend z. B. der Begriff „Nation“ in (West-)Deutschland seit der 1968er-Bewegung unter Generalverdacht steht, bleibt er in polnischen Debatten und wissenschaftlichen Arbeiten ein neutraler Terminus, der allgemein mit „Staat“ und „Gesellschaft“ austauschbar verwendet wird, was ihre Begründung in der Geschichte des Langen 19. Jhs. hat (Hahn 1989, S. 20). Hinzu kommt die unterschiedliche Einstellung zur → Romantik als Epoche sowie zum romantischen Erbe insgesamt:

[W]ährend [die Romantik] in Frankreich und Polen mit der Wertung „poli­tisch progressiv“ besetzt ist, wird sie in der deutschen Überlieferung entpoliti­siert oder, wenn politisch, dann als „konservativ“ bis „reaktionär“ eingestuft. […] Kanonisierungen und entsprechende Wertungen sind kulturspezifisch vorge­nommen und nur unter besonderen historischen Bedingungen übertragbar. In diesem Sinne wirkt sich der Mangel am Bewusstsein von der polnischen Kultur­geschichte in Deutschland bislang als kaum übersteigbare Grenze aus (Bayerdörfer 1998, S. 28).

Die aus heutiger Sicht völlig andere Bewertung des romantischen Erbes hat zu vielen Missverständnissen geführt, sowohl bei den Erwartungen an polnische Literatur, Kunst und polnisches Theater, als auch generell bei den Deutungsversuchen polnischer Kul­tur (Schultze 1998, 146ff.; Fischer, Steltner 2011). Aus der Perspektive des deutschen Theaters, das sein Denken vor allem mit Bezug auf das Konzept des Epischen und Politischen des Brecht’schen Theaters (und folglich in Opposition zum Ideendrama und aufgrund einer radikalen Negierung der romanti­schen Tradition) veränderte, werden Begriffe wie „Innerlichkeit“ oder „geistige Tiefezumeist mit Metaphysik gleichgesetzt und abgelehnt. Daher haftete dem polnischen Theater im geteilten Deutschland das Etikett „fragwürdiger Realismus“ an (Fischer, Steltner 2011, S. 213). Eine me­taphysische Sichtweise lässt in der Brecht’schen Tradition nicht nur jeglichen Erkennt­niswert vermissen, sie steht vielmehr im Widerspruch zur Erkenntnis, die ihrerseits eine Vorbedingung für Veränderung ist.

In der polnischen Kultur ist der Begriff „metaphysisch“ nicht negativ besetzt, sondern eher ein Synonym für tiefgründige Analyse. Eine Perspektive, die Wissenschaft, Kunst und geistige Sphäre miteinander verbindet, wird als komplexe Darstellung eines Pro­blems und nicht als Widerspruch verstanden und gedeutet. Nach Stanisław Ignacy Witkiewicz (1885‒1939) – dem Schriftsteller, Maler und Theatermacher der Zwischen­kriegszeit – ist die „metaphysische Unruhe“ eine Voraussetzung dafür, dass der Einzelne sich existentielle Fragen stellt und der Erkenntnisprozess beginnt (Skwara 1992, S. 3ff.; Fischer, Steltner 2011, S. 50ff., 101ff., 130ff.).

Wiktor Rubin (geb. 1978), ein Vertreter der jungen Regisseuren-Generation, von Haus aus Philosoph und Soziologe, beschreibt sein Theater, das er als kritisches Theater be­zeichnet, wie folgt:

Es ist so etwas wie mein Manifest, das sich auf den kritischen Umbruch in den bildenden Künsten beruft, der in den 1990er Jahren stattgefunden hat […]. Die Werke von [Katarzyna] Kozyra, [Artur] Żmijewski und [Katarzyna] Górna [Vertreter der kritischen Kunst nach 1989 – M.Z.] produzierten keine Schön­heit, sie brachen mit dem Ästhetizismus. Für diese KünstlerInnen standen gesellschaftliche Fragen im Vordergrund, Themen wie Gewalt, Unterdrückung, Feminismus, die Benachteiligung behinderter Personen. Sie behandelten diese Themen oft auf eine für die Gesellschaft drastische Weise. Ihr Postulat war es, mit dem gedankenlosen Automatismus der Rezeption Schluss zu machen, mit unseren Gewohnheiten zu spielen. Inspiriert von den Arbeiten dieser AutorInnen wage ich zu behaupten, dass ich ein kritisches Theater praktiziere. […] [I]ch bin in meinen Inszenierungen bemüht, die drei wichtigsten Ebenen – die persönliche, gesellschaftliche und metaphysische – zu berücksichtigen. Für Letztere begann ich mich erst vor kurzem zu interessieren. Doch es gibt etwas, was dafür verantwort­lich ist, dass die menschliche Erfahrung sich den Erklärungen im Rahmen ratio­naler Strukturen und wissenschaftlicher Theorien entzieht. Entscheidend ist, wie wir diese Erfahrung zeigen und worin wir sie sehen. […] Die heutige Ikonografie der Metaphysik ist eine andere als in den Filmen von Bergman, der auf eine sehr spezielle Weise nach Tiefe sucht (Rubin, Kowalski 2007).

Ein weiteres Beispiel für die auseinandergehenden Erwartungshorizonte (im Sinne von Jauss) und Definitionen zentraler Erkenntniskategorien, die in den behandelten Thea­terfeldern (nicht) sanktioniert werden, führt Uta Schorlemmer an. Die Autorin analy­siert die Reaktionen des Publikums und der Kritik in Frankreich (Festival d’Automne 1998) und Deutschland (Bonner Biennale 2000) auf Krystian Lupas Broch-Zyklus nach Hermann Brochs Schlafwandler (1995: Schlafwandler. Esch oder Die Anarchie/Lunatycy. Esch, czyli anarchia und 1998: Schlafwandler. Huguenau oder Die Sachlichkeit/Lunatycy. Huguenau, czyli rzeczowość, Stary Teatr, Krakau). Schorlemmer erklärt die Unterschiede wie folgt:

In Paris wurden die Gastspiele von Esch oder Die Anarchie und Huguenau oder Die Sachlichkeit im Rahmen des Festival d’Automne 1998 begeistert von Publikum und Kritik aufgenommen: „Als ob auf dieses Stück gewartet wurde“. […] Während die Inszenierung in Paris einen fulminanten Erfolg feierte, war ihre Aufnahme bei der Bonner Biennale 2000 eher verhalten. Während z. B. im überwiegenden Teil der deutschen Rezensionen über die Überlänge der Vorstellungen gestöhnt wird, ist man in Paris fasziniert vom dortselbst mangelnden „langen Atem“ dieses work in progress, der ein In-die-Tiefe-gehen ermöglicht. […] Es ist interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die Erwartungen an Theater in den drei Nachbarländern Polen, Deutschland und Frankreich zu sein scheinen, was mir am Spektrum der Rezensionen zu Lupas Broch-Inszenierung einmal mehr deutlich wurde. In Frankreich, sehr ähnlich wie in Polen, ist die Rezeption von Lupas Schlafwandlern emotional bzw. von der Metaphysik der Aufführung her geprägt, hinter der sich eine Art Magie des Noch-nicht-Verstehens, der (noch) ratlosen Ahnung von vielleicht Unausdrückbarem verbirgt. Dem entgegen hält man in Deutschland Ausschau nach eher rational erfassbaren Antwortversuchen als Reaktion auf mangelhaftes individuelles Krisenmanagement (Schorlemmer 2003, S. 217f.).

Teil I

Die 1990er Jahre: Das Theater der Transformation und die Transformation des Theaters

Die 1990er Jahre waren die erste Dekade einer umfassenden gesellschaftspolitischen Transformation und eines dynamischen Mentalitätswandels in Polen. Die Demokratisierungsprozesse und radikalen Wirtschaftsreformen mussten die Folgen einer tiefen Krise bewältigen, die bis in die Mitte der 1970er Jahre zurückreichte. Der wirtschaftli­che Einbruch in der Volksrepublik Polen ließ allmählich alle Bereiche des „real existierenden Sozialismus“ erodieren, was eine Delegitimierung der Staatsmacht zur Folge hat­te. Der Tiefpunkt wurde mit der Einführung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 und der Repression der Solidarność-Bewegung erreicht. Die neunzehn Monate lange Phase des Kriegszustandes wirkte lähmend und erzeugte – nachdem die gesellschaftli­che Handlungsfreiheit brutal unterdrückt wurde – gesellschaftliche Apathie (Friszke 2014).

Der übergreifende Erosionsprozess, vom Theater (und der Literatur) als Zerfall der gesellschaftlichen Bindungen und der kommunikativen Gemeinschaft interpretiert, wurde Mitte der 1990er Jahre auf der Bühne thematisiert. Die Beschäftigung des The­aters mit dem Problem der gesellschaftlichen Anomie und Entfremdung markiert eine neue Phase seiner Entwicklung (Krakowska 2019, S. 77ff.).

Nach 1989, also mit der symbolischen Zäsur des gesellschaftlichen und politischen Umbruchs, standen die TheatermacherInnen (und die Kulturschaffenden im Allgemeinen) vor einer Reihe von Herausforderungen – dazu zählte auch eine umfangreiche, mehrstufige Organisationsreform der öffentlichen Theater. Die letzte Phase der Reorganisation des öffentlichen Theaters fiel mit der Wiedereinführung der kommunalen Selbstverwaltung in Polen (1999) zusammen. Ihr Ziel war es, den Rahmen, in dem die Theater arbeiteten, abzuwandeln. Mit der institutionellen Reform wurden auch die Regeln zur Finanzierung des öffentlichen Theaters geändert (Krakowska 2019, S. 63). In der Praxis bedeutete dies u. a., dass die Zahl der Stellen in den Theatern reduziert wurden. 2001 wurde der Stellenabbau auf etwa dreißig Prozent beziffert (Płoski 2010). Die Reform der Theater verlief parallel zum Prozess der staatlichen Dezentralisierung, zur Demokratisierung des öffentlichen Lebens und führte zur systematischen Ausweitung des Kulturfeldes, zu dessen Demokratisierung, Egalitarisierung und Pluralisierung (Krakowska 2019).

Zusätzlich erschwert wurde die Situation der polnischen Bühnen in den 1990er Jahren durch einige andere Probleme, die zum Erbe der Volksrepublik Polen gehörten. Eines dieser Altlasten war der Kollaps des Theaterlebens nach der Verhängung des Kriegsrechts, die zur Schließung der Theater, zu einer verstärkten Kontrolle der Zensur, zur Überwachung der SchauspielerInnen, die die Regimemedien boykottierten, sowie zur Entlassung der TheaterdirektorInnen führte, die entweder den Schauspielerboykott offen unterstützten oder sich weigerten, gegen die SchauspielerInnen disziplinarisch vorzugehen.

Die rasche Bewältigung des Kollapses wurde durch die sich verschlechternde Wirtschaftslage, und dann, nach 1989, durch die rund eine Dekade anhaltende institutionelle Instabilität und Unterfinanzierung der polnischen Theater deutlich erschwert. Das zweite Problem waren die Spaltungen in der Theater-Community, die als Langzeitfolgen der beklemmenden Atmosphäre des Kriegsrechts bezeichnet werden können. Viele der Konflikte in den 1990er Jahren waren eine Fortsetzung der unterschiedlichen Positionen, die die Theaterschaffenden während und nach dem Kriegsrecht eingenommen hatten. Diese blieben auch nicht ohne Bedeutung für das Klima, in dem sich der Um­bau des öffentlichen Theatersystems in Polen vollzog und die Auseinandersetzungen im Theaterfeld ausgetragen wurden, für das die Zäsur von 1989 ein Neuanfang unter grundsätzlich veränderten Vorzeichen war: ein demokratischer Staat mit gesetzlich gesi­cherter Meinungsfreiheit, das heißt außerhalb der Kontrolle eines „hierarchisierten, bü­rokratischen Machtapparates, der durch ein repressives System, […] ein Informationsmonopol und eine institutionelle Zensur verstärkt wurde“ (Hopfinger 2017, S. 16).

Polen stand vor komplexen Umwälzungen: sozialpolitischer, wirtschaftlicher und kulturgeschichtlicher Natur. Eine der wichtigen Herausforderungen war die Zusammenführung von verschiedenen Kreisläufen der literarischen Kommunikation, die zum Teil im Exil, nach 1976 im „zweiten Umlauf“ und danach (in den 1980er Jahren) im „dritten Umlauf“ stattfand (Dorosz 1992). Der einmalige Prozess der Etablierung der „Gegenöffentlichkeit“ (Untergrundliteratur, -presse, von der Zensur verbotene Filme) erfolgte jedoch ohne spektakulären Publikumszuspruch. Die radikalen Öffnungen des kulturellen, verlege­rischen und medialen Feldes beschleunigten die Veränderung der Wertevorstellungen, die für die Gewinnung von Prestige und gesellschaftlicher Anerkennung (im Sinne von Bourdieu) von Bedeutung waren (Bałaga 2021, S. 5ff.). Die Vielfalt der Medien samt massiver Werbung, also Massenkultur und Konsumismus, hatten für breite Schichten der Gesellschaft den Hauch von etwas Neuem und übten viel größere Anziehungskraft aus als die „überhol­ten“ Debatten, die vor knapp einer Dekade „im Untergrund“ geführt wurden.

Nicht ohne Bedeutung für die Neuordnung des Kulturfeldes war schließlich, dass diese Ende des 20., Anfang des 21. Jhs. mit der „Krise der Meisternarrative“(Czapliński 2007, S. 34ff.), den Diagnosen der flüchtigen/flüssigen Moderne und der sie begleitenden quälenden Ungewissheit − d. h. der Unmöglichkeit einer „stabilen Identitätsgestaltung“ einherging (Bauman 2007).

Dies beeinträchtigte die seit Anfang des 19. Jhs. konstruierte „innere Kohärenz“ der kulturellen Narration (Schultze 1998, S. 146), die die Literatur dazu verpflichtete, die Vorstellung einer Gemeinschaft zu entwerfen und das sinnstiftende Narrativ ihrer (Weiter-)Existenz ständig fortzuschreiben. Die Formel dieser „vorgestellten Gemeinschaft“ (Anderson 1997) verlor ihre Gültigkeit durch die reale, radikale gesellschaftliche Veränderung. Die gesellschaftlichen Probleme, mit denen man sich nach 1989 herumschlug, waren von den tradierten Narrativen und Deutungsmustern aus weder erkennbar noch beschreibbar (Kuisz 2018). Es galt, die Perspektive, die Form und die Sprache radikal zu erneuern, und die eigene Sichtweise kritisch zu befra­gen (Czapliński, Śliwiński 1999; Janion 2000, 2006; Gosk, Kraskowska 2013). Folglich musste man sich damit abfinden, dass in der polnischen Prosa keine „ver­bindende Narration“ entstand, die dem historischen Umbruch gerecht worden wäre (Browarny 2007, S. 231ff.).

Notwendige Zusammenführung und die „großen RückkehrerInnen“

Zu dieser Zeit findet im kulturellen Raum ein ständiger Kampf um die Autonomie des Feldes gegenüber der Wirtschaft und der Politik statt. Mit der Etablierung neuer Akteu­re im Feld beginnt der Prozess der Erweiterung des kulturellen Feldes (Lewicki et. al. 2017). Im Theaterfeld wurde die Vorstellung, das Theater greife aktuelle Probleme auf (mit denen die Gesell­schaft zu tun hat), von einem wachsenden Spannungsverhältnis zweier widerstreitender Auffassungen begleitet: die Erneuerung des Theaters durch „Zusammenführung“ (und Fortsetzung) oder die Erneuerung durch einen „Bruch“ mit dem bisherigen Modell der Kommunikation mit dem Publikum und eine neue Theatersprache (Krakowska 2019).

Die neue Situation im Theaterfeld im ersten Jahrzehnt nach 1989 lässt sich jedoch nicht einfach auf die binäre Opposition „Häresie“ (Moderne, Offenheit) versus „Orthodoxie“ (Traditionalismus, Geschlossenheit) reduzieren (Bourdieu 2007, S. 317). Es erschien notwendig, einen erneuerten Kanon (der Klassik, der modernen Avantgarde der 1920er und 1930er Jahre, des zeitgenössischen Dramas der 1960er und 1970er Jahre) zu bilden und ihm Gültigkeit zu verleihen, die „Inseln der Meister“ (Gruszczyński 2003) anzuerkennen, wie auch die Tradition des „alterna­tiven Theaters“ aufzuwerten, das seinen Ursprung in den gegenkulturellen Strömungen Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre hatte, auf die sich das heutige polnische Off-Theater bezieht (Ostrowska, Tyszka 2008).

Dieses Bedürfnis nach einem erneuerten und durchaus „konsekrierten Kanon“ (im Sinne von Bourdieu) ist das Ergebnis der Zensur und mit ihr der Entstellungen des Theaterfeldes im Rahmen der gegen die Kulturschaffenden gerichteten Repressionen in der Volksrepublik Polen. So konnte zum Beispiel erst 1989 eine vom Autor autori­sierte Auswahl der wichtigsten Theatertexte von Jerzy Grotowski (1933−1999) in Polen erscheinen. Sie enthält Texte aus den Jahren 1965−1969 (Teksty z lat 1965−1969), ein­schließlich Grotowskis zentralen Manifest Für ein armes Theater (Ku teatrowi ubogiemu) von 1965. 1990 bereiteten die Herausgeber des Bandes (Degler/Osiński) in Zusammenarbeit mit Grotowski eine zweite überarbeitete Auflage vor. 1989 wurde in Wrocław auch das Zentrum für theatrale und kulturelle Experimente und die Erforschung des Werkes von Grotowski (Ośrodek Badań Twórczości Jerzego Grotowskiego i Poszuki­wań Teatralno-Kulturowych) gegründet, seit 2006 das Grotowski-Institut (Instytut Grotowskiego). Das Zentrum dokumentiert und popularisiert das Wirken Grotowskis, indem es „künstlerische und wissenschaftliche Projekte durchführt, die sich mit den kreativen Praktiken Jerzy Grotowskis auseinandersetzen“( Siehe https://grotowski-institute.pl/). Grotowski, der 1982, nach der Verhängung des Kriegsrechts, emigrierte, kehrte nicht mehr nach Polen zurück. 1985 gründete er das Workcenter of Jerzy Grotowski in Pontedera in der Toskana und wurde 1997 Dozent für Theateranthropologie am Collège de France. Von 2004 bis 2007 wurden in der Theaterzeitschrift Didaskalia. Gazeta Teatralna die von ihm gehaltenen Vorlesungen (Grotowski-Vorlesungen am Collège de France/Wykłady Grotowskiego w Collège de France) veröffentlicht. Grotowski starb Anfang Januar 1999 in Pontedera, seine Asche wurde – gemäß seinem letzten Willen – über Indien verstreut.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre war Tadeusz Kantor (1915−1990) und sein Cricot-Theater 2 international äußerst aktiv. Sein Tod im Dezember 1990 (während der Proben zu einer weiteren Aufführung) tat der intensiven Rezeption seines Werkes keinen Abbruch (Siehe cricoteka.pl/pl/bibliography), auch wenn mit dem Tod des Schöpfers des Happening-Theaters und zum Vorläufer der Postdramatik erklärten Theaterreformers ein Kapitel der Theaterge­schichte zu Ende ging (Lehmann 2004, S. 105‒111; Kröplin 2013, S. 233ff.; Michalik-Tomala 2020).

Anlässlich der Rückkehr von Sławomir Mrożek (1930−2013) aus dem Exil fand 1990 in Krakau ein zweiwöchiges, internationales Mrożek-Festival statt, das von der Jagiel­lonen-Universität, dem Stary Teatr und der Staatlichen Theaterhochschule in Krakau organisiert wurde. Jerzy Jarockis (1929−2012) Inszenierung von Mrożeks Liebe auf der Krim (Miłość na Krymie) am Teatr Narodowy in Warschau 2007 (das Stück entstand 1993) und die Neuinszenierung von Tango zwei Jahre später sorgten endgültig dafür, dass Mrożek konsekriert und kanonisiert wurde. Zudem war es die Krönung der ein halbes Jahrhundert währenden Zusammenarbeit beider Künstler, die eng verknüpft war mit wichtigen geschichtlich-politischen Wendepunkten. In der Tauwetter-Periode (nach 1956) führte Jarocki Mrożeks Stück Die Polizei (Policja) auf. Dreißig Jahre später, An­fang 1988, inszenierte der Regisseur am Krakauer Stary Teatr Das Porträt (Portret), (Das Porträt, Regie: Jerzy Jarocki, Stary Teatr, Krakau 1988). Das Drama nimmt den Bankrott des „real existierenden Sozialismus“ vorweg, vor allem aber beschuldigt das System der Hypokrisie und des Zynismus, die die Individuen jahr­zehntelang korrumpiert und ruiniert haben.

2015 wurden im Wiener Pygmalion Theater, im Rahmen des internationalen Projekts – Mrożek tribute –, vier Dramen Mrożeks rekontextualisiert, neu interpretiert und wie­derbelebt (siehe Mrożek tribute im Pygmalion Theater Wien in einem gemeinsamen Projekt mit dem Polnischen Institut Wien (8. bis 25. April 2015), (Siehe www.pygmaliontheater.at). 1990 kehrte auch Theater des Achten Tages (Teatr Ósmego Dnia) aus dem Exil zurück. Das alternative Theater wurde 1964 von einer Gruppe der Polonistik-Studierenden der Universität in Poznań gegründet. Die Mitglieder des Ensembles, die nach dem Auftrittsverbot der Theatergruppe in den 1980er Jahren (infolge des Kriegsrechts in Polen) emigriert waren, traten im Rahmen des europäischen Wanderfestivals Mir Caravane ’89 erstmals wieder in Polen auf, was den Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki (1927−2013) und die Kulturministerin Izabella Cywińska (1935–2023), ehemals Direktorin des Teatr Nowy in Poznań (Posen), dazu bewegte, die KünstlerInnen offiziell zur Rückkehr nach Polen einzuladen (Skorupska 2021).

Das Bedürfnis der Theaterschaffenden, den abgebrochenen Dialog mit den AltersgenossenInnen wieder aufzunehmen.

In der ersten Dekade nach 1989 ging es nach den Jahren des Katz- und Maus-Spiels mit der Zensur und der augenzwinkernden Verständigung mit dem Publikum – was unter anderem durch äsopische Sprache, subtile Anspielungen und diverse subversive Strategien erreicht wurde – auch um die volle Ausschöpfung der künstlerischen Freiheit (Fik 1993). Jerzy Grzegorzewski (1939−2006) und Jerzy Jarocki nahmen die abgebrochenen Dialo­ge mit den Klassikern des zeitgenössischen Theaters wieder auf. Jarocki führte Witold Gombrowiczs (1904−1969) Werke in den Kanon ein. Die Trauung (Ślub), die er 1991 am Stary Teatr in Krakau inszenierte, war das erste Stück, zu dem der Regisseur nach über dreißig Jahren zurückkehrte. Ein Jahrzehnt später verknüpfte Jarocki Gombro­wiczs Schaffen und Biografie in zwei Inszenierungen, die er am Teatr Narodowy in War­schau auf die Bühne brachte – in Umherirren (Błądzenie, 2004) und Kosmos (Kosmos, 2005). Erstere wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Sonderpreis der 30. Oppelner Theaterkonfrontationen (Lebendige Klassik, 2005) für den „Versuch einer Synthese von Witold Gombrowiczs Werk“.

Jerzy Grzegorzewski wiederum kehrte 1993 mit dem Ensemble des Teatr Polski in Wrocław zu Tadeusz Różewiczs Werk (1921−2014) zurück. Der Tod in der alten Dekora­tion (Śmierć w starych dekoracjach), bei dem Grzegorzewski 1978 Regie führte, feierte auf dem 19. Festival für Zeitgenössische Polnische Stücke in Wrocław seine Urauffüh­rung und wurde ebendort in den Kategorien Inszenierung und Musik ausgezeichnet. Über die Aufführung berichtete Elżbieta Morawiec in der Theaterzeitschrift Dialog im Oktober 1980 (das Zitat stammt aus dem Programmheft des Eingefangenen (Złowiony) von 1993):

Im Teatr Polski in Wrocław, einem großen Saal mit zwei Balkonrängen, kehrte Regisseur Grzegorzewski die Anordnung zwischen Zuschauerraum und Bühne um. Das Publikum platzierte er auf der Bühne, während die Handlung sich im gesamten Zuschauerraum abspielte. Dies charakterisiert in groben Zügen den Typ von Theater, den Grzegorzewski betreibt – es ist ein Theater, das sich von der illusionären Konvention der vierten Wand verabschiedet hat, ein Theater, das seine Theatralität zur Schau stellt. Und indem es uns Zuschauer auf die Bühne setzt, fügt es uns organisch, als stumme Schauspieler, in das Geschehen ein (Morawiec 1993). 

Fünfzehn Jahre später, als Grzegorzewski den Eingefangenen (Złowiony) aufführte, wiederholte und intensivierte er diesen Inszenierungseinfall. Der Eingefangene ist eine Bühnencollage, die sich aus Texten von Różewicz, Goethe, Dante und Vergil sowie Różewiczs Kommentaren zu den Filmen von Fellini, Visconti und Welles zusammen­setzt. 2004 kehrte Grzegorzewski – mit der Inszenierung von Seelchen (Duszyczka) am Teatr Narodowy – ein weiteres Mal zu Różewicz zurück. Diese war eine Art Post­skriptum zu der Aufführung in Wrocław. Auch Seelchen ist eine Collage – diesmal aus Texten von Różewicz, Goethe, Beckett und Joyce sowie zahlreichen Selbstzitaten aus früheren Inszenierungen. Die Aufführung fand in einem Gang unter der Wierzbowa-Straße (ulica Wierzbowa) statt, der die beiden Bühnen des Teatr Narodowy miteinan­der verbindet und für den Transport von Bühnendekorationen genutzt wird. Dies ist eine klare Anknüpfung sowohl an die Inszenierung von 1978 als auch an den Titel des Werkes von Różewicz – Der Tod in der alten Dekoration und die Collage-Struktur von Kartothek sein 1961 uraufgeführtes Drama (Schultze 1993). Die Wahl dieses nicht-szenischen und anti-spektakulären Raumes kann als wesentlich radikalere Geste als der Tausch von Zuschauerraum und Bühne gedeutet werden. Die Aufführung wurde zwei Jahre später in Wrocław (in den Kellerräumen am Nowy-Targ-Platz) im Rahmen der Feiern zum 85. Geburtstag von Tadeusz Różewicz gezeigt und gehört immer noch zum Repertoire des Teatr Narodowy in Warschau.

Das dramatische und lyrische Werk von Różewicz wurde sowohl auf west- als auch ostdeutschen Bühnen seit den 1960er Jahren rezipiert (Fischer, Steltner 2011, S. 205ff.). Nach Erscheinen des Bandes Schwarze Gedanken? Zum Werk von Tadeusz Różewicz (hg. von Hartmann/Woldan, 2007) bezeichnete Thomas Irmer in seiner Rezension des Buches Różewicz als „Pa­ten des Postdramatischen“ und nahm die Rezeption seines dramatischen Schaffens im deutschsprachigen Raum in den 1960er und 1970er Jahren kritisch unter die Lupe (Irmer 2008). Tadeusz Różewiczs letztes Drama, Die Falle (Pułapka), ins Deutsche übertragen von dem befreundeten Übersetzer Henryk Bereska (1926−2005), ist eine Annäherung an die Biografie Franz Kafkas (1883−1924) aus der Perspektive seiner Generation – der um 1920 geborenen. Das Drama dient als Vorwand, um sich mit dem Thema der Erinne­rung an den Holocaust (Hartmann 2009), der eigenen Identität und dem Selbstverständnis des Dichters/Künstlers zu befassen – es noch einmal durchzudenken. In den 1990er Jahren war das Stück auf internationalen Festivals zu sehen: Jerzy Grzegorzewski präsentierte Die Falle im Rahmen der Wiener Festwochen 1991, während Jerzy Jarocki Die Falle 1994 auf der Bonner Biennale „Neue Stücke aus Europa“ zeigte (Langenmeyer 2003, S. 188ff.).

Eine Art Epilog.

Eine der bedeutendsten Inszenierung des Umbruchs 1989/1990 ist Hamlet/Maschine (März 1990, Deutsches Theater, Berlin) von Heiner Müller (1929−1995). Die achtstün­dige (und nach mehr als zwanzig Jahren später „kanonisch“ gewordene) Aufführung handelt von den Traumata der Vergangenheit aus Sicht der alten, zerfallenden und der gerade im Entstehen begriffenen neuen Ordnung: zwischen dem Fall der Mauer und dem formalen Vollzug der Wiedervereinigung. Die sich dynamisch verändernde Situation zwang Müller, sein Konzept zu ändern. Die ursprünglich intendierte, gegen die Staats- und Parteiführung der DDR samt Zensur- und Unterdrückungsapparat gerich­tete Subversion der Aufführung war mit einem Mal gegenstandslos. Die innovative Form von Hamlet/Maschine ermöglichte es jedoch, die einzelnen Inszenierungselemente – den Umständen entsprechend – umzustrukturieren und die Grundaussage des Stü­ckes zu verändern. Deshalb endet das Stück mit einer chiffrierten, vernichtenden Visi­on der Vergangenheit (Ophelia/Elektra) und einer ungewissen Zukunft. Die Funktion des Epilogs kommt dem Intertext, und zwar Zbigniew Herberts (1924−1998) Gedicht Fortinbras’ Klage (Sugiera 2000, S. 7ff.; Walerich-Szymani 2004). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die zwei, für die Aussage des Stücks entscheidenden Stimmen – Ophelia/Elektra und Fortinbras – am Schluss vom Band wiedergegeben, d. h. vom szenischen Raum ausgeschlossen werden und somit als Kommentare auf der Metaebene interpretiert werden können. Mit der Neutralisie­rung der Ironie des Gedichts von Herbert (Burba 2017, S. 227) werden die Fundamente von Fortinbras’ Welt in Frage gestellt – verändert sich auch dessen subversiver Charakter. Das Gedicht ersetzt Fortinbras’ Rede, die aus Shakespeares Hamlet bekannt ist:

Gesetzt wird dieses Ende durch den vom Band noch einmal eingespielten Ab­sagemonolog Ophelias/Elektras aus der Hamletmaschine und das Gedicht Fortin­bras’ Klage des polnischen Dichters Zbigniew Herbert; das Schlusswort des über die von Hamlet hinterlassenen Leichenberge nach der Macht greifenden Fortin­bras dagegen ist in Müllers Inszenierung gestrichen (Eke, 2017, S. 267f.).

Fortinbras’ Klage ist nach dem Monolog Ophelias/Elektras, die sich von den Traumata der Vergangenheit zu erholen versucht, aus dem Off zu hören. In dem Augenblick, in dem sich Fortinbras – eine stumme Gestalt in goldener Maske – über Hamlets Leich­nam beugt, erklingen die letzten Verse: „Wir können uns weder Willkommen noch Abschied sagen wir leben auf Archipelen / und dieses Wasser die Worte was sollen was sollen sie Prinz“ (Herbert 2016, S. 216f.). Thomas Irmer, nach der Bedeutung Fortinbras’ in Müllers Stück gefragt, beschreibt die traditionelle Interpretation dieser Figur folgendermaßen: „Abgesehen von dem aktuellen, politischen Hintergrund, war Fortinbras auch ein Bild für eine technische, überlegene, fortgeschrittene Zivilisation im Allgemeinen“ (Irmer 2010, S. 165). Aus Berli­ner Perspektive im März 1990 war klar, dass nichts das Rad der Geschichte aufzuhal­ten, geschweige denn zurückzudrehen vermochte. Es war offensichtlich, dass eine fun­damentale Veränderung, sprich: das Ende der DDR, bevorstand. Blieb nur die Frage: Wie sollte es weitergehen? Das durch die Müller’sche Theater-Maschine anverwandelte Herbert-Gedicht erlaubt – emotionslos – aus der Metaperspektive eine Atmosphäre des In-der-Schwebe-Seins, der Unentschiedenheit zu vermitteln. Die Opposition Hamlet/Fortinbras – freies Denken, Ideen- und Wahrheitstreue versus Macht, Technokratie und das Recht der Stärke – verliert in der Schlussszene an Deutlichkeit. Zum Ausdruck kommt die Ambivalenz des historischen Augenblicks – was ist das Eigene und was das Fremde? Wofür soll/kann man sich nun einsetzen?

Heinrich Olschowsky, der die Reaktionen der literarischen Kreise, darunter Bertolt Brechts (1898−1956), auf die Tauwetter-Periode untersuchte, gibt einen interessanten Interpretationshinweis. Herberts Gedicht entstand unmittelbar nach den Veränderun­gen von 1956, was es berechtigen würde, eine Parallele zwischen 1956 und 1989/1990 zu ziehen. Zwei Monate vor seinem Tod veröffentlichte Bertolt Brecht seinen Essay Bemühungen, in dem er Rechenschaft über sein Verhältnis zum Stalinismus ablegte. Er bekannte, sich durch sein Schweigen nach der Aufdeckung der stalinistischen Verbre­chen mitschuldig gemacht zu haben. Sein Essay erschien jedoch in gekürzter Form – der Schlüsselsatz wurde von Johannes R. Becher (damaliger Minister für Kultur, ZK- Mitglied und Dichter) zensiert. Seine Position machte ihm möglich Korrekturen in den Korrekturspalten vorzunehmen (Olschowsky 2015, S. 103). Becher hatte ebenfalls geschwiegen, als in Schaupro­zessen Wolfgang Harich (1923−1995), Walter Janka (1914−1994) und andere VertreterInnen der literarischen Welt, die sich für eine Liberalisierung des kulturellen Lebens in Ostdeutschland eingesetzt hatten, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden (Olschowsky 2015, S. 114, 126). Bekanntlich wurde auch Heiner Müller unter Druck gesetzt und sein Schaffen regelmä­ßig zensiert. Als 1989 die Proben zu Hamlet/Maschine anliefen, war das Stück offiziell immer noch verboten. Das Zitieren von Herberts Gedicht in der Schlusssequenz bringt die Situation in der DDR im Jahr 1956 in Erinnerung: den Terror der Schauprozesse, die Reideologisierung der Literatur, die Abgrenzung von emanzipatorischen Prozessen und Freiheitsbestrebungen in anderen Ländern Mittelosteuropas (Olschowsky 2015, S. 114). Aus dieser Perspek­tive geben die Ereignisse von 1989/90, die das Ende der DDR besiegelten, keinen Anlass zu Sentimentalitäten. Sie lassen es als gerechtfertigt erscheinen, das letzte Wort einem Anderen, dem Dichter zu überlassen.

Teil II

Transferrouten: Tel Aviv – München – Wien; Wien – München – Łódź; München – Tel Aviv – Wien – Łódź – Krakau – Warschau.

Ab Anfang der 1990er Jahre werden Stücke österreichischer Autorinnen und Autoren auf polnischen Bühnen aufgeführt, die Theaterzeitschrift Dialog publiziert regelmä­ßig neue Übersetzungen und alljährlich erscheinen Anthologien mit zeitgenössischen österreichischen Theaterstücken. Das Fernsehtheater bietet dabei die Möglichkeit, ein breiteres Publikum zu erreichen. Gemein ist den polnischen und österreichischen „Nest­beschmutzerInnen“ vor allem die gesellschaftskritische Perspektive, sei es bei der Entlar­vung von Mythen der Vergangenheit oder bei der eingehenden Analyse des Individuums im Kontext seiner familiären und gesellschaftlichen Beziehungen (Szczepaniak 2014; Szymańska 2019).

Die polnischen TheaterbesucherInnen (breiter: Rezipienten), brauchten eine gewisse Zeit, um sich mit der Sprache und markanten Persönlichkeit von Elfriede Jelinek (geb. 1946) vertraut zu machen. In den letzten zehn Jahren entstanden mehr als zwanzig Inszenierungen und wurden mehrere Dutzend Bücher mit Jelineks Werken (Stücke, Prosa und Gedichte) sowie noch einmal so viele Bände mit kritischen Texten und wis­senschaftlichen Studien herausgegeben. Mit dem Durchbruch Jelineks auf polnischen Bühnen traten auch neue Regisseurinnen in Erscheinung: z. B. Maja Kleczewska (geb. 1973), die regelmäßig Werke der österreichischen Autorin inszeniert (Babel 2010, Podróż zimowa/Winterreise 2013, Eurydyka mówi/Eurydike sagt 2014, Wściekłość/Wut 2016). Als Kleczewska 2017 auf der Theaterbiennale in Venedig mit dem Silbernen Löwen in der Kategorie Theater ausgezeichnet wurde, stand in Polen Elfriede Jelinek gerade mit ihrem Stück Rechnitz. Anioł Zagłady/Rechnitz. Der Würgeengel im Mittelpunkt des kulturellen Geschehens.

Die positive Resonanz, die das Stück Rechnitz (übers. von Monika Muskała) damals auslöste – es war nicht nur ein Theater-, sondern auch ein Medienereignis –, zeigt auch, welchen Weg nicht nur das polnische Theater, sondern auch das Kulturfeld in den letz­ten drei Jahrzehnten zurückgelegt hat. Dies betrifft das Theaterpublikum, die Lieb­haberInnen klassischer Musik und alle am Kulturleben Teilnehmenden. Rechnitz. Der Würgeengel wurde im Januar 2017 am Teatr Rozmaitości in Warschau (TR Warszawa) – von ebenfalls mehrfach ausgezeichneten Regisseurin, Katarzyna Kalwat – als „offene Leseprobe“ vorbereitet (Siehe https://trwarszawa.pl/). Anschließend wurde die Inszenierung im September 2018 am Nowy Teatr in Warschau, im Rahmen des 61. Internationalen Festivals für Zeitgenös­sische Musik, Warschauer Herbst, mit Musik von Wojciech Blecharz, als performative Oper, Rechnitz. Opera – Anioł Zagłady (Rechnitz. Oper – Der Würgeengel) aufgeführt. Ein Jahr später feierte eine erweiterte Fassung von Rechnitz ihre Theaterpremiere TR Warszawa, Februar 2019 (Szymańska 2019, S. 302f.). Alle Inszenierungen fanden mit Diskussionen und anderen begleitenden Veranstaltungen statt.

Rechnitz ist ein Musterbeispiel für heutigen multiway-Transfer, der eine verzweigte Rou­te nimmt und mehrdimensionale Resonanz findet. Dieser lässt sich weder auf eine oder zwei Kulturen noch auf ein Kulturfeld reduzieren. Der Erfolg geht dabei nie auf eine konkrete Person (des Autors/der Autorin oder des Regisseurs/der Regisseurin) zurück. Jelineks Stück Rechnitz war in Polen erstmals 2009 auf dem Festival Dialogs der Vier Kulturen (Dialog Czterech Kultur) in Łódź zu sehen seit 2010 Łódź der Vier Kulturen (Szymańska 2019, S. 302). Die Inszenierung stammte vom Schweizer Regisseur Jossi Wieler (geb. 1951), der an der Universität Tel Aviv Regie studiert und anschließend an Schweizer und deut­schen Theatern gearbeitet hatte. 2009 erhielt er für Rechnitz den Wiener Nestroy-The­aterpreis in der Kategorie „Beste deutschsprachige Aufführung“. Das Stück hatte 2008 an den Münchner Kammerspielen Premiere gefeiert.

2017/2018 kam es in Warschau zu einem „Kumulationseffekt“ des multiway-Transfers (Siehe Głowacka 2019). Es kreuzten sich verschiedene Transferrouten (München, Tel Aviv, Wien, Łódż und Warszawa); die Gatekeeper-Funktion kam dem Kultur-Festival in Łódź zu (Festivals sind bekanntlich die besten Gatekeeper im jeweiligen Kulturfeld, denn sie ziehen Zu­schauerInnen an, die offen sind für allerlei Experimente); die bisherigen Jelinek-Auffüh­rungen auf polnischen Bühnen als auch das von polnischen Philologinnen und Philo­logen systematisch übersetzte und vermittelte Schaffen der Autorin taten ein Übriges.

Das Malta-Festival, das Off-Theater und die Stimme der Zwanzigjährigen.

1991 wurde das Malta-Festival in Poznań gegründet – in Zusammenarbeit mit dem The­ater des Achten Tages (Teatr Ósmego Dnia), das an der Konzeption und Organisation des Festivals aktiv beteiligt war. 1994 erhielten die VeranstalterInnen des Festivals erst­mals einen Zuschuss aus dem EU-Kulturförderprogramm Kaleidoskop, und die Zahl der Aufführungen wuchs auf über hundert. 1996 wurde im Rahmen von Malta Off die Performance I love you der unabhängigen Theatergruppe Teatr Porywacze Ciał (Theater der Entführer der Körper) gezeigt, deren Ankündigungstext wie eine warnende Anti-Reklame klang: „Die Aufführung ist brutal und obszön, sie reizt zum Widerspruch, und am Ende wird der gegenseitige Hass nicht nur von den Schauspielern geteilt ...“ (https://archiwum.malta-festival.pl/). Diese Performance stieß die Entwicklung des neuen Theaters der jungen Generation an. Nicht zufällig gingen wichtige Impulse von einem jungen Off Theater aus, dazu im Rahmen eines Festivals, das an die Tradition der Alternativ- und Gegenkultur der 1960er und 1970er Jahre anknüpfte.

I love you von Porywacze Ciał (Theater Entführer der Körper) war dem britischen Shopping and Fucking [von Mark Ravenhill – M. Z.] (1999) auf polnischen Büh­nen um ein paar Jahre voraus. […] [M]an könnte sagen, beide Stücke setzten das Motiv der Gemengelage aus Konsum und Gewalt im polnischen Theater durch. […] Die SchauspielerInnen zogen das Publikum in dieses Spiel mit hinein und konkurrierten miteinander, wer von ihnen die meisten Zuschauer auf seine Seite zu ziehen vermochte: die Frau verlor, wurde vom Mann grausam geschlagen und misshandelt. Auf der Bühne fand eine totale physische und emotionale Destruk­tion statt. Konsum ging in Aggression über, Stabilität in Verwüstung (Krakowska 2019, S. 159, 157). 

Zum Schluss der Performance ertönte der Song Drunken Butterfly von Sonic Youth (Grenda 2013, S. 33). Auf diese Weise distanzierte sich die Stimme des „neuen Theaters“/des „jungen Theaters“ von der Vorstellung des Theaters als eines Tempels der Kultur und wandte direkt an die Generation, die mit Popkultur und Underground-Musik aufgewachsen war (Gruszczyński 2003, S. 23f; Fazan 2009, S. 2ff.). Andererseits richtete sich das in der Performance ostentativ benutzte primitive Englisch, das auf Eins-zu-Eins-Übersetzungen und Zitate aus der Werbung reduziert war, gegen jene Sprache, die in der Massenkultur dominiert, das Individuum degradiert und das Bild von der Wirklichkeit entstellt.

Das Theater als Zentrum der Debatte über die uns umgebende Welt.

Zu einem wichtigen Ort auf der Landkarte der theatralen Dezentralisierung und Inno­vation der 1990er Jahre und einer bedeutsamen Stimme in der Debatte über Exploration wichtiger Themen fürs Theater, wurde das Teatr Współczesny in Szczecin (Krakowska 2019, S. 300ff.). Das Repor­tage-Drama Der junge Tod. Mikrodramatische Etüden zu Pressethemen  Młoda śmierć. Mikrodramatyczne etiudy na tematy prasowe (Nawrocki 1995), von Grzegorz Nawrocki (1949−1998), Journalist und Reporter, der seit Ende der 1970er Jahre der demokratischen Opposition angehörte und im „zweiten Umlauf“ publizierte (er schrieb u. a. unter dem Pseudo­nym Marcin Step für die in West-Berlin in den 1980er Jahren erscheinende Monatszeit­schrift Archipelag), wurde als wichtigstes Ereignis der Spielzeit 1995/1996 angesehen. Die Inszenierung von Anna Augustynowicz (geb. 1959) 1996 am Teatr Współczesny in Szczecin wurde als „Vorbote einer neuen Dramaturgie, Thematik und Ästhetik auf der polnischen Bühne“ erkannt. Begründet wurde dies mit den innovativen formalen Lösungen (u. a. dem mannigfaltigen Einsatz von Bildschirm und Video-Projektionen auf der leeren Bühne) und den kommentierenden Songs (Krakowska 2019, S. 102ff.). Diese waren eine Art gerapp­tes Recycling der brutalisierten Sprache der jugendlichen Figuren und rekapitulierten die auf dem Bildschirm gezeigten tragischen Begebenheiten. Ein Jahr später inszenier­te Augustynowicz Werner Schwabs (1958−1994) Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos (Moja wątroba jest bez sensu). Der Blick ins Programmheft dieser Inszenierung erlaubt sie in einen breiteren Kontext einzuordnen und als Reflexion über den Zustand der Gesellschaft und Kultur am Ende des 20. Jhs. zu interpretieren. Die Begleitmateri­alien können einerseits als Schlaglichter auf das ausgehende 20. Jh. betrachtet werden, andererseits beleuchten sie mögliche Motive, auf Werner Schwabs Text zurückzugreifen, dessen Radikalität und Kompromisslosigkeit von großer Authentizität gekennzeichnet ist. Neben Corina Caduffs Text über Schwabs Werk enthält das Programmheft zwölf ausgewählte Zitate deutschsprachiger Autoren (u. a. von Robert Musil, Alfred Kubin, Ludwig Wittgenstein, Elias Canetti, Peter Handke, Paul Celan), die den Text des öster­reichischen Dramatikers in das literarische, philosophische und künstlerische Denken seit der Wende des 19./20. Jhs. einschreiben. Fünf Arbeiten des deutschen Installations- und Performancekünstlers, Martin Kippenberger (1953−1997), die im Programmheft abgedruckt sind, bilden einen zusätzlichen Kommentar. Die Premiere von (Volksvernich­tung oder) Meine Leber ist sinnlos am Teatr Współczesny in Szczecin fand am 21. März 1997, zwei Wochen nach Kippenbergers Tod statt (Programmheft Moja wątroba jest bez sensu, Regie: Anna Augustynowicz, Teatr Współczesny, Szczecin 1997).

Kippenberger starb am 7. März im Alter von 44 Jahren an Leberkrebs. Er wurde acht Jahre älter als Schwab (der mit vier Promille Alkohol im Blut tot aufgefunden wurde), drei Jahre älter als der französische Schriftsteller Bernard-Marie Koltès (1948−1989) (der an AIDS starb) und sechzehn Jahre älter als Sarah Kane (1971−1999) (die an De­pressionen litt und an einer Drogenüberdosis starb). Dem Werk und den Biographien dieser vier Theaterschaffenden, die man zwischen Selbstzerstörung und Selbstmytho­logisierung verorten kann, gewann man vor allen Dingen sehr persönliche Reaktionen auf die als unerträglich empfundene Situation ab. Die Stücke von Bernard-Marie Koltès und Werner Schwab, die in den 1990er Jahren auf polnischen Bühnen zu sehen waren, ließen keine „Illusionen [aufkommen] über die Natur der zwischenmenschlichen Be­ziehungen, die ethische Katastrophe und die gesellschaftliche Hölle“. Sie ebneten den Weg für eine völlig andere Sensibilität und schlugen „eine nihilistische Bresche in das Theaterrepertoire“ (Krakowska 2019, S. 123). Sie zeichneten sich durch konzentrierte Bösartigkeit aus, die ge­gen die Komfortzone der ZuschauerInnen und deren Rezeptionsgewohnheiten gerichtet war. Das traf den Nerv der Zeit, motivierte zum kritischen Blick auf die Nachwendezeit und half die gesellschaftliche Misere sichtbar zu machen. Somit wurde die Grundlage für den Transfer für neue Dramatik der 1990er Jahre geschaffen, darunter der poli­tischen Cool-Britannia-Dramen, des In-Yer-Face-Theaters sowie Produktionen aus den „Berliner Laboren“: des politischen Theaters der Volksbühne (nachdem Frank Castorf dort die Leitung übernommen hatte) und des realistischen Theaters, das von dem Tan­dem Thomas Ostermeier/Jens Hillje an der DT-Baracke und nach ihrem Wechsel an die Schaubühne 1999 von einem vierköpfigen Team entwickelt wurde (Boenisch 2018; Burzyńska 2015).

Über die im Rahmen des 6. Internationalen Theaterfestivals Kontakt (Toruń, 1996) gezeigte Inszenierung Murx den Europäer! Murx ihn! von Christoph Marthaler (geb. 1951) lässt sich rückblickend sagen, dass sowohl das Publikum als auch Theaterleute, KritikerInnen und JurorInnen schon damals keinen Zweifel hatten, „einer für das euro­päische Theater bahnbrechenden Aufführung beigewohnt zu haben“ (Burzyńska 2018, S. 65). Die Inszenierung des Schweizer Regisseurs, die an der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz entstand, hat man mit dem Grand Prix des Festivals ausgezeichnet. Besonders gewür­digt wurden Marthalers Diagnose der europäischen Identität(en) Ende des 20. Jhs. und das von ihm angebotene Theatermodell, das „sowohl von den Regeln, die Aristoteles, Gustav Freytag als auch Bertolt Brecht aufgestellt hatten, befreit worden war“ (Burzyńska 2018, S. 66). Die Kantor-Spuren, d. h. die entdeckten Affinitäten zu den happeningartigen, postdramati­schen Gestaltungsformen seines Theaters, die sich bei Marthaler finden lassen, konnten nicht ohne Bedeutung bleiben:

Das polnische Publikum, das 1996 erstmals Marthalers Inszenierung sah, hat­te womöglich ein Déjà-vu-Erlebnis: Die Figuren der Gedenk-Séance der Toten Klasse [Umarła klasa] von Tadeusz Kantor sahen ähnlich aus und agierten nicht viel anders. Diese Verwandtschaften waren nicht zufällig: In einem Interview mit Klaus Dermutz bekannte Christoph Marthaler, dass er die Aufführung in Zürich gesehen und sie ihn ungeheuer beeindruckt habe: „Ich kann nicht viel zu Der Toten Klasse sagen, aber ich kann die Bilder evozieren. Ich sehe, wie diese Leute aufstehen und sich hinsetzen“ (Burzyńska 2018, S. 67).

1998 inszenierte Grzegorz Jarzyna (geb. 1968) unter dem Pseudonym Brankenhorst das Stück Unidentifizierte menschliche Überreste und die wahre Natur der Liebe (Unidentified Human Remains and the True Nature of Love) des kanadischen Dramatikers Brad Fraser (geb. 1959). Die Idee der Inszenierung zeigt eine andere wichtige Funktion der Ästhetik des In-Yer-Face-Theaters: das radikale Aufbegehren gegen das Theater als Kunsttempel, das bereits in den Theateransätzen der 1960er und 1970er Jahre von Jerzy Grotowski und Peter Brook (1925−2022) angelegt ist. Das Programmheft der Insze­nierung wurde in der Form eines Comics gestaltet (in den Comicfiguren erkennt man die SchauspielerInnen des Stückes). Dessen Autor ist der Züricher Comiczeichner und freie Maler Andreas Gefe (geb. 1966). Die eklektische Musik der Aufführung reicht von Verdi-Arien, interpretiert von Maria Callas, über Prodigy und Rammstein bis hin zu polnischen Interpreten wie Mazzoll & Arhythmic Perfection und Kazik Staszewski. Inte­ressant ist in diesem Zusammenhang Staszewskis Zugehörigkeit zur unabhängigen Mu­sikszene der 1990er Jahre, in der unter der Bezeichnung Yass (neue improvisierte Musik) mit Jazz und anderen Musikgenres experimentiert wurde – gleichzeitig zeigte man sich auch für Kontakte zu anderen Formen der unabhängigen Kunst offen. 1997 zeichnete das unabhängige Label Mózg Production (Gehirn-Produktion) ein Konzert im Klub Mózg (Gehirn) in Bydgoszcz auf. Das Eröffnungsstück des Albums trägt den programmati­schen Titel Das Gehirn ist nicht im Kopf [mózg nie jest w głowie]. Das szenische Spiel und die Aussage des Song-Textes korrespondieren und interagieren miteinander und mit der Musik: „die Verlorenheit des modernen Menschen“ ist keine abstrakte Metapher, sondern hautnahe Wirklichkeit – unser Alltag.

Immer aktiver wurde die 1998 von Paweł Łysak (heute Direktor des Teatr Powszechny in Warschau) und Paweł Wodziński gegründete Theatergesellschaft (towarzystwo teatral­ne). Sie suchte nach Möglichkeiten, um ein Theater zu präsentieren, das berührt, das sich einmischt teatr, który sie wtrąca (Siehe https://www.powszechny.com/pl/index/misja.html). Ort und Leiter waren schnell gefunden: TR Warszawa und der damalige künstlerische Leiter des Theaters, Grzegorz Jarzyna. Wodziński und Łysak übersetzten das Stück Shoppen & Ficken [Shopping and Fucking] des britischen Theaterautors Mark Ravenhill (geb. 1966), das zum Inbegriff des Cool-Britannia-Dramas wurde, und brachten es 1998 auf die Bühne (Regie: Paweł Łysak, Bühnenbild: Paweł Wodziński). Im Programmheft, in dem das neue In-Yer-Face-Theaterstück vorgestellt wird, findet sich folgendes Statement, kollektiv mit „Theatergesellschaft“ unterzeichnet:

Hier geht es nicht um dramatische Kunst, hier geht es um alles. Die neue britische Dramatik beschreibt konsequent eine zerstörte Welt voller Grausamkeit und Schmerz. Dabei benutzt sie radikalste theatrale Mittel und verzichtet auf den übermäßigen Einsatz formaler Kunstgriffe. Strotzend vor Energie und Direktheit gibt sie wütende Antworten auf existenzielle und politische Probleme (Shopping and Fucking, Regie: Paweł Łysak, TR Warszawa 1998).

Im Mai 1999 bekam das polnische Publikum zwei Inszenierungen von Marius von Mayenburgs (geb. 1972) Stück Feuergesicht zu sehen. Die erste wurde auf dem 9. Internationalen Festival Kontakt in Toruń gezeigt (Regie: Thomas Ostermeier, Deutsches Schauspielhaus, Hamburg), wo die Inszenierung ausgezeichnet und Judith Engel von den Lokalmedien für die Rolle der Olga mit dem Preis für die beste Schauspielerin des Festivals bedacht wurde (Sajewska, Mayenburg, 2001 r.). Die zweite Inszenierung, die polnische Erstaufführung von Feuergesicht (Ogień w głowie), stammte erneut vom Tandem Łysak (Regie), Wodziński (Bühnenbild). Sie hatte im November im TR Warszawa als eine Produktion der Theatergesellschaft Premiere. Das Programmheft zur Aufführung hat erneut den Charakter eines radikalen Manifests (obwohl von anderer Art als beim Ravenhill-Stück): Es enthält den vollstän­digen Text des Stücks auf Polnisch (übersetzt von Joanna Diduszko-Kuśmirska). Nach dem Schock und Skandal, den das britische Stück ausgelöst hatte (Shopping and Fuck­ing wurde zeitweilig vom Spielplan genommen), hatten sich die Wogen der Erregung inzwischen wieder geglättet. Da die Auszeichnung von Mayenburgs Debüt mit dem Kleist-Förderpreis für junge Dramatiker 1997 und dem Preis der Frankfurter Autoren­stiftung 1997 auch in Polen zur Kenntnis genommen wurde, übernahm das Internationale Festival Kontakt in Toruń 1999 die Gatekeeper-Funktion für neue Trends. Eine ganze Reihe von Theaterschaffenden zeigte große Aufmerksamkeit für die Dramen des jungen deutschen Dramenautors. Mayenburgs Feuergesicht (Ogień w głowie) wurde be­reits 2000 am Teatr Wybrzeże in Gdańsk (Regie: Piotr Kruszczyński, geb. 1967) und am Teatr Juliusza Słowackiego in Krakau (Regie: Adam Sroka, geb. 1959) aufgeführt. Piotr Łazarkiewicz (1954−2008) bereitete zusätzlich eine Inszenierung des Stücks für das Fernsehtheater vor. Im Mai 2022 erschien beim Theaterverlag ADiT Mayenburgs vierte Stückesammlung, Eldorado (übersetzt von Karolina Bikont), auf Polnisch. Im Vorwort heißt es zur Rezeption von Mayenburgs Dramen in Polen:

Marius von Mayenburg ist einer der bekanntesten deutschen Gegenwartsdramatiker in Polen. Die meisten seiner Stücke wurden ins Polnische übersetzt, und nicht weniger als sieben von ihnen bisher – mit meist großem Erfolg – auf polni­schen Bühnen aufgeführt. Seine Stücke zeigen einen klaren Trend hin zur Wie­derbelebung des Sozialdramas. Sie thematisieren die akuten Probleme der egois­tischen, konsumorientierten und aggressiven Welt von heute und geben Einblick in die oft dramatischen Lebensverhältnisse der jungen Generation (Pełka 2022, siehe instytut-teatralny.pl).

Ende 2001 inszenierte Paweł Miśkiewicz (geb. 1964) am Teatr Polski in Wrocław das Stück Przypadek Klary (Der Fall Klara) von Dea Loher (geb. 1964), (Klaras Verhältnisse, in: Dialog, Nr. 8/2001, übers. von Jacek S. Buras). Das Drama der deutschen Autorin, die an der Berliner Hochschule der Künste Szenisches Schreiben u. a. bei Heiner Müller studierte, blieb im Repertoire des Theaters bis 2008 und wur­de insgesamt 115 Mal aufgeführt. Die Inszenierung machte die (polnische) Hip-Hop-Gruppe Grammatik, die jedes Mal auf der Bühne live spielte, bekannt. Mit der Titelrolle Klaras begann auch die Karriere von Kinga Preis – der 1972 in Wrocław geborenen Schauspielerin, die u. a. in den Filmen von Wojciech Samarzowski (Róża/Rose, 2011) und Agnieszka Holland (W ciemności/In Darkness, 2011) spielte.

2002 übernahm Piotr Kruszczyński, der bereits Stücke u. a. von Tankred Dorst (1997, Diplomstück), Marius von Mayenburg (2000), Brad Fraser (2000) sowie Mrożek und Różewicz (1999) inszeniert hatte, die Leitung des Teatr Szaniawskiego in Wałbrzych. 2003 führte er Michał Walczaks (geb. 1979) Debütstück Sandkasten (Piaskownica) auf (Sandkasten, in: Dialog, Nr. 1/2002). Auf diese Weise verhalf er zum Durchbruch einer neuen Dramatik und einer neuen Ge­neration von Regisseurinnen und Regisseuren: Jan Klata (geb. 1973), Maja Kleczewska (geb. 1973), Monika Strzępka (geb. 1976), Paweł Demirski (geb. 1979). Gleichzeitig nahm er die internationale Kooperation auf:

Der Theater-Direktor Kruszczyński lud die in Berlin lebende deutsche Regisseurin Marianne Wendt und die Bühnenbildnerin Malve Lippmann ein, […] Gerhart Hauptmanns Drama Vor Sonnenaufgang (übersetzt von Sabine Fiebig) am Theater in Wałbrzych zu inszenieren. Hauptmann wurde in Obersalzbrunn (Szczawno-Zdrój) geboren und wuchs in Waldenburg (Wałbrzych) auf. Ausgangspunkt des Stücks war die Geschichte einer Familie, die zu Beginn des dortigen Bergbaus ein beachtliches Vermögen erwarb. Gleichzeitig verlagerte die Regisseurin die Handlung in das heutige Wałbrzych. Ein interessanter Trick war der Einsatz realer Figuren, die im Film auf ihre historischen Spiegelungen treffen. Die Autorinnen betonten die sozialen Missstände, die von Hauptmann angeprangert wurden, vor allem der allgegenwärtige Alkoholismus, aber auch Ehebruch und Inzest. Die Auf­führung fand auf einer Bühne statt, die das heutige Wałbrzych der Post-Trans­formations-Zeit zeigte. Die Aktualisierung des Dramas verwies auf Hypermärkte, aber auch heruntergekommene Wohnhäuser und soziale Probleme. Die Inszenie­rung des Stücks Vor Sonnenaufgang, das bei seiner Uraufführung vor über hundert Jahren einen Skandal auslöste, konnte das Publikum und die KritikerInnen in Wałbrzych nicht überzeugen, stieß aber auch dieses Mal auf Empörung, obwohl die Aufführung zweifelsohne um einen lokalen Fokus bemüht war (Gołaczyńska 2013, S. 191).

Um die Jahreswende 1999/2000 wurde klar, dass die erste Phase des intensiven „Im­ports“ von neuer Dramatik ins polnische Theater und ihrer Anverwandlung abgeschlos­sen war (Woldan 1993). Es begann eine völlig neue Phase, auch wenn der Prozess der institutionellen Transformation noch nicht beendet war, die Theater auch weiterhin mit Unterfinanzierung zu kämpfen hatten und das entscheidende Ringen um ein neues Theater erst noch bevorstand (Pawłowski 2005; Pełka 2014; Krakowska 2019). Rückblickend schrieb Katarzyna Fazan, die den tieferen Sinn der Ablehnung der tradierten ästhetischen Formen und des Selbstverständnisses der Theaterschaf­fenden vor 1989 auf den Punkt brachte:

Es ist eine radikale Veränderung gegenüber dem, womit wir es vor 1989 zu tun hatten, und es geht dabei nicht nur und ausschließlich um einen Generations­wechsel oder einen Wandel der ästhetischen Neigungen. […] Der Grund dafür liegt eher in der Notwendigkeit, die Ziele und Aufgaben der Kunst neu zu for­mulieren, bevor mit alten ästhetischen Mustern gebrochen wird (Fazan 2009).

Die Generation des Umbruchs ‘89 und die Meister des neuen Theaters.

Krystian Lupa (geb. 1943) ist der Theatermacher, der durch seine unangefochtene Po­sition im polnischen Theaterfeld Ende des 20., Anfang des 21. Jhs. die Richtung des neuen Theaters bestimmte. Seine theatralen Experimente wurden als „existenzielle Neu­orientierung“ bezeichnet (Gruszczyński 2003, S. 22). Vorgegeben wurde die Richtung durch das Kalkwerk nach Thomas Bernhard (1931−1989), das 1992 am Stary Teatr in Krakau auf die Bühne kam und 1998 im Fernsehtheater zu sehen war. „Lupa [gelang] mit dieser Inszenierung der Durchbruch zu breiteren Publikumsschichten und zu größerer nationaler wie internationaler Bekanntheit“ (Schorlemmer 2003, S. 120). Von da an wurde jede Lupa-Aufführung breit kommentiert und immer öfter auf ausländischen Bühnen gezeigt.

Die erfolgreichen Inszenierungen Lupas, Die Präsidentinnen (Prezydentki) 1999 von Werner Schwab (bis 2010 231-mal am Teatr Polski in Wrocław aufgeführt) und Theater-Adaptionen von Bernhard-Prosa (Kalkwerk 1992; Auslöschung/Wymazywanie) 2001) – verstärkten in der polnischen Kultur einen Trend, der als „importierte Selbstkritik“ bezeichnet wurde (https://www.dwutygodnik.com/artykul/7165-samokrytyka-z-importu.html?print=1; Szymańska 2019).

2003, nach Erscheinen der ersten Anthologie mit neuster polnischer Dramatik, die den provokanten Titel Generation Porno (Pokolenie Porno) trug, kündigte sich eine ästheti­sche und inhaltliche Neuausrichtung des Theaters an. Dabei wurde Krystian Lupa die Rolle des Wegweisers für das neue Theater zugewiesen:

Die neuen RegisseurInnen konnten in vollem Umfang von Lupas theatralen Entdeckungen profitieren, vor allem von der großen existenziellen Neuorientierung, die er in seinem Theater vollzog. Das Wichtigste ist fortan der Mensch und nicht die Sache. Man kann sagen, dass die jüngeren RegisseurInnen für ein großes Durchlüften im Theater sorgten, sie beobachteten aufmerksam, was um sie her­um in Europa geschah, verzichteten auf das spezifisch Polnische, das in die Spra­chen anderer Kulturen Unübersetzbare. […] Es geht hier nicht darum, die Welt zu kopieren oder westliche Moden zu „verarbeiten“, sondern darum, eine eigene Sprache zu erschaffen, bei gleichzeitiger völliger Offenheit der Welt gegenüber (Gruszczyński 2003, S. 22).

Bei der Auflistung der Inspirationsquellen, die bei der Suche der polnischen Bühnen nach neuer Theatersprache von entscheidender Bedeutung waren, darf die Berliner Volksbühne und Frank Castorf (geb. 1951) nicht fehlen (Prykowska-Michalak 2012; Burzyńska 2015). Zwei Bücher, die zeitgleich erschienen (Dezember 2017), ermöglichen es, zwei originelle, unverwechselbare Theaterpersönlichkeiten, Krystian Lupa und Frank Castorf, miteinander zu vergleichen. Es sind Interviewsammlungen mit Castorf (Am liebsten hätten sie veganes Theater) und Lupa (Koniec świata wartości/The end of the world of values). Sie zeigen sowohl die unterschiedlichen Ansätze als auch die Gemeinsamkeiten im Denken der beiden Regisseure, die die Wei­chen gestellt haben für Veränderungen in den Theaterfeldern ihrer Länder und über deren Grenzen hinaus.

Sowohl Castorf als auch Lupa äußern sich außerordentlich negativ über die Wirklichkeit, die gesellschaftliche und politische Situation. Sie sparen nicht mit Kritik an Politikern, der popkulturellen Gesellschaft oder Trends, die sich aus einem konsumorientierten Lebensstil ableiten. Mit dem titelgebenden „veganen Theater“ macht sich Castorf – nach eigenen Worten – lediglich über bestimmte Trends in der deutschen Gesellschaft lustig. Für Lupa ist die Gegenwart nichts anderes als ein Abfallhaufen der Kultur. Beide hassen die Lüge im Theater. Lupa erklärt: „Ich glaube, das Theater sollte kein Ort sein, an dem wir gekonnt lügen. Im Theater suchen wir nach der Wahrheit.“ Castorf vergleicht das Theater mit dem Kind aus Andersens Märchen Des Kaisers neue Kleider, das als einziges laut ausruft, was die gesamte Gesellschaft nicht sehen will oder sich nicht zu sagen traut (Prüfer 2018). 

Eben diese beiden Theatermacher, Krystian Lupa und Frank Castorf, bildeten für die VertreterInnen des neuen Theaters in Polen einen Bezugspunkt, um die eigene Position zu bestimmen. Castorf und die von ihm geleitete Berliner Volksbühne (1992−2017) wurden zu einem Symbol für die Emanzipation der KünstlerInnen Mittelosteuropas sowie für die schöpferische Freiheit und Kompromisslosigkeit beim Aufbau eines neuen Theaters. Man war vor allem beeindruckt, wie offen sich die Volksbühne für ein for­mal innovatives, politisches und gesellschaftskritisches Theater zeigte. An der Volks­bühne waren u. a. tätig: der österreichische Choreograf und Regisseur Johann Kresnik (1939−2019), Christoph Schlingensief (1960−2010), René Pollesch (geb. 1962), Stefan Pucher (geb. 1965), der französische Regisseur und Schriftsteller Olivier Py (geb. 1965), Milan Peschel (geb. 1968), die österreichische Schauspielerin Sophie Rois (geb. 1962) und der bereits erwähnte Schweizer Regisseur und Musiker Christoph Marthaler. Bei­nahe legendär ist Castorfs Schonungslosigkeit, mit der er jegliche Form mythologisie­render Narrationen entlarvte. Seine Kritik an der Kolonialisierung der neuen östlichen Bundesländer nach der Wiedervereinigung richtete sich gegen die vermeintliche Überle­genheit der „westlichen Zivilisation“, mit der sich viele „alte Bundesbürger“ identifizier­ten. Nicht weniger problematisch sah er auf der anderen Seite die „Ostalgie“, im Rah­men derer die Katastrophe, die das Ende der DDR für viele war, mit dem Scheitern der großen Revolutionsidee gleichgesetzt wurde. Auch die Legende der Solidarność bekam ihr Fett weg. Als Castorf seine Tennessee-Williams-Bearbeitung Endstation Amerika 2002 in Wrocław und 2003 in Warschau zeigte, löste der von ihm geschaffene Stanley Kowalski, in einem zerknitterten und verblichenen T-Shirt mit Solidarność-Logo, nicht weniger als einen Schock aus, wie sich Paweł Miśkiewicz (damals Direktor des Teatr Polski), der das Schauspiel vor zwei Jahrzehnten nach Wrocław holte, erinnert:

Ein politischer Sturm brach aus. Man schimpfte, der Direktor des Teatr Polski habe das polnische Theater verraten. Gegenstand der Kontroverse war die Fi­gur des Stanley Kowalski aus A Streetcar named Desire, den Castorf (womit er leider größtenteils Recht behalten sollte) als frustrierten ehemaligen Solidarność-Aktivisten darstellte. Sofort gab es einen Aufschrei der Empörung – mit welchem Recht beleidige ein Deutscher uns Polen? (Kowalska, Miśkiewicz 2016). 

Dieser Schock hatte aber auch eine eine gegenteilige, kathartische Wirkung. Piotr Grusz­czyński (geb. 1965), Dramaturg, der mit Krzysztof Warlikowski (geb. 1962) als Dramaturg zusammenarbeitet, schrieb nach der Warschauer Inszenierung: „Das Stück begeisterte das Publikum […] – es war, als hätte es nur darauf gewartet, dass sich endlich einmal jemand traut, uns brutal aufs Maul zu hauen […]. Damals stellte man fest, dass es ein solches Theater wie das Castorfs in Polen nicht gibt“ (Prykowska-Michalak 2014, S. 217).

Theater nach der Jahrtausendwende: Institutionelle Veränderungen und Internationalisierung als Chance und Herausforderung.

Lediglich der „Theater-Mikrokosmos“ Berlins erlebte nach 1990 eine Umstrukturierung, die mit der des polnischen Theaterfeldes vergleichbar wäre. Dieses „tektonische Beben“, das durch die institutionellen Veränderungen in Berlin veranlasst wurde, stimulierte das Bedürfnis nach Erneuerung und stieß ein neues Denken über das Theater an. Begünsti­gend wirkte dabei allein Berlins geographische Lage und Status als Kulturmetropole (über 80 Theater aller Sparten, Opern- und Konzerthäusern). Dies prädestiniert die deutsche Hauptstadt fast schon automatisch zum potenziellen Gatekeeper für Neues/Interessantes aus Mittelosteuropa. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die VertreterInnen der „Ge­neration Umbruch ‘89“ – angesichts der deklarierten Offenheit der Welt gegenüber – an vielseitigen internationalen Kooperationen besonders interessiert waren und mit Neugier die Berliner Theaterszene beobachteten. Neben der bereits erwähnten Volksbühne auch die von Thomas Ostermeier (geb. 1968) geleitete Schaubühne.

Ein besonderes Beispiel für die Entwicklung der Theater in einer europäischen Metropo­le nach dem Umbruch 1989 ist das Berliner Theater Hebbel am Ufer (HAU). Das HAU entstand aus der Fusion dreier Berliner Bühnen (Hebbel-Theater, Theater am Halleschen Ufer und Theater am Ufer) und wurde nach einer Reihe von institutionellen Experimen­ten 2003 ein „Theaterkombinat“. Ohne festes Ensemble realisierte das Theater 2003 bis 2012 (unter der Leitung von Matthias Lilienthal, geb. 1959), dank Off-Theatern, Amateur-Theatergruppen, Gastspielen inländischer Theater und Kooperationen mit ausländischen Partnern jährlich zwischen 120 und 150 Projekten (Smolarska 2013). Das Betriebsmodell des HAU, das darauf ausgerichtet ist, alles Neue auf die Bretter des Theaters zu transferieren (und im Rahmen internationaler Kooperationen auch Projektmittel einzuwerben), erklärt, warum gerade das HAU bei vielen Projekten polnischer Theater als Partner fungiert (Prykowska-Michalak 2012, S.197ff.).

Die in Polen in den 1990er Jahren und dann nach 2000 neu gegründeten Theater­festivals (Malta-Festival in Poznań, seit 1991; Kontakt in Toruń, seit 1991; Dialog in Wrocław, seit 2001) mussten sich von Anfang an nicht nur gegenüber den seit Jahrzehn­ten bestehenden, renommierten Festivals behaupten, sondern auch auf die stattfinden­den Veränderungen reagieren – das Format europäischer Theaterfestivals begann sich zu wandeln, sie wurden immer umfangreicher und internationaler. Die EU-Erweiterung eröffnete neue institutionelle Rahmen für Kooperationen und ihre Förderung und wur­de vom medialen Interesse an den „neuen Beitrittsländern“ begleitet. Auch wenn der ost­mitteleuropäische Raum stärker in den Fokus rückte, trugen die medialen Diskurse eher zur Festschreibung vom Ost-West-Gefälle als zur Wahrnehmungsveränderung bei. Seit dem zweiten Jahrzehnt des 21. Jhs. kann man Theaterfestivals sowie theatrale Projekte als zunehmend transkulturell und global bezeichnen. Dies ist eine Reaktion sowohl auf das ungewöhnlich reiche Angebot der Theater und ihre vielfältigen Sprachen – ihre geradezu „verwirrende Fülle“ (Klaić 2016, S. 94) – als auch auf die sich globalisierende Welt, die dazu zwingt, neue Themen und Probleme aufzugreifen. Für die Theater Mittelosteuropas, die um die Jahrtausendwende ihren Platz im internationalen Theaterfeld suchten und den europäischen Kulturraum aktiv mitgestalten wollten (Klaić 2016, S. 141ff., 147ff.), war, ist und bleibt dies sowohl eine Chance als auch eine große Herausforderung – insbesondere da die Internationali­sierung der performativen Künste in den letzten Jahrzehnten durch eine Hypermobilität der involvierten Theaterschaffenden gekennzeichnet ist (Keil 2022). Hinzu kommt, dass großan­gelegte transnationale Projekte langfristige Planung benötigen und auf institutionelle Förderung angewiesen sind. In der Praxis bedeutet dies, dass eine – im Rahmen einer bi- oder multilateralen Kooperation (langfristig geplante und mit großem Aufwand vorbereitete) – Aufführung an zwei Theaterabenden dem Publikum präsentiert wird. Gastauftritte dienen in erster Linie der Bereicherung des Theaterrepertoires und sorgen für einen gegenseitigen „Input“ der Theaterschaffenden (Kohse 2011), das Publikum hat aber eher geringe Chancen, sich mit dem potenziell Neuen/Unverständlichen näher bekannt zu machen und auseinanderzusetzen.

Transkulturelle Netzwerke – Synergien von Literaturvermittlung, übersetzerischer Arbeit und transkulturellen Kooperationen im theatralen Feld um 2004 (Fallbeispiel).

Drei MittlerInnen-Namen stehen exemplarisch für synergetische Effekte der Präsenz im verlegerischen, literarischen und theatralen Feld und dadurch den Aufbau von transkulturellen Netzwerken, die den theatralen Transfer zwischen den polnischen Bühnen und den Bühnen des deutschsprachigen Raumes ermöglicht und wesentlich gefördert haben. Anna Badora (geb. 1951), deutsch-österreichisch-polnische Theaterregisseu­rin und -intendantin (Volkstheaters Wien 2015−2020, Schauspiel Graz 2006−2015, Düsseldorf 1996−2006 und Mainz 1991−1996); Olaf Kühl (geb. 1955), Berliner Slawist, Übersetzer, Autor und Kulturvermittler und Małgorzata Sugiera (geb. 1951), Überset­zerin aus dem Englischen, Deutschen und Französischen, Polonistin, Professorin an der Jagiellonen Universität in Krakau, Leiterin des Fachbereichs Performance Studien.

2004 initiierte das Düsseldorfer Schauspielhaus ein „Osteuropa-Projekt“. Die damalige Generalintendantin des Düsseldorfer Schauspielhauses, Anna Badora, lud zu dem als Das neue Europa – Warten auf die Barbaren? betitelten Projekt vier Künstler aus den neu in die EU aufgenommenen Ländern ein. Andrzej Stasiuk (geb. 1960 in Polen), Juri Andruchowytsch (geb. 1960 in der Ukraine), Jáchym Topol (geb. 1962 in Tschechien) und Péter Zilahy (geb. 1970 in Ungarn) erhielten Aufträge für Stücke, die sich mit dem Thema des größer werdenden Europas befassen – die Premieren sollten 2005 stattfinden, und im Sommer 2006 war zum Abschluss des Projekts ein Theater-Festival geplant.

Im Januar 2005 hatte Andrzej Stasiuks Stück Nacht: Eine slawo-germanisch medizinische Tragikfarce (Noc czyli słowiańsko-germańska tragifarsa medyczna) am Düsseldorfer Schauspielhaus Premiere – kurz darauf wurde der Text in Theater heute (2/2005) abge­druckt. Die Inszenierung entstand in Zusammenarbeit mit dem Krakauer Stary Teatr, unter der Regie von Mikołaj Grabowski (geb. 1946). Einen Monat später wurde die Tra­gikfarce in Krakau gezeigt. Andrzej Stasiuk erhielt zudem die Chance, als Theaterautor in Erscheinung zu treten. 2004 wurde Mein Europa, ein essayistisches Doppelporträt von Andrzej Stasiuk und Juri Andruchowytsch (übers. von Sofia Onufriv und Martin Pollack) zum Vorzeigetitel einer neuen Suhrkamp-Reihe, in der Autorinnen und Au­toren aus Mittelosteuropa präsentiert werden. Beide sind heute Hausautoren bei Suhr­kamp Insel; Stasiuk erhielt inzwischen den Österreichischen Literaturpreis (2016) und Andruchowytsch den Heinrich-Heine-Preis (2022).

Olaf Kühl, der Gombrowicz-Kenner und -Übersetzer, übte eine Vermittlerrolle bei Andrzej Stasiuks und Dorota Masłowskas Eintritt in das deutschsprachige literari­sche Feld aus. Stasiuk und Masłowska waren 2004 bereits in deutscher Übersetzung zugänglich – Stasiuk seit Ende der 1990er Jahre (Der weiße Rabe/Biały kruk, 1998; Die Welt von Dukla/Dukla, 2000), Masłowska seit 2004 (Schneeweiß und Russenrot/Wojna polsko-ruska pod flagą biało-czerwoną). Die Publikation ihrer Texte verhalf ihnen zu einer verstärkten Präsenz auch im Theater. Der Aufführung von Masłowskas Stücken gingen die Zuerkennung des renommierten polnischen Nike-Literaturpreises 2006 und das Erscheinen ihres preisgekrönten Romans Die Reiherkönigin. Ein Rap (Paw królowej) in deutscher Übersetzung voraus (übersetzt ebenfalls von Olaf Kühl).

Zur gleichen Zeit nahm Armin Petras (geb. 1964) die Kooperation mit dem Teatr Sta­ry in Krakau auf, wo er Regie führte. Zunächst zeigte er 2004 im Rahmen des Pro­jekts SZUM – Begegnungen mit Sprache und Kultur, das vom Haus Nürnberg (Dom Norymberski) in Krakau organisiert wurde, das Stück zeit zu lieben zeit zu sterben, wel­ches er unter dem Pseudonym Fritz Kater geschrieben hatte. Ein Jahr später inszenierte er am Stary Teatr in Krakau Der achte Tag der Woche (Ósmy dzień tygodnia) nach Marek Hłasko (1934−1969).

Der bereits existierende institutionelle Rahmen ist einer der Gründe für Armin Petras’ Engagement in Krakau – das Projekt konnte dank der seit 1996 bestehenden institutionellen Zusammenarbeit zwischen Krakau und Nürnberg (Dom Norymberski in Krakau und Kulturzentrum Krakauer Haus in Nürnberg) realisiert werden. Ausschlaggebend war das Angebot, am Stary Teatr in Krakau eine Inszenierung vorzubereiten, bei der ihm Michał Zadara (geb. 1976) als zweiter Regisseur und Übersetzer zur Seite stand. Wie Pe­tras selbst betonte, wurde er eben durch seinen Polenaufenthalt auf die Texte der polni­schen AutorInnen Andrzej Stasiuk und Dorota Masłowska aufmerksam (Uberman, Petras 2012). 2005 erschie­nen schließlich zwei Anthologien mit übersetzten Dramen/Theatertexten der deutschen AutorInnen. Es geht um die zweibändige Auswahl Die Vielfalt der Theater (Wielość te­atrów) mit aktuellen Texten (sie enthielt den in Krakau inszenierten Text von Fritz Kater/Armin Petras) und Reale Welten/mögliche Welten (Realne światy/możliwe światy) mit den Texten aus dem letzten Jahrzehnt (1995−2004) – beide wurden unter der Leitung von Małgorzata Sugiera herausgegeben. Es ist wichtig, an dieser Stelle anzumerken, dass die Bekanntheit und Zugänglichkeit der deutschsprachigen Dramatik in Polen systema­tisch wuchsen: Den Übersetzungstransfer aus dem deutschsprachigen Raum besorgt auf polnischer Seite eine Gruppe von Literatur- und TheaterwissenschaftlerInnen (Białek, Nowakowska 2009; Białek, Radłowska 2020, 2021; Zarychta, Bończa, Bukowski 2021).

Armin Petras inszenierte 2008 Masłowskas Debütdrama Zwei arme Polnisch sprechende Rumänen (Dwoje biednych Rumunów mówiących po polsku), eine Koproduktion des Maxim Gorki Theaters mit den Wiener Festwochen, dem Schauspielhaus Wien und dem Festival Theaterformen Braunschweig/Hannover. 2009 kamen die Zwei armen Pol­nisch sprechenden Rumänen in Oberhausen auf die Bühne, und an der Schaubühne am Lehniner Platz feierte Masłowskas zweites Stück Wir kommen gut klar mit uns (Między nami dobrze jest), unter der Regie von Grzegorz Jarzyna, Premiere (Koproduktion des TR Warszawa und der Schaubühne). Zwischen dem Erscheinen ihrer neuesten Romane Andere Leute (Inni Ludzie) und Bowie in Warschau (Bowie w Warszawie) auf Deutsch (2019 und 2023, bei Rowohlt, übers. von Olaf Kühl) wurde Masłowska 2020 mit dem Samuel-Bogumił-Linde-Preis der Partnerstädte Toruń und Göttingen ausgezeichnet. Die Partner-Preisträgerin ist die deutsche Dramenautorin Dea Loher.

Für eine produktive Kooperation mit Warschau stehen die Projekte von René Pollesch, die er mit dem Ensemble TR Warszawa realisiert hat. Ihr Anfang fällt zeitlich mit der szenischen Dramenlesung von Stadt als Beute in Krakau 2004 (Dom Norymberski – SZUM-Veranstaltung) und dem Erscheinen der Prater-Trilogie Polleschs zusammen (2005, Kraków, übers. von Krzysztof Zajas). Weitere Dramen wurden in der Reihe TR Neue Dramaturgie (2007 und 2011 übers. von Dorota Sajewska, Hanna Krogulska und Karolina Bikont) herausgebracht. Die drei Produktionen, die Pollesch als Regisseur mit TR Warszawa realisierte, tragen die Titel Ragazzo dell’Europa (2007), Jackson Pollesch (2011), Kalifornia/Grace Slick 2017, (Drewniak 2007, 2011). Die institutionelle Unterstützung bekam das Projekt vom Goethe Institut Warschau und von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit.

Der ausgewählte zeitlich-räumliche Ausschnitt – Berlin, Düsseldorf, Krakau, Oberhau­sen, Warszawa, Wien um 2004 – wirft allerdings nur ein Schlaglicht auf einen Moment der Dynamisierung des Transferprozesses und weist auf die ihn begünstigenden Fakto­ren hin.In der Tat reicht (Zielińska 2016, S. 135ff.) der Transfer bis in die direkte Nachkriegszeit zurück (Fischer, Steltner 2011) und setzt sich nach 1989/90 unter veränderten Bedingungen fort (Prykowska-Michalak S. 54ff., 129ff.; Zielińska 2015, S. 409ff.).

Teil III

TRANSFER! – ein Beispiel für ein transkulturelles Theaterprojekt.

Um zu verstehen, warum das Thema Flucht und → Vertreibung 2006 auf der Bühne des Teatr Współczesny in Wrocław verhandelt wurde und warum man der Ansicht war, dass dabei sowohl polnische als auch deutsche ZeitzeugInnen zu Wort kommen sollten, muss zunächst einmal erklärt werden, in welchem Kontext das Thema aktualisiert wurde. Es ist Teil eines breiteren Themenkomplexes, der zu den Folgen des Zweiten Weltkriegs in Mittelosteuropa gehört. Die neuere historische Forschung erweiterte die Perspektive zur „Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung (1939−1947)“, (Siehe DPI-Materialien: Deutsches Polen-Institut deutsches-polen-institut.de). Dazu gehören sowohl die Zwangsumsiedlung der deutschen Bevölkerung aus den nördlichen und westlichen Gebieten Nachkriegspolens sowie aus anderen Ländern Ostmittel- und Südeuropas als auch die Deportationen, Zwangsmigrationen und Umsiedlungen von Polen nach Aus­bruch des Krieges und im Anschluss an die Westverschiebung Polens.

Neben der breiteren historischen Kontextualisierung gilt es auch das Problem der Erinnerung(en) zu berücksichtigen, einschließlich der Tabubereiche und der „Semantik der Deprivation“ (Orłowski 2001, 2003). Auf (west-)deutscher Seite wurde die Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus dem Kriegskontext herausgerissen und schon in den ers­ten Nachkriegsjahren von den Vertriebenenverbänden vereinnahmt und instrumenta­lisiert. In der DDR blieben vergleichbare Erfahrungen der „Umsiedler“ (ähnlich wie in der VRP aus ideologischen Gründen) bis in die 1990er Jahre ein Tabuthema. Das Thema der Grenzverschiebungen Polens, der verlorenen Gebiete im Osten (d. h. der östlichen Gebiete der Zweiten Republik Polen) wurde aus der offiziellen Narration der VRP ausgeklammert. Laut offizieller Auslegung fand mit dem Kriegsende die „Repat­riierung“ (von lat. repatriation, Rückkehr in die Heimat) statt. Der tabuisierte Bereich umfasste in VRP und Ostdeutschland die Schlüsselrolle der UdSSR bei der Neuzie­hung der Grenzen und Gründung der DDR, und die Übernahme der politischen und militärischen Kontrolle in Mittelosteuropa vom Hitler-Stalin-Pakt 1939 bis zu Beginn der 1990er Jahre.

Die Veränderungen nach 1989 eröffneten eine Perspektive zur gemeinsamen Aufarbeitung dieses die gegenseitigen Beziehungen belastenden Kapitels der Geschichte. Nach ei­nem Jahrzehnt deutsch-polnischer Debatten, Konferenzen, Projekte und Publikationen schien es, keinen Grund zu geben, weshalb das Thema Vertreibung erneut zu Spannun­gen in den gegenseitigen Beziehungen führen sollte. Diesen Optimismus teilt auch der Text Dialog oder mehr?/Tylko dialog? von Joachim Rogall, einem deutschen Historiker und Mitarbeiter der Robert Bosch Stiftung, der 2002 in einer zweisprachigen Ausgabe der Zeitschrift Borussia erschien.

Die Aufarbeitung von früheren Tabuthemen hatte bereits vor 1989 begonnen. Paradebeispiel sind die deutsche Minderheit und die Vertreibung der Deutschen. Lange Zeit in Polen teils verschwiegen, teils verfälscht, hatten sich bereits seit Mitte der achtziger Jahre polnische Historiker, aber auch Soziologen mit diesen Themen befasst, fanden damals aber kaum deutsche Diskussionspartner. Denn auf deutscher Seite waren diese Themen vor 1989 vorwiegend die Spielwiese von Vertriebenenverbänden. Von Ausnahmen abgesehen, setzte die deutsche Be­schäftigung damit wirklich erst mit der politischen Wende ein. Polen ist diesbe­züglich den deutschen Historikern auch heute noch voraus. In der zweiten Hälf­te der neunziger Jahre wurde ein bedeutendes Projekt, die Dokumentation der Vertreibung aus polnischen Quellen, von einer deutsch-polnischen Historiker­gruppe gemeinsam bearbeitet. Die Ergebnisse liegen mittlerweile in polnischer Sprache vor, in deutscher Sprache ist die Edition im Gange. […] Dass heute in deutsch-polnischen Historikerrunden, wenn in diesen deutsch gesprochen wird, nicht selten die polnischen Kollegen „Breslau“ und die deutschen „Wrocław“ sa­gen, zeigt, dass die Geschichte mehr Humor hat als die deutschen Historiker (Rogall 2002, S. 121f.).

Ende 2005, Anfang 2006 aktualisierte und verschärfte sich der Konflikt rund um das Thema Vertreibung – weniger aufgrund der internationalen Aufmerksamkeit, die dem Thema wegen der Gründung der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen im Jahr 2000 zukam, als vielmehr durch die Art und Weise, wie die Stiftung von der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, zum Zweck der Selbstdarstellung instrumentalisiert wurde (Bömelburg, Stössinger, Traba 2000; Voßkamp 2006; Troebst 2006; Kwiatkowska-Drożdż 2010; Ther 2012; Kałążny, Korzeniowska, Korzeniowski 2016; Traba, Żytyniec 2017, S. 237ff. Mit ihrer anklagenden und konfrontativen Rhetorik gegen­über der polnischen Seite gelang es der BdV-Chefin und CDU-Politikerin, eine Welle der Empörung hervorzurufen und Proteste gegen die unter Leitung des BdV vorbereite­te Ausstellung Erzwungene Wege zu provozieren. In Polen war man mehr und mehr der Meinung, dass die Viktimisierung der deutschen Opfer auf Kosten der Polen geschehe, die auf die Rolle der „Urheber der Vertreibung“ (sprich: „Täter“) reduziert würden. Eri­ka Steinbach selbst überzeugte die deutsche Öffentlichkeit (und war damit zumindest teilweise erfolgreich), dass sie das würdige Gedenken an die deutschen Opfer gegen Ver­suche der Polen verteidigen müsse, dieses Kapitel der Geschichte zu verdrängen und zu verfälschen. Das Recht sei auf ihrer Seite, erklärte sie, und als konsequente Verfechterin einer hehren Sache müsse sie hart, kompromisslos und offensiv sein (Buras, Majewski 2003).

Als die Medien in Polen Anfang 2006 einerseits von der geplanten Ausstellung Erzwun­gene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts (die am 10. August 2006 in Berlin eröffnet wurde) und andererseits von der Arbeit an einem Stück über „vertriebene Deutsche“ am Teatr Współczesny in Wrocław zu berichten begannen, er­reichten die Direktorin des Theaters, Krystyna Meissner (1933−2022), zwei Briefe aus Gdynia. Der erste Brief stammte von der Senatorin der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) Dorota Arciszewska-Mielewczyk, der zweite von der Vereinigung der Ausgesiedelten aus Gdynia (Stowarzyszenie Wysiedlonych Gdynian). Die PiS-Politikerin sorgte sich, das Stück könnte eine falsche Botschaft transportieren, und bat die Theaterdirektorin um Einsicht in das Drehbuch. Die VertreterInnen der Ausgesiedelten aus Gdynia hingegen forderten, dass auch ihre „Aussiedlungsgeschich­te“ unmittelbar nach Ausbruch des Krieges 1939 gehört und thematisiert werde. Sie argumentierten, dass „das Thema der Zwangsaussiedelung nicht auf zwei Gruppen, die Zwangsausgesiedelten aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten und die Zwangsaus­gesiedelten aus Wrocław“ (gemeint sind hier die Breslauer Vertriebenen), reduziert wer­den dürfe. Denn „auch die BewohnerInnen von Gdynia hätten ihre Häuser verlassen müssen“, worüber aber nur selten gesprochen werde. Wobei die Zwangsausgesiedelten aus Gdynia betonten, sie „wollten niemanden zensieren, sondern forderten lediglich die ganze historische Wahrheit“ (Krakowska 2017).

Krystyna Meissner wies alle Versuche, auf die vorbereitete Inszenierung Einfluss zu neh­men und sie zu politisieren, entschieden zurück. Die Briefe hatten jedoch eine besondere Note: Von Gdynia sind es nur zwölf Kilometer bis Rumia, dem Geburtsort von Erika Steinbach (die Stadt befand sich nach 1918 in den Grenzen der Zweiten Polnischen Re­publik). Nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen 1939 kam Rumia zum Dritten Reich und wurde in Rahmel umbenannt. Die „verlorene Heimat“ der BdV-Vorsitzenden entpuppt sich bei näherem Hinsehen paradoxerweise als ein Ort, der bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges annektiert und aus dem die polnische Bevölkerung in das „Gene­ralgouvernement“ zwangsumgesiedelt wurde, um Platz zu schaffen für die Deutschen.

Dieses ganze Hin und Her gegenseitiger Drohgebärden, Verdächtigungen und Anschuldigungen, dessen Hauptakteurinnen auf deutscher Seite eine CDU-Politikerin (heute AfD; Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung) und auf polnischer Seite eine PiS-Politikerin (heute außerhalb der Partei; Vorsitzende der Reederei Polnische Ozeanlinien (Polskie Linie Oceaniczne)) waren, zeigt, wie ressentimentgeladen der in den Medien ausgetragene Kampf um die „einzig wahre“ Narration ist, die dem Ziel dient, sich als Opfer zu positionieren und die „fremde/feindliche“ Narration zu delegitimieren. Sie veranschaulicht auch wie des­truktiv die Politisierung dieses Themenkomplexes ist (Troebst 2006). Der skizzierte Kontext verdeutlicht das Ausmaß des Drucks, dem Transfer! ausgesetzt war. Zugleich spielt die Kenntnis dieses Kontexts eine wichtige Rolle, um das Inszenierungskonzept des Stücks zu verstehen.

TRANSFER! – der Versuch vom Trauma zu erzählen und das Individuum aufzuwerten. 

Vom Theaterarchiv auf die Bühne.

Der Inszenierung ging dokumentarische Arbeit voraus: die Schaffung eines Oral-History-Theaterarchivs. Dessen Initiatorin war die Direktorin des Teatr Współczesny in Wrocław, Krystyna Meissner, die Leiterin der Internationalen Theaterfestivals Kontakt und Dialog (Krakowska 2017). Die Entstehung des „Archivs“ reiht sich in die zahleichen Initiativen (die vor allem von künstlerischen und akademischen Kreisen ausgingen), die die Narration über die Geschichte Wrocławs/Breslaus erstens zu entideologisieren und zweitens zu differenzieren suchten (Zawada 1996, 2014).

Es wurden siebzig Zeitzeugenberichte aus Deutschland und Polen zusammengetra­gen, deren wichtigster gemeinsamer Nenner die Erfahrung der Entwurzelung und das Trauma des Krieges ist, während sie die Ereignisse, die sie als „Krieg“ bezeichnen, un­terschiedlich zeitlich verorten. Für die polnischen ZeitzeugInnen beginnt das Trauma des Krieges 1939, es betrifft viele verschiedene Orte, hat viele Phasen und endet mit der Ankunft in Wrocław. Die Entscheidung, in die nichtpolnischen Westgebiete im ideologisierten Nachkriegsdiskurs → die wiedergewonnenen Gebiete oder „das Piasten-Polen“ genannt, (Dzikowska 2009, S. 45ff.) umzusiedeln, fällt nicht nur im Schatten des Krieges, sondern ist eine direkte Folge des Krieges. Für die deutschen ZeitzeugInnen aus Breslau beginnt das persönliche Trauma des Krieges Ende 1944, Anfang 1945 mit der herannahenden Front; das Trauma bezieht sich auf die Flucht der Zivilbevölkerung vor der Roten Armee, die Ereignisse nach dem Einmarsch der sowjetischen Soldaten in die Stadt und die Erleb­nisse bis zur Zwangsumsiedlung.

Eine Erinnerungs-Perspektive, die sich auf das individuelle Trauma konzentriert, rekons­truiert und erklärt nicht alle Kontexte und Umstände, erzählt nicht von den historischen Ereignissen. Da sie als „kommunikatives Gedächtnis“ definiert werden kann, darf von ihr keine Abbildung der Vergangenheit erwartet werden (Assmann 2003, S. 12f.). Aus diesem Grund wurde das „Erinnerungsmaterial“ von einem vierköpfigen Dramaturgen-Team bearbeitet. Die konzeptionelle Arbeit, die der Inszenierung vorausging, lässt sich in drei Phasen unter­teilen. Am Anfang stand die Entscheidung von Krystyna Meissner, ein Archiv anzule­gen (Krakowska 2017). In der zweiten Phase wurden zehn Berichte ausgewählt: fünf aus Polen und fünf aus Deutschland. Und zu guter Letzt wurden die auf der Bühne gesprochenen Berichte zu einer Erzählung zusammengefasst, die das Kriterium der szenischen Umsetzbarkeit erfüllte. Verantwortlich für die beiden letzten Phasen waren zwei Dramaturgen: Dunja Funke und Sebastian Majewski, unterstützt wurden sie von Ulrike Dittrich (Recherche, wissenschaftliche Beratung, Casting) und Zbigniew Aleksy. Das Schauspiel entstand dank einer breiten Zusammenarbeit: Es war eine Koproduktion des Teatr Współczesny in Wrocław mit dem Hebbel Theater in Berlin und dem Deutschen Nationaltheater Weimar. Finanziell unterstützt wurden sie vom Hauptstadtkulturfonds und dem Adam-Mickiewicz-Institut Warschau. Die Förderung der Stoffentwicklung und Recherche für Transfer! übernahm das Büro Kopernikus – Deutsch-Polnische Kulturprojekte (TRANSFER! Regie: Jan Klata, Teatr Współczesny, Wrocław 2006).

Zwei Welten.

Der Bühnenraum ist klar in zwei voneinander getrennte Welten aufgeteilt und unter­scheidet zwei Narrationen, eine vertikale und eine horizontale. Auf einer Plattform über der Bühne sind die politischen Akteure platziert, die STA, ROO und CHU heißen und vom Publikum unschwer als Stalin, Roosevelt und Churchill identifiziert werden kön­nen, die (im Februar 1945) in Jalta über die Nachkriegsordnung Mittelosteuropas, die Neuziehung der Grenzen und den „Bevölkerungstransfer“ entschieden. Man kann wohl sogar von einer überzeichneten Absurdität der Geschichte sprechen, die von den grotes­ken Figuren der „Großen Geschichte“ repräsentiert wird. Die Welt der politischen Ak­teure (von den professionellen Schauspielern dargestellt) steht im Kontrast zur vertikalen Welt, in der konkrete Individuen die realen Konsequenzen der politischen Beschlüsse zu tragen haben. Wobei die Horizontale keineswegs die Welt einer Gemeinschaft – im Sinne einer „Schicksalsgemeinschaft“ oder „Erinnerungsgemeinschaft“ – ist. Obwohl die ZeitzeugInnen während des gesamten Stücks auf der Bühne bleiben, haben wir es hier eher mit verstreuten Schlaglichtern auf die Schicksale einzelner Personen zu tun, die für einen Augenblick aus der Tiefe der Bühne hervortreten (und dabei jedes Mal unter der Plattform hindurchgehen, die den Raum über ihnen abschließt). Die Monologe der Zeitzeugen verstärken sich gegenseitig zu einem mehrstimmig erzählten Trauma-Erlebnis, und die menschliche Dimension der individuellen Dramen bewegt das Publi­kum, so dass sich während der Aufführung eine Empathie-Community konstituiert. Die Einzelschicksale gewinnen zudem durch den Kontrast zu den grotesken Figuren auf der Plattform an Authentizität und Glaubwürdigkeit.

Und genau aus dieser übereinander geschichteten Opposition – der Künstlichkeit und Groteske der Plattform sowie der Authentizität und (individuellen) Tragik der Bühne – lässt sich die Unvereinbarkeit der beiden Welten ableiten – der Welt der politischen Akteure und der Welt der Individuen, die die Leidtragenden der „Großen Geschich­te“ sind. Die Großen Drei, die wir auf der Plattform beobachten, ähneln eher einer Kabarett-Truppe (im Theaterprogramm werden die politischen Akteure als Lumpen­puppen dargestellt, die man auf drei Stühle gesetzt hat) als Akteuren der Weltpolitik, die über das Schicksal von Millionen von Menschen entscheiden (ROO: „Wir Großen Drei sind wie die Heilige Dreifaltigkeit“). Zusätzlich abgegrenzt werden Plattform und Bühne durch die düstere Musik von Joy Division – einem Vorläufer der mittelosteuropäischen Cold Wave-Bewegung in den 1980er Jahren. Seit Klatas ersten Aufführungen dient die Musik, und ganz allgemein die Popkultur, einer Strategie der Transgression, als Code, der theatrale Konventionen sprengt, die Sehgewohnheiten eines Teils des Publikums konterkariert und/oder (einem Teil des Publikums) zusätzliche Interpretationshinweise gibt (Fazan 2009, S. 2ff.).

STA, ROO und CHU – wie sie bei Jan Klata heißen – üben ihre Macht auch sinnlich aus. Ich sage ganz bewusst „sinnlich“, nicht „musikalisch“, denn die von ihnen vorgetragenen Joy-Division-Songs sollen genau so wirken – sie stellen mit einem Teil des Publikums sofort ein emotionales Einvernehmen her, während sie den übrigen Teil mit kakofonen Klängen bombardieren. Die einen kennen den Text des Songs Day of the Lords, mit dem die Aufführung beginnt, auswen­dig und wissen sofort, worum es geht, da sie sich an die entsprechende Passage erinnern: There’s no room for the weak, no room for the weak / Where will it end? Where will it end? (Krakowska 2017) Day of the Lords korrespondiert von der Stimmung und den Lyrics her mit der Atmosphäre auf der Bühne. Gleichzeitig wird der Song – von STA, ROO und CHU – ostentativ zum Playback „gespielt“. Diese Verwandlung der auf der Plattform agierenden Figuren in eine Playback-Band nimmt ihnen jeglichen Realitätsbezug.

Persönlich Erlebtes, Authentizität und widerstreitende Erinnerungsdiskurse.

Ist von „Authentizität“ im Zusammenhang mit Transfer! die Rede, bedarf dies der Prä­zisierung. Es handelt sich dabei vor allem um die Authentizität, auf der Bühne stehen und von sich selbst erzählen zu dürfen, im eigenen Namen und in der eigenen Sprache (also auf Polnisch oder Deutsch; die ZuschauerInnen erhielten Kopfhörer, das Schau­spiel wurde simultan übersetzt). Es ist die Authentizität der Ich-Erzählung, der das Publikum zuhört.

Die individuelle Erinnerung – hier: die Erinnerung der ZeitzeugInnen – muss als gesellschaftliches Phänomen definiert werden. Daher wird sie durch den Austausch der Erinnerung (innerhalb einer Generation und zwischen den Generationen) unter bestimmten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt. Die andere Seite der Erinnerung – verstanden als ein Prozess, bei dem vergangene Ereignisse vergegenwärtigt werden – ist das Vergessen, Verdrängen, während ein wichtiger Bezugspunkt das auf die Gegenwart/Zukunft ausgerichtete Identitätsprojekt (Selbstkonzept) ist (Assmann 2009, S. 333ff.). Dabei stützt sich das Indi­viduum, berichtet es von seinen Erinnerungen, auf Gehörtes (das nicht selten als eigene Erinnerung ausgegeben wird) und orientiert sich an gesellschaftlich sanktionierten „be­deutsamen Ereignissen“ (im Sinne von Ricoeur).

Aus diesem Grund stehen die Schilderungen der Zeitzeugen aus den ehemaligen pol­nischen Ostgebieten sowie aus Ost- und Westdeutschland in Wechselbeziehung zu un­terschiedlichen kollektiven/kulturellen Gedächtnissen sowie allgemein sanktionierten Tabus und etablierten Interpretationen. Die geopolitische Situation nach 1945 bewirkte, dass west- und ostdeutsche Diskurse unterschiedliche Bilder von der Vergangenheit ent­worfen haben. Die Teilung Europas in Ost und West begünstigte wiederum die Her­ausbildung widerstreitender Erinnerungsdiskurse, die auf widersprüchliche diskursive Rahmen zurückgehen. Heute, im Zeitalter der Post-Erinnerung (postmemory) und des Übergangs von der „lebendigen Erinnerung“ an den Zweiten Weltkrieg zum kulturellen Gedächtnis, ist das Erinnern zu einem wichtigen Forschungsgegenstand geworden (Saryusz-Wolska, Traba, Kalicka 2014; Kończal 2014).

Die Subjektivität des Erinnerns und das Trauma.

Operation am offenen Herzen eines Tabus, der Titel der Rezension von Dirk Pilz, be­schreibt sehr gut, vor welcher Herausforderung die MacherInnen von Transfer! standen, denen es gelang, „erlebte, betont subjektive Geschichten“ zu einer erschütternden Erzäh­lung zusammenzufügen (Pilz 2007). Sie mussten die subjektiven Erinnerungen der auf die Bühne eingeladenen ZeitzeugInnen akzeptieren und die Inszenierung auf ebendiese Subjektivi­tät gründen. Die deutsche Dramatikerin Dunja Funke, die für ihren Beitrag zum Stück mit dem Breslauer Theaterpreis (und drei weiteren Preisen) ausgezeichnet wurde, gab zu Protokoll, dass sie bei der Arbeit mit „realen Menschen“ und im Umgang mit Oral History die Unüberprüfbarkeit des Erzählten akzeptieren musste:

Während der Arbeit an der Aufführung habe ich mir immer wieder bewusst gemacht, dass es sich hier um reale Menschen handelt, die von realen Begeben­heiten erzählen, ich aber dennoch nicht wissen kann, wie real diese Geschichten sind. Es werden Erinnerungen erzählt. Wir arbeiten hier mit Oral History […] (Kandinskaja 2009, S. 137).

Für den Erfolg entscheidend war, wie Jan Klata, der Regisseur, in einem Interview be­tonte, das Misstrauen derjenigen zu überwinden, die sich bereit erklärt hatten, an der Aufführung teilzunehmen:

Schwieriger war es, ihr Vertrauen zu gewinnen, denn einige der TeilnehmerIn­nen waren anfangs misstrauisch gegenüber der Idee der Aufführung. Die Deut­schen dachten, wir würden die Generation ihrer Eltern anklagen, und die Polen, wir würden die Schuld der Deutschen zu verbergen suchen. Dennoch einigten wir uns darauf, dass jeder auf der Bühne sagen darf, was er sagen möchte, und wir nichts zensieren werden (Pawłowski, Wysocki, 2006).

Die Arbeit der DramatikerInnen Dunja Funke und Sebastian Majewski beruhte im Wesentlichen darauf, aus den Erinnerungen der Zeitzeugen, die oft inkohärent, bruch­stückhaft und ungenau waren (in den eigenen Erinnerungen müssen die größeren Zu­sammenhänge nicht beleuchtet werden, da einem die Bezüge klar sind), jene Sequenzen auszuwählen, die mit den gängigen Narrationen nicht identisch sind, sondern diese ab­schwächen, ergänzen oder wenigstens durch den Perspektivenwechsel zu konterkarieren versuchen. Es fällt schwer – außer von Anreihung von Erinnerungsmomenten – das auf der Bühne Erzählte kohärent zusammenzufassen (Pilz 2007; Makarczyk-Schuster 2011; Krakowska 2017).

So erzählt Jan Kruczkowski (Jahrgang 1929), der in Podolien, nahe der rumänischen Grenze, geboren wurde, dass er sechs Schulzeugnisse in vier Sprachen besitzt. Diese scheinbar banale Information gibt eine Vorstellung von den abrupten Veränderungen in den Gebieten östlich von Oder und Lausitzer Neiße. Angela Hubrich, die auf der Bühne von den Erlebnissen ihrer Familie in der „Festung Breslau“ erzählt, hält die Arme über den Kopf und singt dabei: „Es geht alles vorbei, nach jedem Dezember kommt ein Mai“.127 Diese Geste deutet an, wie das Schicksal der Menschen in einer zur Festung er­klärten Stadt ausgesehen haben mag. Sie ist ein beredtes und dramatisches Zeugnis des Krieges, den sie als Kind erlebt hat. Das Instrumentarium der Erinnerungsforschung muss in dem Moment beiseitegelassen werden, in dem einem bewusst wird, dass die betagten Leute auf der Bühne von ihren kindlichen (eventuell jugendlichen) Kriegs-Traumata erzählen. Schilderungen, die uns die Internalisierung des Krieges durch Kin­der vor Augen führen, sind wahrscheinlich die suggestivsten Antikriegs-Manifeste:

Wir hatten Waffen aus Holz und wir hatten einen Panzer, den mein Bruder ge­baut hatte, aus einem Schlitten mit einem Rohr. Einer saß innendrin, der andere schob. Wir spielten Krieg. (Jan Kruczkowski)

Während des Krieges hatten meine Verwandten gefragt, was ich denn später einmal werden will. Ich habe dann wohl gesagt: Ach, am liebsten möchte ich Kriegswitwe werden, weil ich das Leben ohne bestimmende Männer eigentlich schön fand. (Hanne-Lore Pretzsch), (TRANSFER! Regie: Jan Klata, Teatr Współczesny, Wrocław 2006).

Inventur Anno Domini 2006.

Das Schauspiel endet mit einer Art Inventur Anno Domini 2006 von Matthias Göritz (geb. 1969). In ihr nimmt er Bezug auf das Gedicht Inventur von Günter Eich (geb. 1907 in Lebus an der Oder, gest. 1972 in Salzburg), das in der (west-)deutschen Literatur den Übergang von der Kriegszeit zur Nachkriegszeit markiert, und schlüpft dabei in die Rolle eines deutschen Schriftstellers, der in der Welt zu Hause ist – eines Bewohners des globalen Dorfes:

Sportschuhe / Yoga DVD / Musikset / Netzkabel / Taschenkalender / Unter­wäsche / Socken / Laptop / CDs / Kosmetiktasche / Mein letztes Buch / Moby Dick / Tasche mit Hemden und Pullover / Taschentücher / Uhr / Mütze / Base­ballhandschuh mit Ball / Das ist in meinem Koffer und das ist meine Heimat (TRANSFER! Regie: Jan Klata, Teatr Współczesny, Wrocław 2006).

Das Bekenntnis „Das ist mein Koffer und das ist meine Heimat“ geht der Erzählung vom Schicksal des Vaters voraus, der als kriegstraumatisiertes Kind (er wurde 1945 aus den Trümmern eines zerbombten Hauses geborgen, in dem die aus Memel geflohene zwölfköpfige Familie Schutz gesucht hatte) in einem Flüchtlingslager in Dänemark auf­wuchs und später zur 68er-Generation gehörte. Die letzten Sätze des mit dem Koffer auf der Bühne stehenden Globetrotters klingen resigniert: „Ich denke, er [der Vater] hat ei­nen Ort, eine Art Heimat gesucht und nie gefunden“ (Pawłowski, Wysocki, 2006). Die Schlussszene des Stücks re­lativiert sämtliche Schlüsselbegriffe, die diversen Zwangsaussiedlungs-Erinnerungsdis­kursen entstammen (Gedächtnis/Pamięć, Heimat/Ojczyzna, Vertriebener/Wypędzony, Umsiedler/Przesiedleniec, Flüchtling/Uciekinier, Neubürger/Repatriant) und die sich, als eine Art Kapitelüberschriften, durch das Stück ziehen. Sie laufen lediglich auf An­haltspunkte in den unterschiedlichen individuellen Erzählungen hinaus.

Die Erzählungen der Protagonisten hatten ihre Fortsetzung. In zahlreichen Interviews konnten LeserInnen mehr über die Nachkriegsschicksale der Protagonisten erfahren (Pawłowski, Wysocki 2006). Die Bedeutung von Transfer! besteht darin, dass die Auseinandersetzung mit der in­dividuellen traumatisierten Erinnerung das Publikum ermutigen soll, alle Leerstellen, die die Inszenierung offenlässt, selbst zu füllen. Von einem wirren Erinnerungsgeflecht wird keine „Geschichte“ des Bevölkerungsaustausches der Stadt Breslau/Wrocław re­konstruiert, weil auf der Bühne nur individuelle Geschichten erzählt werden können. Das vermittelte individuelle Trauma zeigt lediglich, wie komplex dieser Ausschnitt „der Geschichte“ ist. Das Stück ist ein Anstoß, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, das mit zahlreichen Mythen und Tabubereichen befrachtet ist und auch darum eine Reihe von Leerstellen offen lässt (Assmann, Frevert 1999; Orłowski 2001).

Aus dem Polnischen von Andreas Volk

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Zielińska, Mirosława, Dr., verfasste die Beiträge „Bedingungen und Verlauf des Transfers polnischer Literatur im deutschsprachigen Raum 1958-2019“ und „Das neue Theater in Polen nach 1989, der Theater-Mikrokosmos Berlins und das Theater des deutschsprachigen Kulturraums“. Sie arbeitet in den Bereichen Kulturtransfer, Interkulturelle Kommunikation, Erinnerung und Literatur und ist unabhängige Literaturwissenschaftlerin.

 

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